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Am 11. November jedes Jahres ist Martinstag, und die Kinder freuen sich vor allem auf die Sankt-Martins-Umzüge. Es gibt viele schöne Laternen für diesen Anlass, in allen Formen und Farben. Früher waren es echte Kerzen, die in den Lampions für den Effekt und auch hin und wieder für Aufregung sorgten – nämlich dann, wenn eine etwas unvorsichtig getragene Papierlaterne in Flammen aufging. Das war dann meist das Ende für den heulenden kleinen Martinszug-Teilnehmer, denn selten hatte man Ersatz zur Hand.
Heute sind meist winzige batteriebetriebene Lämpchen in Gebrauch, weitaus sicherer, aber vielleicht nicht ganz so abenteuerlich. Zwar sieht am Abend, wenn es dunkel ist, jeder Lampion schön aus, aber das Hantieren mit einer echten Flamme hat auf jeden Fall den größeren Reiz für Kinder, vor allem, weil man es sonst nicht unbedingt darf.
Der Lichterzug soll an die Legende erinnern, die sich um den heiligen Martin rankt. Etwa um 316 n. Chr. als Sohn eines Römers in der Provinz Pannonien (heute Teil von Ungarn) geboren, sollte er nach dem Willen seines Vaters eine Soldatenlaufbahn einschlagen, obwohl er Christ war und andere Lebensziele hatte. Nachdem er seine Militärzeit abgeleistet hatte, widmete er sich ganz dem Glauben und wurde schließlich Bischof von Tours. Von Martin wird berichtet, er habe einem armen Bettler, der ihn am Wege anhielt, die Hälfte seines Mantels abgegeben. Geld oder andere Güter hatte er nicht bei sich, aber er teilte mit dem Schwert sein einziges wärmendes Kleidungsstück mit dem kaum bekleideten Armen.
Kinder begreifen sehr wohl, dass es bei dieser Erzählung um Mitleid geht und sozusagen tatsächlich um das "Teilen". Allerdings sollten sie wissen, dass ein Mantel zu jener Zeit im Wesentlichen aus einem rechteckigen Stück Stoff bestand und nicht etwa so etwas wie ein Kleidungsstück unserer Tage war. Das würde wenig Sinn machen, wenn man so ein Stück in der Mitte durchschneidet. Der Heilige erweist sich in dieser Legende als ein Pragmatiker – denn er selber hat auch nicht gerade Lust auf Frieren, aber gibt großzügig ein Stück von seinem Umhang ab. Nächstenliebe als ein logischer Akt und ohne viel Federlesens – diese Sicht ist nicht die Schlechteste. Der Offizier ritt weiter, aber man erfährt nicht, wohin sich der Bettler wandte, wohin es ihn verschlug.
Der wirkliche Martinus erwies sich nach seiner Soldatenzeit als sehr fähiger Kirchenmann. Er wird auch verantwortlich gemacht für eine weitere Sitte – nämlich die des Verspeisens der "Martinsgans". Es gibt verschiedene Variationen, worin dieser Brauch nun eigentlich gründet – einer ist die Geschichte von der Flucht des Heiligen. Er wollte die Bischofswürde eigentlich nicht und versteckte sich in einem Gänsestall, damit man ihn nicht wählen konnte. Doch die aufgeregt schnatternden Gänse verrieten ihn sozusagen und die Bürger der Stadt fanden ihn. Nun konnte er nicht mehr ablehnen und die Geschichte nahm ihren Lauf. Zum Andenken daran isst man nun zu Martini eine Gans. Möglicherweise hätten die Tiere ja bescheiden die Ehre abgelehnt, hätten sie eine Wahl gehabt.
Eine andere Überlieferung erzählt, dass eine Gänseschar die Kirche geentert habe, als der Bischof predigte und ihn dabei empfindlich störte, weshalb die Strafe auf dem Fuße folgte. Wahrscheinlich geht der Brauch aber auf die Abgabepflicht für die Bauern zurück. Es wäre ja auch wohl zu kleinlich, einige Kirchgänger aufzuessen, selbst wenn sie Federn tragen. Aber wie auch immer, das Basteln der Martinslaterne ist für die Kleinen ein großer Spaß und der Umzug sowieso. Die Gans mit Rotkohl ist ihnen nach dem Umzug auch zu gönnen.
© "Sankt Martin und die Mantelteilung": Textbeitrag von Winfried Brumma (Pressenet), 2011. Illustration: Thomas Alwin Müller, littleART.
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