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Viel Spaß wird der Leser mit dem neuesten Buch der Autorin Tharina Wagner haben, ihrem ersten Regionalkrimi, der im Grazer Rotlichtmilieu spielt. Auf 238 Seiten ermitteln Peter der Polizist und sein Kollege Maier.
Der im Mai 2017 im Verlag 3.0 Zsolt Majsai erschienene Kriminalroman ist als Taschenbuch und E-Book im Buchhandel erhältlich.
Natürlich ruft das Café Erinnerungen in Peter dem Polizisten hervor. Gefühllos ist er nun auch wieder nicht, selbst wenn Marlene das gerne behauptet. Oder besser gesagt behauptete, vor der Trennung. Jetzt vermeidet sie es, so tiefgründige Themen anzusprechen. Bewusst schiebt er besagte Erinnerungen zur Seite. Professionell sein, Peter.
Es ist ein Tatort, wie es im Buche steht. Nicht, dass Peter der Polizist jemals irgendeinen dieser lächerlichen Krimis gelesen hätte. Aber genau so stellt er sich das vor: Mord im Rotlichtviertel. Dieses Café, eines der wenigen, in denen man noch rauchen darf, was man beim Eintreten schnell am Geruch bemerkt. Er beschließt, ein ernstes Wörtchen mit Marlene darüber zu reden, dass sein Sohn so viel Zeit in dieser Spelunke verbringt. Gesund kann das nicht sein. Er zündet sich selbst eine an und beschließt, sein Privatleben nicht mit dem Beruf zu vermischen. Professionell sein, Peter.
Natürlich dürfte er normalerweise nicht an diesem Fall arbeiten, da er quasi persönlich involviert ist. Nicht involviert, aber die Zeugen und so. Persönliche Beziehung zu den Zeugen, so was sagte der Chef vorhin. Dieser ordnete trotzdem ausdrücklich an, dass der Fall von Peter bearbeitet werden solle. Mit stolzgeschwellter Brust nickte dieser. "Sicher, ich an Ihrer Stell' würde da auch keinen der anderen heranlassen", erwiderte er ohne falsche Bescheidenheit. Dunkel ists in dem Café Walters. Falls Marlene Marwin hier seine Aufgaben machen lässt, hätte er etwas gegen ihre Erziehungsmethoden in der Hand. Obwohl: Was das Sorgerecht betrifft ist es wohl besser, wenn das bei ihr bleibt.
Er nickt den Kollegen von der Polizei zu, die ihm die wichtigsten Details schildern und den Toten zeigen. Ganz blass sind die – beide, die Kollegen und der Tote. "Unpraktisch, dass man jetzt über die Leich' steigen muss, wenn man brunzen will", sagt er zu einem von ihnen, der besonders schlecht aussieht. "Aber sonst gehst du halt zum Speiben zum Waschbecken an die Bar." Er grinst schadenfroh. Mit dieser Schadenfreude überspielt er seinen eigenen Ekel – zumindest fürs Erste. In diesem Moment kommt sein Kollege Maier angetrottet.
Maier ist der perfekte Partner für Peter den Polizisten. Er scheint genauso zu denken wie er, abgesehen davon, dass er ein klein wenig weniger arrogant ist. Blond ist der, etwa gleich groß wie Peter selbst und wie er in Anzug gekleidet. Peter findet ihn natürlich ein bisschen dümmer und ein bisschen hässlicher als sich selbst, aber wie objektiv dessen Meinung ist kannst du, lieber Leser, dir selbst denken. Stichwortartig klärt Peter der Polizist seinen Partner über die Situation auf. Dieser nickt und entzündet sich ebenfalls eine Zigarette. "Mein Sohn hat ihn gefunden. Ich will ihn selbst verhören, aber im Bericht schreiben wir einfach du warsts." Maier nickt. "Aber man wird deine Stimme auf dem Tonband erkennen", wirft er ein. "Das ist wurscht. Seit wann überprüft das irgendwer?" Maier zuckt mit den Schultern. Das macht er gerne, was nicht unpraktisch ist. Einverstanden ist er so gut wie mit allem, der Maier. "Meine Ex war auch da. Sie stehen beide vorm Café, hast du gesehen, oder? Wir nehmen sie mit aufs Revier." – "Gehts?", fragt Maier mit leidendem Blick. "Was?" – "Dein Sohn." Peter der Polizist lacht leise auf. "Ist doch keine Memme." Maier nickt. "Natürlich nicht."
