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Seit langem gibt es immer wieder aufkommende Forderungen nach einer allgemeinen Kita-Pflicht für Kinder ab drei Jahren. Was man damit erreichen will, liegt auf der Hand: Kinder sollen so früh wie möglich sozialisiert, sprachlich gefördert sowie integriert werden.
Das Wort "integriert" bezieht sich hier keineswegs auf Migrantenkinder, denn die Verhältnisse im Land sind zuweilen so, dass auch bei deutschen Kindern großer Handlungsbedarf in Sachen Integration besteht. Dinge, die für die Kleinen früher einmal selbstverständlich waren, müssen heute erst einmal an sie herangeführt werden, in vielen Fällen jedenfalls. Eine Tube Kleber, eine Bastelschere und bunte Papierbögen würden vermutlich erst einmal verständnislos betrachtet werden. Das rührt daher, dass nunmehr elektronische bzw. technische Babysitter die Kinder prägen und Aktivitäten, die nichts mit Mattscheiben und Spielekonsolen zu tun haben, nicht mehr die Regel sind.
Dass Kinder mit ihrer motorischen Entwicklung nicht besonders gut abschneiden gegen die früheren Jahrgänge, ist bekannt. Auch ist das zum Teil mangelhaft entwickelte Gefühl für Sprache und Kommunikation schon lange ein Thema, denn die Landessprache gut beherrschen ist weder bei Migranten noch bei einheimischen Kindern eine Selbstverständlichkeit. Kinder sollte man eher von den Fernsehern oder Konsolen wegholen und ihnen so früh wie möglich ein weitaus breiteres Spektrum in Sachen sozialer Interaktion zugänglich machen, als sie es gewohnt sind.
Bei der Einschulung ist es oftmals zu spät, denn die Prägung ist dann schon zu stark. Kinder, die überhaupt keinen Begriff von den elementarsten Regeln im Umgang mit anderen Menschen haben, sind dann sehr benachteiligt. Das betrifft übrigens durchaus nicht nur die sogenannten sozial schwachen Familien. Es ist vielmehr erschütternd, wie wenig viele Eltern ihren Erziehungsauftrag ernst nehmen oder sich dessen tatsächlich bewusst sind. Gutes Einkommen schützt da in keiner Weise.
So gesehen, wäre ein Gesetz, das die Eltern dazu zwingt, ihre Erziehungsaufgabe teilweise an den Staat abzutreten, eine gute Sache, wenngleich auf den zweiten Blick nahe an einer Schildbürgerei, denn die meisten Eltern würden ihre Kinder wohl nicht bis zum Schuleintritt ganztägig zu Hause behalten. Die einen wären durch ihre Arbeit dazu gezwungen, die anderen müssten die Kinder nicht in einer Kita anmelden, würden aber sehr wohl die Vorteile sehen.
Dann gibt es noch diejenigen, die hoffnungslos überfordert wären und sich wenigstens stundenweise so etwas wie Ruhe gönnen wollten, weil ihre Kinder verhaltensauffällig geworden sind und die Situation zu Hause eskaliert. Migranten würden vielleicht einen gewissen Werteverfall fürchten, müssten sich aber damit spätestens beim Schuleintritt auseinandersetzen.
Wie auch immer, selbst wenn die Kita-Pflicht durchzusetzen wäre, woher will man die freien Plätze nehmen, in einem Land, in dem viele solcher Einrichtungen geschlossen sind, weil die Zuschüsse fehlen und es elend lange Wartelisten für einen Kita-Platz gibt? Wer will die Gelder freistellen für alle Kitas, die gebraucht werden, wenn es ein solches Gesetz gibt?
Ein Platz im Kindergarten ist immer noch Glückssache – das können die Familien, die darauf angewiesen sind, bestätigen. Was geschieht, um die Qualität der Plätze zu gewährleisten? Nicht in jeder Einrichtung sind die Kinder gut aufgehoben – oftmals sind die Erzieher mangelhaft ausgebildet und die Kita nichts weiter als ein Aufbewahrungsort, also um nichts besser als das soziale Umfeld, dem entgegengearbeitet werden soll. Und was ist, wenn die am nächsten liegende Kita überfüllt ist? Müssen die Eltern dann längere Wege in entferntere Stadtteile auf sich nehmen und sehen so ihren Stress vergrößert, wenn die Kleinen noch vor der Arbeit pünktlich dort sein müssen?
Eltern, die ihre Kinder selber erziehen wollen – also sich tatsächlich damit auseinandersetzen und diese Arbeit auch auf sich nehmen – dürfen nicht gezwungen werden, ab dem dritten Lebensjahr zu delegieren. Es gibt nämlich auch Eltern, die durchaus in der Lage sind, ihr Kind zu lieben und zu erziehen im Sinne eines sozial verantwortlichen Menschen. Dass großer Handlungsbedarf besteht, ist nicht abzuleugnen, aber mit Zwang in einer solchen Dimension wird man nicht wirklich die Probleme beheben können.
Es müssen andere Wege gefunden werden. Wir müssen aufhören, die Kinder als eigenständigen Posten zu sehen. Die Erwachsenen, die heute nicht wissen, wie sie mit ihren Sprösslingen umgehen sollen, weil sie verunsichert oder gleichgültig sind, waren auch einmal Kinder. Oft ist das gar nicht lange her. Man überließ sie sich selbst und versagte ihnen jede Hilfe, als sie aufhörten Kinder zu sein. Es geht hier um ganzheitliche Sorge für die Menschen in diesem Land.
© "Kita-Pflicht tatsächlich notwendig?": Textbeitrag von Winfried Brumma (Pressenet), 2011. Bildnachweis: Kinderzeichnung, CC0 (Public Domain Lizenz).
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