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Eine Studie aus dem Jahr 2010 zeigte an, dass bei Grundschul- und Kindergarten-Kindern immer mehr Verhaltensauffälligkeiten beobachtet wurden. Diese Angaben machte der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte in Bayern e. V., der BVKJ. Bei Kommentaren zu Pressemeldungen fällt auf, dass viele Leser fragen, ob sich diese Angaben auf Einzelkinder beziehen, bzw. wie viele der auffälligen Kinder eben solche sind.
Das macht leicht betroffen, denn scheinbar wird den Einzelkindern immer noch größere Aggressivität oder auch ausgeprägter Egoismus zugeschrieben. Dieses alte Vorurteil ist nie bewiesen worden, es stammt wahrscheinlich aus der Zeit, in der es eher selten war, dass ein Kind ohne Geschwister aufwuchs. Es war nun einmal nicht die Regel, und diese solitären Kinder wurden sehr misstrauisch betrachtet. "Diese Kinder lernen nie zu teilen", hieß es meist.
Teilen jedoch lernt jedes Kind – nämlich dann, wenn es ihm als völlig natürliche Verhaltensweise erscheint und entsprechende Vorbilder hat. Das ist aber gerade bei Geschwistern eben nicht von Natur aus so, denn sie müssen schließlich teilen. Das tun sie aber nicht durchweg freiwillig, wie nicht wenige von den ewigen Streitereien ihrer Kinder genervte Eltern berichten können. Man könnte sogar anführen, dass erzwungenes Teilen dazu führt, dass genau dieses Verhalten später vermieden wird, weil es zu negativ belegt ist.
Ein Einzelkind hat erst einmal keinen Grund, nicht teilen zu wollen. Wer allerdings seine Sachen grundsätzlich vor jüngeren Geschwistern in Sicherheit bringen muss, wird eher auf seine Siebensachen aufpassen und vielleicht nicht ganz so großzügig sein – was in der Natur der Sache liegt. Natürlich gibt es liebevolle Geschwister, aber eben auch solche Einzelkinder. Im Kindergarten oder in der Schule kann jedenfalls nicht beobachtet werden, dass Solitärkinder da anders sind.
Viele, die ohne Brüder oder Schwestern aufwuchsen, erinnern sich an aufkommenden Neid, denn wer nicht teilen muss, kann alles, was er bekommt, für sich behalten. Allerdings kann jedes Einzelkind dagegenhalten, dass es nicht nur in den alleinigen Genuss der positiven Dinge kommt, sondern eben auch der negativen. Bricht ein elterliches Donnerwetter los, kommt das Kind auch in den ungeteilten Genuss – es ist sonst niemand da, der die Vase zerbrochen haben könnte oder vielleicht auch eine schlechte Deutschnote hat.
Kinder, die mit Geschwistern leben, sind nicht immer glücklich damit. Über Jahre hinweg baut sich Eifersucht auf, es entsteht Hass auf das von den Eltern als "Vorbild" propagierte Geschwister oder auch das Gefühl des Verlassenseins, weil die Nesthäkchen mehr Aufmerksamkeit bekommen. Nicht alle sind eine verschworene Gemeinschaft, vor allem da nicht, wo die Eltern manipulieren. Ein Einzelkind hat diese Probleme nicht, allerdings muss es wohl grundsätzlich allen Erwartungen der Eltern alleine entsprechen oder auch deren Befürchtungen alleine tragen. Was im Endeffekt schwieriger ist, liegt an der Familie und wie man dort mit diesen Dingen umgeht.
Natürlich sind Einzelkinder auch neidisch auf die anderen, denn viele hätten gerne einen Bruder oder eine Schwester. Es ist einfach so, dass das einzige Kind in der Familie in gewisser Weise einsam ist, denn alle Ansprechpartner sind erwachsen. Oder es gibt gleichaltrige Freunde, die aber nicht immer da sind, so wie ein Geschwister das wäre. Möglicherweise haben diese Kinder aber einen gewissen Vorsprung im "Umgang mit Erwachsenen", weil sie das eben müssen. Sie sind grundsätzlich in der schwächeren Position, also müssen sie lernen, sich den Erwachsenen anzupassen. Weit mehr als andere Kinder.
Wie auch immer, höfliche und großzügige Kinder gibt es in allen Familien, gleichgültig ob sie Geschwister haben oder nicht. Der umgekehrte Fall ist auch nicht von diesem Faktor abhängig. Wird ein Kind auf soziales und auch kameradschaftliches Verhalten hin erzogen und hat – das betreffend – gute Vorbilder, ist es gleichgültig, ob Einzelkind oder nicht. Damit haben die alarmierenden Zahlen nichts zu tun.
Die Kommentare zu diesen Artikeln zeigen, dass dieses Vorurteil noch immer in den Köpfen der Menschen spukt – ebenso wie jenes, nachdem eine Familie mit vielen Kindern als "asozial" gilt. Wer es jedem recht machen wollte, muss sich für die statistisch korrekte Familie mit anderthalb Kindern entscheiden. Das wiederum ist nicht ganz so einfach. Lesen Sie dazu mehr auf www.aerztezeitung.de.
© Textbeitrag "Einzelkinder sind gar nicht so schlimm": Winfried Brumma (Pressenet), 2011. Bildnachweis: Oma mit Kind, CC0 (Public Domain Lizenz).
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