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Der Internationale Tag der Familie wurde 1994 von den Vereinten Nationen eingeführt. Familie, das ist ein Begriff, der für uns selbstverständlich ist und im Allgemeinen eine durch Verwandtschaft verbundene Gruppe meint. Heute wird meist das Modell der Eltern-Kind-Familie damit gemeint, selten auch unter Einbeziehung der Großeltern. So entstand in unserem Bewusstsein die "Kleinfamilie", die ein Produkt der heutigen Lebensweise in einer industrialisierten Gesellschaft ist.
Der Sozialstaat übernimmt mittlerweile fast völlig die Aufgaben einer Familie – vor allem, was die Betreuung der Alten und der Kinder betrifft, wobei das eine die direkte Folge des anderen ist. In früheren Zeiten nämlich lebten die Generationen zusammen, dies war die einzige Art der Altersversorgung, die man kannte. Die Großeltern betreuten die Enkelkinder, wenn das Alter ihnen harte körperliche Arbeit unmöglich machte. Während die Mutter und der Vater die tägliche Arbeit verrichteten – ein Acht-Stunden-Tag war kaum vorstellbar – wurden einerseits Wissen und andererseits Fertigkeiten weitergegeben, das die Kinder auf das Leben vorbereitete. Das Arrangement war für alle Beteiligten nützlich. Niemand konnte es sich im Grunde leisten, die Alten abzuschieben – auch wenn es eine solche Möglichkeit gab.
Zur Familie wurden im Übrigen nicht nur Blutsverwandte gezählt, sondern auch Lehrlinge, Pflegekinder oder Gesinde. Auch "Patchwork-Familien" sind durchaus nichts neues, denn die weitaus kürzere Lebenszeit konnte dazu führen, dass in einer Familie niemand mehr miteinander verwandt war. Eine baldige Heirat nach dem Tode des Ehegatten war eine Notwendigkeit – vor allem, was den Bauernstand betraf. Starb beispielsweise die Bäuerin und eine Nachfolgerin kam, so gehörten deren Kinder mit zur Familie. Wenn nun auch der Bauer das Zeitliche segnete und eine weitere Heirat stattfand, kamen womöglich weitere Kinder dazu. Obwohl es nun bei den meisten oder gar allen Familienmitgliedern keine biologische Verwandtschaft gab, wäre niemandem eingefallen, jemanden nicht dazuzuzählen.
Es könnte auch durchaus sein, dass die frühen Menschen die Clan-Zugehörigkeit weit höher schätzten als die Blutslinien, denn man war aufeinander angewiesen. In Zeiten, in denen die täglichen Kämpfe um das Überleben weitaus härter waren, als wir uns das vorstellen können, war man mit Sicherheit weniger kleinlich, was "Verwandtschaften" betraf. Die sorgsam gepflegten und aufgebauten Dynastien der späteren Jahrtausende haben mit "Familie" nicht wirklich etwas zu tun, denn es ging vorrangig um ein Machtgefüge, das es zu festigen galt.
Die Art von Familie, die wir heute kennen, ist noch recht jung, und sie ist in ihrer auf wenige Personen reduzierte Form nicht das beste Modell. Meist geht es um ein Elternpaar mit Kindern und vielleicht noch einem Großelternteil, das mit im Haus lebt. Das Modell der Kinderbetreuung durch die Seniorengeneration funktioniert zwar noch immer – wird aber eine Pflege der Älteren notwendig, kommt es zum Bruch, denn es gibt einfach nicht genug Menschen in der heutigen "Zelle", die so etwas gewährleisten könnten. Somit werden die Alten in ein Heim gebracht und für die Kinder muss eine Lösung gefunden werden. Wie auch immer, die Familie wird mit finanziellen Einbußen zu rechnen haben, sei es durch die Kosten für die Kita oder ein Seniorenheim.
Allerdings ist es kaum anders zu machen heute, denn die meisten sind auf zwei Verdienste angewiesen, wo immer es möglich ist. Erwerbslose Familien verfügen vielleicht über die Zeit, nicht aber den Platz für die Alten. Die neuen Minifamilien haben es sehr schwer, das Gefühl der Geborgenheit und der Zusammengehörigkeit zu entwickeln, das nötig wäre. Es ist an der Zeit, neue Modelle zu suchen oder die alten wieder einzuführen, zumindest was die Zugehörigkeit und die Sicherheit betrifft. Der Staat sollte mehr Möglichkeiten schaffen, damit die Familie als solche wieder "lebbar" wird.
© "Zum Tag der Familie am 15. Mai": Textbeitrag von Winfried Brumma (Pressenet), 2011. Bildnachweis: Familie macht Urlaub, CC0 (Public Domain Lizenz).
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