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Hatten Sie schon einmal gedacht, dass es eine ungeheuer spannende Angelegenheit wäre, nur für einen Tag das Geschlecht wechseln zu können? Möchten Sie nicht auch die Mysterien des "Anderen" besser verstehen und den eigenen Horizont erweitern? Tatsächlich würde ein Großteil der Bevölkerung einem zeitlich begrenzten Wechsel zustimmen – aber wenn Ihnen diese Gelegenheit tatsächlich wider Erwarten geboten würde, sollten Sie sich das wirklich sehr genau überlegen. Denn ...
Sie werden mit absoluter Sicherheit in der Öffentlichkeit erst einmal die falsche Toilette aufsuchen. Allein hier wird Ihnen wahrscheinlich die tiefe Kluft zwischen den Geschlechtern vor Augen geführt, denn eine Dame auf dem Herrenklo wird höchstens mit leicht verlegenem Grinsen oder unterdrücktem Gelächter konfrontiert, während es im umgekehrten Fall zu lautem Kreischen und Rufen nach der Polizei kommt.
Das Benutzen der sanitären Anlagen ist auch nicht völlig problemlos, denn hier können lebenslange Gewohnheiten zu sehr greifen. Moderne Männer, die das bequeme Sitzen auf der Toilettenschüssel für sich entdeckt haben, sind da klar im Vorteil, wenn sie in einem Frauenkörper der Horizonterweiterung frönen. Damen, die zeitweise ein Herr sind, sollten vorher üben.
Ebenso sollte man vermeiden, die anderen Männer am Tisch lässig zu fragen: "Ich muss mal zur Toilette, kommt jemand mit?" Auch wenn man das als Frau gewohnt ist. Denn die Freundinnen können tatsächlich etwas im Handtäschchen haben, das man selber gerade nicht mit hat. Außerdem ist eine Plauderei beim Auffrischen des Make-up immer etwas nettes. Unter Männern ist dieses Verhalten nicht üblich. Zwar kommt es auch da zu angenehmen Gesprächen, allerdings trifft man sich zufällig.
Herren, die gerade Urlaub im antipodischen Körper machen, müssen sich vor Augen halten, dass Damentoiletten völlig anders konzipiert sind. Dort gibt es nur Kabinen und keine offen nebeneinander angebrachten Schüsseln. Also entfällt das entspannte Plaudern mit dem Nebenmann während des Pinkelns, ebenso wie das Ziehen von Vergleichen. Vergessen Sie also nicht, die Kabinentür hinter sich zu schließen und zu verriegeln. Tun Sie das nicht und eine "Geschlechtsgenossin" öffnet die Türe, vergessen Sie nicht, einen spitzen Schrei loszulassen.
Männer sehen beim Händewaschen nur in den Spiegel, auch wenn sie gerade ein anregendes Gespräch führen, sie richten sich nicht wohnlich ein. Jedem Mann hinterherzusehen, der den Toilettenraum verlässt, und dem Nebenmann zuzuflüstern: "Der hat aber einen Hängehintern" oder "Mein Gott, der müsste sich auch mal eine neue Frisur leisten" kann zu erstaunten Blicken führen und sollte dringend vermieden werden. Männer machen den Wagen des Rivalen herunter, nicht sein Aussehen.
Im umgekehrten Fall ist es auch nicht ratsam, sich mit triefnassen Händen durch das Haar zu fahren, um es zu bändigen, das könnte bei den anwesenden Frauen zu ebenso erstaunten Reaktionen führen. Beiläufiges Erwähnen der technischen Einzelheiten des neuen Autos sollten Sie sich auch verkneifen – das gehört nicht zum weiblichen Waschraumritual.
Das Verlassen der allgemeinen Toiletten ist ebenfalls nach Geschlechtern geordnet. Auch wenn Sie als Mann gewohnt sind, vom Klo aus entspannt und mit den Händen in den Hosentaschen lässig zu Ihrem Sitzplatz zu schlendern, tun Sie es nicht. Frauen, die sich so verhalten, sorgen für Aufsehen – besser ist es, jeden Blickkontakt mit anderen Menschen zu vermeiden und mit gesenktem Kopf zügig zum Tisch zurückzukehren. Dieses Verhalten wird als weiblich angesehen. Schließlich wollen Sie nicht unnötig auffallen.
Wenn Sie also trotz der zu erwartenden Schwierigkeiten nicht widerstehen können, bleiben Sie wenigstens zu Hause oder geben Sie auf keinen Fall jemandem Ihre Handynummer. Wenn Sie Glück haben, vergessen die vielen anderen Menschen im Lokal den Abend recht schnell.
© "Bodyswitch – Waschraumetikette für Damen und Herren": Textbeitrag von Winfried Brumma (Pressenet), 2012. Illustration: Thomas Alwin Müller, littleART.
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