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"Endlich fällt das nervige Kleingeld weg", sagte da einer, als er von den Plänen las, die Abschaffung der kleinen Münzen betreffend. Na ja – eigentlich könnte das etwas Gutes sein, denn Preise wie 9,99 Euro (die eh keiner nachvollziehen konnte) fallen dann unter den Tisch. Und unter dem besagten Tisch liegen dann auch keine Kupferstücke mehr, die sich wie Bodendecker-Pflanzen überall verteilen. Denn die Cent-Stücke liegen meist nicht da, wo sie eigentlich hingehören – in der Geldbörse – sondern unter Schränken, in Waschtrommeln, in der Seifenschale (gab's echt schon) und auf Fensterbänken.
Die Vorgänger der kleinen Nichtigkeiten hießen Pfennige – und die hatten den Sprung in die Sprichwörtlichkeit geschafft. "Wer den Pfennig nicht ehrt, ist die Mark nicht wert", oder ähnliche Sprüche gab es da. In manchen Gegenden sammelten Mädchen bis zur Hochzeit die Pfennige, um damit die Brautschuhe zu kaufen. In kaum einem Haus fehlte die Pfennigdose, in die man das kleinste Kleingeld warf, wenn wieder einmal zu viel davon aufgelaufen war. Dann brachte man sie zur Bank – säuberlich in Papierchen gerollt und beschriftet. Seit es die Zählautomaten gibt, machte das richtig Spaß, denn an dieser Maschine stehen und die Anzeige im Auge behalten hatte so richtig was von einer "Slot Machine" – man gewann allerdings immer. Und so eine Dose mit Kupferstücken, die sich als ziemliches Gewicht beim Tragen bemerkbar gemacht hatte, verwandelte sich da in eine nette Überraschung.
Mit den Euro-Cents war es nicht anders – und wenn es früher nur alte Leute waren, die an der Kasse im Supermarkt bedächtig das Kleingeld abzählten (was so manchen, der es eilig hatte, zum Schimpfen brachte), so sieht man das heute sehr viel öfter. Die Zeiten, in denen man achselzuckend das Kleingeld irgendwohin wirft und nur mit Scheinen bezahlt – der Bequemlichkeit halber – sind längst vorbei.
Die Preise sind gestiegen, die Löhne kaum, und gegen Monatsende (und immer häufiger auch viel früher) werden Cents wieder bei der Einkaufsplanung mitgerechnet. Es ist nicht mehr ein Zeichen der Tatterigkeit, wenn jemand in der Börse nach Cents kramt, um punktgenau zu bezahlen – es ist für viele tägliche Notwendigkeit. Und man geniert sich deswegen auch nicht mehr. Diese Zeiten sind ebenfalls längst vorbei. Jedenfalls für die meisten Menschen im Land.
Aber wenn nun Schluss wäre mit den kleinen Münzen, würde dann nicht aufgerundet? Und wahrscheinlich nicht nur von 1,99 Euro zu glatten zwei Euro, sondern eher gleich mal zu 2,30 mit Tendenz nach oben. Das haben wir erlebt bei der Einführung des Euro – als gewiefte Händler mal eben mit der Unsicherheit der Kunden Profit machen wollten und satte 100 Prozent draufgeschlagen hatten. Eigentlich, so könnte man denken, werden die Geldbeutel der Leute sowieso leichter werden, ob es nun noch kleine Münzen gibt oder nicht.
Aber Kleingeld belastet doch nur. Und die Brautschuhe bezahlt man per Bank-Card.
© Textbeitrag und Foto zu "Weg damit! Kleingeld belastet doch nur": Winfried Brumma (Pressenet), 2013.
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