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"Time to Get Real" – Es ist Zeit, die Realität zu akzeptieren. Diesen Satz schrieb sich ein Amerikaner auf das Banner und zeigte auch, was er damit meint. Nickolay Lamm entwarf eine neue Modelpuppe für Kinder. Was daran anders ist, fällt sofort ins Auge: die von Lamm konzipierte "Lammily Doll" sieht aus wie ein Mensch und nicht wie der Traum eines sadistischen Modeschöpfers.
Auf dem Computer nahm die Puppe 2013 Gestalt an – und zwar eine völlig mittelmäßige Gestalt. Der extrem lange Hals der üblichen Model-Dolls wurde der Realität angepasst. Das gleiche gilt für den Busen und den Po, ebenso für die Beine. Was dabei herauskam, begegnet uns täglich viele, viele Male: eine junge Frau mit normaler Figur. Nicht dick, aber auch nicht dünn. Sportlich, fraulich, nett. Die Puppe trägt lange Haare, ist nicht geschminkt und hat Füße, die nicht in High Heels passen. Die meisten Modelpuppen haben vorgeformte Füße, aber in Heels macht sich das Joggen nicht so gut.
Ich finde, dass wir genau so etwas brauchen. Barbie hat, als Prototyp aller Anziehpuppen, schon immer einen zweifelhaften Ruf gehabt, was ihre Körpermaße angeht. Die wurden auch einige Male geändert. Trotzdem sind die Maße nicht realistisch und ohne plastische Operationen kaum zu erreichen. Ansonsten war das Glamourgirl im Maßstab 1:6 immer emanzipiert und berufstätig. Das nebenbei. Eltern und Erzieher hatten aber wegen des Körpers nachvollziehbare Probleme mit dieser Puppe.
Bei der Lammily Doll könnte das anders sein. Sie ist nebst ihren Maßen auch etwas kleiner als Barbie oder Steffi. Die Bewegungsmöglichkeiten sind sehr gut – das gibt es auch bei den neueren Barbies mit externen Gelenken. Allerdings ist diese Vielfalt eher für das Posieren gedacht. Die neue Lammily rennt und zeigt, dass kein sportlich orientiertes Mädchen klapperdürr sein kann. Und sie sieht gut dabei aus. Natürlich passen der Lammily keine handelsüblichen Moden – sie hat ihre eigenen.
Was dieser Amerikaner da getan hat, sollte uns allen zu denken geben: Wir diäten ohne Ende, zupfen und malen hier und da, beobachten argwöhnisch unsere "Problemzonen" und die Orangenhaut. Kaum eine Farbnuance haben wir ausgelassen, was die Haare betrifft – und wir essen selten, was uns schmeckt. Das ist auch nicht schlecht, aber das wird es, wenn wir glauben, dass Mittelmäßigkeit (also gutes Mittelmaß) etwas Schlechtes ist.
>Nickolay Lamm bietet für seine Puppe auch aufklebbare Pickel, Narben, Schwangerschaftsstreifen und ähnliche entfernbare Tattoos an. So kann jedes Kind seine Puppe etwas angleichen oder aber unverwechselbar machen. So kann Mittelmaß wundervoll sein. Anders gesagt: "Männer lieben Frauen, in all ihrer Vielfalt".
Die Lammily ist zwar für Kinder gemacht, aber vielleicht ist so eine Puppe, die vor dem Spiegel steht, von größerer Bedeutung für uns als einschlägige Frauenzeitschriften und Diäten.
© "Der Puppentest: Mittelmäßigkeit ist wundervoll": Textbeitrag von Winfried Brumma (Pressenet), 2015. Foto der Lammily Dolls mit freundlicher Genehmigung von Nickolay Lamm.
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