Die Leute von der Spurensicherung sind dabei, um sie herumzuschleichen. Jemand beklagt sich darüber, dass es zu wenig Licht gibt. Jemand anders macht Fotos. Peter der Polizist steht mitten im Geschehen und hat nicht vor, Platz zu machen. Er betrachtet Maiers nachdenkliches Gesicht. Viele Leute behaupten, sie wären sich ähnlich. Peter der Polizist findet das nicht. Maier hat einen leicht hervorstehenden Unterkiefer. Vielleicht ist er deshalb immer noch Junggeselle. Er stellt das natürlich gern so dar, dass er sich nicht festlegen will. Eine Freundin hatte er ja, aber zu Gesicht bekam Peter die nie. Vielleicht ist diese Geschichte auch nur eine Erfindung. Paula heißt sie, die imaginäre Ex-Freundin.
"Hast du den gekannt, den Eder?", fragt der Junggeselle, der sich nicht festlegen will. "Maier, er heißt Eber, nicht Eder. Eber wie das Schwein." – "Hat geheißen, meinst du wohl eher – wo er tot ist." – "Na ja ... Er heißt ja noch immer so, egal ob tot oder lebendig." Maier nickt. "Mausetot. Oder schweinetot – kann man das sagen?" – "Ich denke nicht. Aber das ist sowieso egal, Maier. Reden wir über was Wichtiges!" Sein Kollege nickt. "Kennen wir schon die Todeszeit?" Maier betrachtet die beinahe völlig abgetrennte Wange des Opfers. Peter der Polizist deutet ein Nicken an. "Gegen drei, vier in der Früh." – "Der Täter muss ganz schön wütend gewesen sein, um den Eber so zuzurichten." – "Mörder sind meistens wütend auf ihre Opfer, Maier. Außer natürlich, wenn sie sie nicht kennen. Ich frag mich eher, warum auf dem Klo." Maier zuckt mit den Schultern.
Fast hätte er gesagt: "Ich hab gehört, der Eber war Scheiße", aber auf so niveaulose Witze muss man sich dann auch nicht unbedingt herablassen. Also sagt er: "Du schließt daraus, dass der Täter und das Opfer sich gekannt haben? Ist das nicht eine ziemlich ... voreilige Schlussfolgerung, Peter?" – "Ich schließe gar nichts daraus, ich hab nur gesagt die Todeszeit ist zwischen drei und vier. Und das hab nicht ich erfunden sondern vom Mediziner." – "Um vier hat jeder Trottel 'schlafen' als Alibi", fügt Maier hinzu. "Schlafen ist kein Alibi, du Gockel." – "Das weiß ich, du Kasperl." Maier bläst den Rauch aus der Nase. "Gibts das noch im Fernsehen?", erwidert Peter der Polizist mit nachdenklichem Blick. "Was – solche blutrünstigen Filme? Zu Massen." – "Nein, Maier. Die Sendung mit dem Kasperl. Mit den Handpuppen und dem bösen Krokodil, wo er immer fragt, ob wir alle da sind." – "Keine Ahnung, Peter. Ich hab gedacht, wir sollten über etwas Wichtiges reden?" – "Ich verhör ein bisschen. Den Marwin und meine Ex erst einmal, bis wir eine richtige Spur haben. Komm mit, das wirkt besser. Dann schauen wir weiter." Maier nickt. "Du könntest ja den Marwin befragen." "Natürlich befrag ich den Marwin, Maier. Das habe ich doch gerade gesagt!" – "Ich meine wegen der Fernsehsendung mit dem Kasperl." Peter nickt. "Vielleicht." ...
Wie geht diese Krimi-Leseprobe weiter? Das erfahrt ihr im Buch "Blutrot oder warum ist der Eber tot?". Ebenfalls von Tharina Wagner ist erschienen: "Blassrosa oder die geheime Taktik des Monsieur F".
© Leseprobe aus dem Regionalkrimi "Blutrot oder warum ist der Eber tot", Kapitel "Am Tatort": Text und Abbildung des Buchcovers: Autorin Tharina Wagner.
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