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(Januar 2011) Plünderungen sind etwas, das grundsätzlich mit Veränderungen einhergeht. Ob es sich nun um lange Stromausfälle in den Metropolen der Welt handelt oder um Kriege – es gibt immer welche, die glauben, die Gunst der Stunde nutzen zu können. Wo ein Stadtmoloch lahmgelegt ist, weil die Energie nicht fließt, dauert es nicht lange und manche Menschen gehen auf Raubzug. Das gab es schon oft und meist wird man dieser Plünderer recht schnell Herr.
Eine andere Variante ist der Hintertüren-Marathon bei Unruhen, denn wenn in den Straßen Sandsäcke und andere Barrieren aufgetürmt sind und Menschen, die eigentlich zusammengehören, sich erbittert bekämpfen, achtet man nicht so genau auf die Seitengassen. Warum um alles in der Welt jemand unbedingt einen Fernseher oder etwas Ähnliches nach Hause schleppen muss, während um ihn herum seine Welt in Scherben fällt, ist nicht nachzuvollziehen. Es scheint, als ob man zugreift, wenn man die Möglichkeit hat und mit etwas Einsatz etwas haben kann, das man schon immer haben wollte.
Wenn Krieg herrscht, ist es oft bittere Notwendigkeit in jedem Winkel nach irgendetwas Verwertbarem zu suchen, um zu überleben – das hat nicht wirklich etwas mit Plündern zu tun, sondern mit Not. Hart bestraft wird das aber allemal – aus dem Dritten Reich kennen wir Todesurteile, die ausgesprochen und auch vollstreckt wurden eines aus den Trümmern gezogenen Brotes wegen. Die modernen Plünderer tragen allerdings eher Luxusartikel aus den Häusern, in der Regel jedenfalls. Steine fliegen in die Glasscheiben von Juwelieren, Elektronikläden oder anderen Geschäften, die ähnliche Waren anbieten.
Nun gehen erschütternde Meldungen um die Welt, denn bei den Unruhen in Ägypten geht es nicht ohne Zerstörungen ab. Das Museum in Kairo hat Verluste zu beklagen, denn die oft sehr seltenen und wertvollen Exponate ziehen Plünderer an. Tatsächlich haben sich, glaubt man den Berichten, die zum Schutz des Museums abgestellten Ordnungskräfte an den Zerstörungen und Diebstählen beteiligt, obwohl sich die Berichte in Bezug auf Diebstähle widersprechen. Zwar sei die Museumskasse ausgeräumt worden, doch Artefakte sollen nicht fehlen, heißt es. Einig sind sich allerdings alle darüber, dass es mutwillige Beschädigungen gegeben haben soll ... unter anderem sind auch Gegenstände aus dem Grab des Pharao Tutanchamun betroffen.
Erst einmal schließt man bei diesen Horrornachrichten die Augen, denn die absolute Unersetzlichkeit dieser Dinge steht außer Frage. Würde das Kairoer Museum bei den Unruhen zerstört, gingen Zeugen der Vergangenheit verloren, für deren Bergung viele Menschen ihr Leben riskiert haben. Die Geschichte von Ägyptens Größe in der Antike liegt in den Ausstellungsräumen und den Kellern, vieles ist noch nicht einmal untersucht und klassifiziert. Ein ähnliches Desaster gab es schon einmal, als die große Bibliothek von Alexandria zerstört wurde. Was der Wissenschaft da angetan wurde, ist kaum nachzuvollziehen, obwohl man davon ausgehen kann, dass die Menschheit mittlerweile aufgeholt hat.
Die Welt reagiert nicht gerade mit Begeisterung auf das, was aktuell in Ägypten geschieht – und die Berichte über die Museumsplünderungen sind nicht geeignet, den Widerständlern gegen Mubaraks Regierung mehr Sympathien einzubringen. Trotzdem sollte man die Notwendigkeit der Proteste und des Aufstandes nicht aus den Augen verlieren, auch dann nicht, wenn man Hobby-Ägyptologe ist. Menschen, die jahrelang unter dem Existenzminimum und dazu in Angst vor Willkür leben mussten, sehen ein wertvolles Schmuckstück vielleicht als genau dieses – und nicht als unschätzbaren Zeitzeugen ihrer ruhmreichen Vergangenheit.
Die Lust am Zerstören von etwas, das unwiederbringlich ist und der verhassten Regierung "so richtig wehtut", ist zwar nicht zu billigen, aber sogar nachvollziehbar – die Menschen dort sind außer Rand und Band. Je länger etwas niedergehalten wird, umso gewaltiger wird es sich Bahn brechen, wenn die Dämme fallen. Sollten die Schätze Ägyptens in Gefahr sein und nicht geschützt werden können, stellt sich natürlich die Schuldfrage – und eines steht wohl fest: in letzter Konsequenz sind es nicht die einfachen Nachfahren der Nilbauern, sondern eher diejenigen, die sich in den letzten Jahren mit Macht ausgestattet und das Volk ausgebeutet haben wie vor tausenden von Jahren manche Pharaonen.
© "Schützt die Pharaonen": Textbeitrag von Winfried Brumma (Pressenet), 2011.
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