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Beim "Tag der Hausmusik", dem deutschlandweit jährlich am 22. November gedacht wird, geht es um eine Tradition, der im Familienkreis kaum noch Beachtung geschenkt wird. In früheren Zeiten saß man des Abends zusammen – jedenfalls solche, die sich so etwas wie Instrumente und Notenblätter leisten konnten – und man musizierte. Man kann getrost das Bild von Krinolinen und Spitzenärmeln aufkommen lassen, es passt durchaus. Aber auch schon lange vor dem Biedermeier-Bürgertum und dem gehobenen Klavierspiel im familiären Kreis gab es das gemeinsame Musikmachen. Es ist nicht falsch, wenn man das Singen ohne Instrumentalbegleitung dazuzählt, wenn es auch streng genommen nicht unter den Begriff Hausmusik fallen dürfte.
In Zeiten, in denen es noch keine Tonträger gab, hat man sich mit selbstgemachter Musik erfreut – schließlich gab es nicht täglich oder wöchentlich geeignete öffentliche Aufführungen. Töchter und Söhne übten das Musizieren, zu dem nun tatsächlich auch das Singen gehört – ein Merkmal der gehobenen Erziehung, was sich mit mehr oder weniger Erfolg auch "hören" lassen konnte. Und so manches Kuppelmanöver von Tanten und Großmüttern wurde vom deutschen Liedgut und einem Pianino oder, weitaus eher, einem Spinett oder Cembalo begleitet. Auch wenn es in den ersten Jahrzehnten des letzten Jahrhunderts Musikkonserven gab, spielten noch immer die Blockflöten, Violinen, Klaviere oder Akkordeons in den Wohnstuben und waren mehr oder weniger begeistert aufgenommene Höhepunkte der Feste.
Konservierte Musik setzte sich immer mehr durch, und dass man eine kleine Combo mit Familienmitgliedern zusammenstellen könnte, ist heutzutage sehr selten der Fall. Eine Zeit lang feierten elektrische Orgeln mit Melodiehilfen (ohne dass man Noten erlernen musste) geradezu Triumphe in deutschen Wohnzimmern. Die so beschenkten Kinder waren der Stolz ihrer Eltern – bis das teure Teil irgendwo auf dem Speicher vor sich hindöste.
Später spielte dann einer der hoffnungsvollen Sprösslinge E-Gitarre, eher zum Verdruss als zur Freude der Eltern. Dabei braucht es nicht viel, um eine Band auf die Beine zu stellen. Schlagzeug, Bass und eine Gitarre reichen völlig aus, und die zukünftigen Stars rotteten sich mit Gleichaltrigen in einer Garage zusammen, um ihr Repertoire einzuüben. Der günstige Synthesizer für den Hausgebrauch machte fast alles überflüssig – und wieder saß nur einer davor. Heute kann man mit dem PC und entsprechenden Programmen ganze Orchester zusammenstellen – eine geniale Sache, aber auch irgendwie egomanisch.
Man braucht keine Reifröcke, geflochtene Zöpfchen und Notenblätter – die aufmüpfigen Teenager von gestern könnten heute ihre Gitarren und Mundharmonikas vom Speicher oder aus der Schublade holen und hier und da eine Art Minirockfestival im Wohnzimmer veranstalten. Hausmusik kann auch die Nachbarschaft rocken.
In diesem Sinne – vielleicht bringt dieser Gedenktag zur Hausmusik einige Leute auf gute Gedanken. Auf jeden Fall sollte man sich wieder auf seine Fähigkeiten besinnen, die man einst gelernt hat.
© Textbeitrag und Foto zum Tag der Hausmusik "Der Gedenktag am 22. November": Winfried Brumma (Pressenet), 2012.
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