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Stellen Sie sich einmal ein Land vor, in dem unverständliche Sitten und Bräuche regieren. In diesem Land hat man im Allgemeinen etwas gegen Männlichkeit und versucht, diese systematisch zu zerstören. Alle Jungen nun werden angehalten, sich nicht in der Öffentlichkeit zu zeigen – jedenfalls nicht mehr, als unbedingt notwendig. Wenn die Kinder dann in die Pubertät kommen, werden sie strengstens bewacht, um ihre Unberührtheit zu gewährleisten – denn nur, wenn sie noch niemals Geschlechtsverkehr hatten, sind sie für die Gesellschaft – und vor allem für ihre Familie – wertvoll.
Dann werden sie verheiratet und haben, sagen wir, drei Jahre Zeit, um so viele Kinder wie möglich zu zeugen in der Familie, in die sie eingeheiratet haben. Nach dieser Zeit werden sie auf ein Ereignis vorbereitet, das alles für sie verändern wird. Natürlich erfahren sie nicht, was wirklich mit ihnen passieren wird – sie wissen nur, dass sie ein klein wenig leiden müssen, um nach der Zeremonie endlich ein richtiger Mann zu sein. Da das ihr einziges Ziel im Leben ist – etwas anderes kommt für sie nicht in Betracht, weil die Tradition ihres Volkes dies seit vielen Jahrhunderten so bestimmt – sehnen sie diesen Tag sogar herbei.
Die Männer, die über 22 Jahre alt sind, werden als geachtete Mitglieder der Sippe gesehen, wenngleich sie durch ihre ruhige Art nicht weiter auffallen. Diese "wirklichen Männer" sind den ganzen Tag mit ihren vielen Aufgaben befasst, während die Frauen die wichtigen Dinge des Lebens regeln und meist in der Öffentlichkeit agieren. Den Männern obliegt die Erziehung der Kinder, der Haushalt und die Arbeit auf den Feldern.
Sobald nun ein junger Mann erfolgreich und mehrere Male für die Fortpflanzung gesorgt hat, wird er von einigen älteren Männern zu einer abseits gelegenen Hütte gebracht. Dort wartet eine Art Priester auf ihn – einer, der ein wenig über Kräuterwissen verfügt. Nun wird der Jüngling auf die Erde gezwungen und mit Lederriemen gefesselt, ihm wird ein übles Gebräu, das aus gegorenem Saft und Kräutern besteht, eingeflößt – dann wird sein Lendenschurz zurückgeschlagen und sein Geschlechtsteil bloßgelegt.
Der so genannte Priester bindet den Penis ab und schneidet dann die Spitze ab. Das geschieht mit einem einfachen Messer, einer geschliffenen Muschelschale oder sogar einer Glasscherbe. Von "Abschneiden" kann allerdings nicht wirklich die Rede sein, eher von einem langsamen Absäbeln. Obwohl man auf primitive Weise versucht, den Blutverlust in Grenzen zu halten, kommt es oft zu Todesfällen bei der Prozedur. Manche Jünglinge sterben am Entsetzen und am Schmerz, aber dieser Tod wird bösen Geistern zugeschrieben. Überlebt nun das Opfer, wird es zurück zu seiner Familie gebracht, wo ein älterer Mann ihn pflegt.
Gegen die Schmerzen gibt es nicht viel, manchmal bitterer Tee von Weidenrinde oder anderen Kräutern. Oft sind Entzündungen und Wucherungen die Folge, welche das Harnlassen zu einer ewigen äußerst schmerzhaften Prozedur werden lassen. Die Hoden werden bei der "Operation" nicht angetastet. Weitere Folgen sind Störungen am Gangapparat und überhaupt schwere Beeinträchtigungen des ganzen Körpers.
Da die Beschneidung unter denkbar schmutzigen Umständen geschieht, sterben viele einen fürchterlichen Tod, an einer Wundinfektion wie der Sepsis. Überlebt der schwer Verletzte, wird er als echter Mann in der Gemeinschaft willkommen geheißen. Die Tradition fordert von Männern, die ihre Pflicht als Zeuger getan haben, dass sie ihrer Männlichkeit entsagen und sich fortan einem keuschen, pflichtbezogenen Leben widmen. Da sie nun kein sexuelles Empfinden mehr haben, fällt es ihnen nicht schwer, ihren Frauen treu zu bleiben.
Meist sind die so Verstümmelten nicht zu normalem Geschlechtsverkehr fähig, was ihren Wert als Sexualpartner mindert. Das ist allerdings auch nicht ihre Bestimmung. Für ihr Vergnügen rein sinnlicher Natur gehen die Frauen zu gewissen Häusern, wo zwar ehrlose aber unversehrte Männer gegen Entgelt tun, was die Ehemänner nicht tun können oder nur sehr ungenügend.
Wenn diese schreckliche Vision Sie schockiert, dann machen Sie sich bewusst, dass in vielen Ländern tatsächlich solche Dinge geschehen. Allerdings sind es keine Männer, denen jedes sexuelle Empfinden genommen wird und die schrecklichen Leiden und oft dem Tod überantwortet werden durch die Beschneidung, sondern Mädchen und junge Frauen.
Beschneidungen werden nach gewissen Graden unterschieden – vom Entfernen der Klitoris bis hin zu sämtlichen außenliegenden Geschlechtsteilen wie den gesamten Schamlippen. Auf diejenigen, die diese Torturen überleben, wartet ein schmerzvolles Leben voller Leiden und Beeinträchtigungen. Man kann sich vorstellen, dass der Geschlechtsverkehr und die Geburt reine Folter sind – tatsächlich wird in manchen Kulturkreisen der Scheideneingang zu einem Teil vernäht. Diese Naht muss vor jeder Geburt aufgetrennt werden. Man beruft sich zwar auf die Tradition, sieht aber vor allem die Vorteile für den Mann. Dieser muss sich über Untreue keine Gedanken machen und ist sicher, dass die Kinder die Seinen sind. Die in allem schwer beeinträchtigte Frau ist ebenso wie das Nutzvieh an Haus und Hof gebunden.
Viele betroffene Frauen haben ihr Schweigen gebrochen, es gibt Filmmaterial und Bilder von den Entstellungen und Verletzungen – und doch läuft die Welt nicht Sturm gegen diese Unmenschlichkeit, die jährlich viele Millionen Mädchen und Frauen erleiden müssen – und täglich kommen 8000 Opfer hinzu. Betroffen sind bereits über 140 Millionen Frauen weltweit, nach Berichten von Amnesty International auch in europäischen Staaten wie Deutschland oder Frankreich.
Wie lange muss ein solch menschenverachtendes Tun noch geduldet werden? Nicht nur am 6. Februar jedes Jahres sollten wir uns informieren und nach Möglichkeiten suchen, wie wir mithelfen können, damit diese schändlichen Praktiken endlich aufhören.
© "6. Februar: Internationaler Tag gegen Genitalverstümmelung": Textbeitrag von Winfried Brumma (Pressenet), 2011. Grafik: afrol News; Weiterverbreitung, Bearbeitung und kommerzielle Nutzung der Grafik sind gestattet.
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