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Die Medizin verändert sich, wenn auch langsam, zum Guten. Wenn wir zurückschauen auf die letzten hundert Jahre, dann ist nicht zu übersehen, dass die Methoden der Diagnostik und in besonderem Maße auch die Chirurgie eine unglaubliche Entwicklung hinter sich haben. Vom Feldscher des Mittelalters bis zur modernen Lasertechnik waren viele Schritte auf einem sehr langen Weg nötig.
Es scheint immer wieder Rückschritte gegeben zu haben, was die Heilkunst der Menschen betrifft – so ist bekannt, dass in der Antike Operationen durchgeführt wurden – und mit Erfolg. Ägyptische Funde zum Beispiel beweisen, dass es Eingriffe am Schädel gab und der Patient auch überlebt hatte. Zwar wusste man damals nichts über Mikroorganismen, aber die rituelle Reinigung von Instrumenten und Material durch Feuer und andere Methoden hatte den Effekt der Sterilisation.
In den Folterkammern der mittelalterlichen Ärzte jedoch hatte man keine Bedenken, was die Sauberkeit anging. Ein Verletzter wurde vom Tisch gehoben und der Nächste schon darauf gelegt ... man hielt sich nicht mit Hygiene auf. Die Chirurgen reinigten weder die Hände noch ihre Arbeitskleidung – ganz im Gegenteil war das Ansehen umso höher, je mehr Blutflecken zu sehen waren.
Wo man in der vorchristlichen Zeit Kräuter und Drogen für Betäubungen verwendete, ging man mit den Patienten im Mittelalter nicht so zimperlich um. Knebel und Alkohol, wenn verfügbar, galten als moderate Mittel, wenn es um das Amputieren ging. Man wusste in dieser Zeit überhaupt nicht viel vom menschlichen Körper, zum großen Teil lagen die Ursachen dafür im strengen Verbot, was das Sezieren von Leichen betraf. Dieses war bei vielen Völkern mit einem Tabu belegt, obwohl es viele Ärzte heimlich durchführten. Dieser geächteten Weise, sich Wissen anzueignen, verdanken wir letztendlich das meiste medizinische Wissen, denn die Vorgänge im menschlichen Körper wurden unter meist sehr abergläubischen Aspekten betrachtet.
Aber die schnellen Fortschritte in der Medizin waren manchmal eher Rückschritte. Wo Ärzte in der Antike den Patienten noch rieten, sich vor allem schöne Dinge anzusehen und Musik zu hören, um die Krankheiten nicht zu vertiefen, verkam die Heilkunst immer mehr zu einer Art Fließbandarbeit, bei der das "defekte" Teil repariert wurde und sonst nichts. Die Geburtenstationen waren Orte, die man keinem neuen Erdenbürger als den ersten Eindruck wünschen würde und für Mutter und Kind wahrscheinlich gleichermaßen traumatisch. Die Technik feierte Triumphe, ebenso die Pharmaindustrie. Im letzten Jahrhundert erlebte die Medikamentengläubigkeit einen traurigen Höhepunkt, und die Forschung boomte gewaltig. Genau diese Tatsache führte unter anderem zu den Gesundheitsreformen, denn allzu viel wurde allzu schnell verschrieben. Und die interessierten Laien tauschten untereinander die Pillen aus: "Nimm doch die mal, mir haben die sehr geholfen."
Mittlerweile ist man/frau da sehr bewusster und über den Glauben, dass die Beipackzettel dazu dienen, das Schächtelchen auszupolstern, hinweggekommen. Der Trend geht immer mehr zu den Naturheilmitteln und zu den alternativen Methoden. Denn mittlerweile ist auch der in behandlungsfreundliche Zonen unterteilte Patient Vergangenheit und die ganzheitlichen Behandlungen sind im Kommen. Allerdings wimmelt es auch hier von Propheten jeder nur erdenklichen Couleur – denn wo heute Schwarzkümmelöl der Geheimtipp ist, geht es morgen absolut nicht ohne Knoblauch oder Teebaumöl. Übermorgen ist es dann wieder Bierhefe oder Algenpulver.
Zwar halten sich die Nebenwirkungen mancher Mittel in Grenzen, aber gewisse pflanzliche Medizinen sind nicht ungefährlich und sollten korrekt dosiert werden. Ein Beispiel hierfür ist das Johanniskraut, ein wirksames Mittel gegen nervöse Zustände und Schlaflosigkeit, wenn es eingenommen wird – ein hervorragendes Wund- und Pflegemittel für die Haut, wenn es als Öl Anwendung findet. Aber diese segensreiche Pflanze hat Nebenwirkungen, mit denen nicht zu spaßen ist, wenn man falsch damit umgeht. Aus diesem Kraut gewonnene Mittel sind der chemischen Medikation zwar meist vorzuziehen, wenn die Indikation stimmt – aber Vorsicht ist bei hochwirksamen Mitteln immer geboten.
Auf jeden Fall aber ist es eine erhebliche Verbesserung, wenn sich das Bewusstsein der Menschen von den Allheilmitteln der Chemie – so gut es möglich ist – löst und erst einmal nach Alternativen sucht. Ein gut ausgesuchter Kräutertee kann einen nervösen Magen unter Umständen ebenso beruhigen wie die teuren Pillen aus dem chemischen Labor oder die handlichen Tütchen aus der Apotheke. Eine ausgewogene Ernährung lässt so manche Wehwehchen meist gar nicht aufkommen, könnte noch hinzugefügt werden.
Die moderne Medizin kann segensreich sein und ist notwendig – allerdings sollte sie auch dann zum Einsatz kommen, wenn es angebracht ist. Für einen leicht "angerauhten" Hals muss noch kein Antibiotikum bemüht werden – allerdings wird auch kein Reishi-Pilz eine dringende Operation überflüssig machen können, auch wenn er noch so sehr in Mode ist. Es kommt unter anderen auch auf das eigene Körpergefühl an – und da hat sich der Patient schon viel zu sehr beeinflussen lassen.
© "Naturheilmittel und ganzheitliches Denken": Textbeitrag von Winfried Brumma (Pressenet), 2011. Die Illustration zeigt das Echte Johanniskraut (Hypericum perforatum), Zeichnung von 1885 (Quelle: Wikipedia, Lizenz: gemeinfrei).
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