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Brot ist etwas so Gewöhnliches, dass man selten einen Gedanken daran verschwendet – außer, wenn es gerade ausgegangen ist und man noch schnell zum Bäcker muss, um welches zu holen. Denn alles, was damit zusammenhängt, ist für das Frühstück erst einmal wichtig, ob es nun ein großer Laib oder ein Paar Brötchen sind.
Brot gilt als Grundnahrungsmittel, und das schon seit sehr langer Zeit. So wird angenommen – da Funde darauf hinweisen – dass schon vor etwa 30.000 Jahren Getreide zu einem festen Nahrungsmittel verbacken wurde. Wahrscheinlich hatte dieses Erzeugnis kaum etwas mit unseren Sonntagsbrötchen aus weißem Mehl zu tun, sondern war eher stark im rustikalen Bereich angesiedelt, also ein sehr grobes Backwerk. Das Zertifikat "Vollkorn" wäre da wohl völlig angebracht gewesen.
Getreide, Nüsse, Samen und auch besondere Pflanzenteile wurden zu einem Teig verarbeitet, welcher dann wohl über Steinen gebacken wurde. Diese Art der Zubereitung gehört zu den Fladenbroten, denn ohne Säuerungsmittel kann der Teig nicht "gehen" und bleibt gewissermaßen flach.
Für einen richtigen Brotlaib braucht man Hitze, die rundum wirken kann – und sobald der Backofen erfunden war, erlebte die Brotbäckerei einen gewaltigen Aufschwung. Lässt man den Teig einige Zeit stehen, fängt er durch die in der Luft enthaltenen Hefen an zu gären – wahrscheinlich entdeckte man auf diese Weise den Sauerteig. Nimmt man von diesem "gesäuerten" Teig etwas weg und gibt es zu einem frischen Teig, setzt sich der Prozess fort. Allerdings entdeckte man sehr schnell natürliche Treibmittel, und bald war Brot das wichtigste Nahrungsmittel, jedenfalls in den Weltgegenden, wo man die Rohstoffe dafür bekommen konnte.
Brot war etwas durchaus Nahrhaftes – und die Zutaten konnten variiert werden. Wer Brot hatte und ein wenig Gemüse oder Milch, verhungerte zumindest nicht. Natürlich darf man das künstlich aufgefluffte Zeug aus völlig nährstofffreiem Weißmehl, das wir oft kaufen, nicht mit dem Brot der alten Zeiten vergleichen – das nämlich verdiente diesen Titel sogar, man konnte sich damit nähren, und tatsächlich wurde das Brot auch hoch geachtet.
Zu manchen Zeiten stand auf "Brotfrevel" eine hohe Strafe. Darunter verstand man respektlosen Umgang oder außerordentliche Verschwendung. Das Backwerk hat auch einen symbolischen Nährwert – man spricht von Brot als Synonym von Ernährung im Allgemeinen. So sind "Brot und Spiele" eine Redewendung, die jeder kennt – und Menschen, die "in Brot und Arbeit stehen", haben eine gesicherte Existenz. Brot wurde auch als spirituelle Nahrung angesehen, zumindest als Symbol dafür. Im christlichen Glauben hat es durch das letzte Abendmahl Christi eine besondere Bedeutung erlangt. Rituelle Göttermähler sind aus der Antike ebenfalls bekannt – Brot war zudem auch eine anerkannte Opfergabe.
Noch bis in das letzte Jahrhundert hinein gab es Bräuche für das Anschneiden und Segnen des Brotes. Ein Kreuz wurde eingeritzt und ein kurzes Gebet dabei gesprochen, wie zum Beispiel: "Alle, die von diesem Brote essen, sollen unseren Herrgott nicht vergessen." In vorchristlicher Zeit waren die Segnungen andere – aber sie hatten den gleichen Sinn: die Gemeinschaft zu stärken mit dem gemeinsamen Mahl. In kleinen Ortschaften wurde das Brot an bestimmten Tagen gemeinsam gebacken, obwohl nicht jeder Haushalt über einen gemauerten Backofen verfügte. So war die Zeit des Backens auch die Zeit der Gemeinsamkeit – die Dorfgemeinschaft stellte zusammen etwas ungemein Wichtiges her: das wertvollste Nahrungsmittel. Daran waren alle beteiligt, von der Aussaat bis zum Teig hatte jeder damit zu tun gehabt. Solch eine Speise hatte einen größeren Wert als nur den, der nach Inhaltsstoffen berechnet werden kann.
In späterer Zeit wurde das aus weißem, feinen Mehl gebackene Brot eine Art exklusives Nahrungsmittel für die Vermögenden. Heute wird gehaltvolleres Brot wieder vorgezogen, im Zeichen bewussterer Ernährung. Vollkornprodukte oder solche aus unbehandeltem Getreide werden oft bevorzugt. Zudem kommen alte Getreidesorten wie der Dinkel oder der Hafer wieder zu Ehren, wenn möglich aus biologischem Anbau.
Großbäckereien sind übrigens nichts Neues, bereits das Antike Rom kannte solche Betriebe. Das Brotbacken in größerem Stil ist für normale Haushalte nicht rentabel – wer das trotzdem hin und wieder tut, liebt den unwiderstehlichen Duft frisch gebackenen Brotes. Und vielleicht ist es kein Zufall, dass jeder sich irgendwie zuhause fühlt oder zumindest "irgendwie" behaglich, wenn er frühmorgens in die Duftwolke läuft, die von einer Backstube auf die Straße strömt.
© Textbeitrag "Alt, alltäglich – und unverzichtbar: das Brot": Winfried Brumma (Pressenet), 2012. Die Abbildung zeigt einen Bäckerladen (aus einem Nürnberger Spielzeug-Musterbuch des 19. Jahrhunderts), Lizenz: gemeinfrei.
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