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Harmonie der Geschöpfe
Eines der berühmtesten Werke Wolfgang Amadeus Mozarts ist die Zauberflöte, die als Singspiel uraufgeführt wurde. Sein Freund Emanuel Schikaneder, der ihm mit allen Kräften zur Seite stand, schrieb das Libretto. Zur damaligen Zeit hatte eine Oper italienisch zu sein, deutsch galt nicht als die anerkannte Sprache der großen Oper. Aber Mozart war an der deutschen Sprache für dieses Werk sehr gelegen – er hatte seine Gründe. Inszenierungen wie diese, also märchenhafte Geschichten mit Zauberei und Fabelwesen, waren sehr beliebt beim Publikum, welches diese Art des Singspiels als "Wiener Kasperl- und Zauberoper" sehr schätzte.
Mozart war Freimaurer, und das Thema der Initiation, das sich durch das ganze Stück zieht, mag der Zugehörigkeit zu diesem besonderen Orden zuzurechnen sein, doch sind die archetypischen Rollenbesetzungen unverkennbar. Die Zauberflöte galt als für Kinder durchaus geeigneter Stoff und wurde so auch als Marionettenoper oder in kindgerechter Inszenierung aufgeführt und wird es bis heute. Mehrere Buch-Autoren haben das Thema umgesetzt, unter anderem auch als Jugendbuch, in dem die Rollen Kindern zufallen.
Eine Adaption des Stoffes ist von der Fantasy-Autorin Marion Zimmer Bradley und heißt im Deutschen "Tochter der Nacht". Sie hält sich sehr eng an die Vorlage, übersetzt aber Stoff und die handelnden Personen sowie die Welt, in der sie agieren, in der ihr eigenen Weise. Der Vogelfänger Papageno ist ein Mischwesen zwischen Mensch und Tier, ein Halbling. Im Reich der dunklen Königin werden diese Wesen als Sklaven gebraucht, sie müssen auch für den Opferaltar des Kultes herhalten.
Die Prinzessin wächst in ständiger Angst vor ihrer Mutter heran, die sie aber trotzdem bewundert und liebt. Außer den Vogelwesen gibt es auch andere Halblinge – solche, die zum Teil von Hunden und anderen Tieren abstammen. Tatsächlich bedient man sich der Zauberei, um Ziele zu erreichen, und es gibt magische Artefakte und Sprüche, Illusionen und alles, was ein großer Magier aus dem Hut ziehen kann. Der Prinz ist auf dem Weg zum Reich, verirrt sich, gerät zwischen die Fronten eines Krieges um ein junges Mädchen und um Macht. Der weise Alte – der archetypische Zauberer und Priester Sarastro erscheint und stellt da vor die Wahl, wo die Königin der Nacht befiehlt. Anders als sie sieht er die Halblinge als Mitgeschöpfe und nicht als unvernünftige Tiere – er glaubt an die Wandlung zum Höheren – ein Thema der Alchemisten oder Hermetiker und natürlich auch der Freimaurer.
Sarastro bietet Prüfungen an, die der Prinz, der mittlerweile in Liebe zu Pamina entbrannt ist, auf sich nimmt. Auch Papageno, der etwas windige Vogelmensch, nimmt die Herausforderung an – wenn er auch glaubt, zu scheitern. Das scheinbare Böse, denn das ist Sarastro nach den Anklagen der Königin, wandelt sich vor den Augen der Prüflinge in das Gute – allein dadurch, dass er ihren Willen nicht beeinflusst und ihnen die Wahl lässt. Alle, auch der Halbling und seine kleine Freundin, ein Vogelhalbling wie er, gehen geläutert und weiser, aber in ihrem Wesen nicht verändert, aus den Prüfungen hervor.
Zimmer Bradley sieht die Zauberflöte als Fantasy-Geschichte an, und tatsächlich hat sie völlig recht – denn sie ist nichts anderes. Eine herrlich spannende Geschichte mit interessanten Wesen, einer auf Zauberei basierenden Welt und sympathischen Helden ebenso wie den obligatorischen Antihelden. Würde ein Regisseur, der das Genre wirklich versteht – vielleicht Peter Jackson (Der Herr der Ringe) – dieses Märchen inszenieren, dann wäre es eines der großen Fantasy-Epen und nicht wie jetzt eine Art Insidergeschichte für Musikliebhaber.
"Gut gegen Böse" – davon hat die Zauberflöte reichlich, aber auf keinen Fall in oberflächlicher Weise. Und auch wenn man nicht gerade für diese Art der Musik schwärmt ... die Melodien sind sehr schön. Wenn man die berühmte Arie der Königin der Nacht mit ihren großzügigst bemessenen "Koloraturen" als etwas enervierend empfindet, dann tröstet der Gedanke, dass sie schließlich die Böse in der Angelegenheit darstellt. Dann passt es wieder.
© "Freimaurer Mozart und seine Zauberoper": Textbeitrag von Winfried Brumma (Pressenet), 2011. Die Abbildung zeigt das Öl-Gemälde "Harmonie der Geschöpfe" von Margret Hofheinz-Döring, 1971 (Mit freundlicher Genehmigung der Galerie Brigitte Mauch).
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