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Das DVD-Regal ist wohl gefüllt, bestens bestückt mit Filmen für die ganze Familie. Gemeinsames Fernsehen kann, bei uninteressantem Programm auf allen Kanälen, in einen Heimkinoabend verwandelt werden.
Wer geht da in Deutschland noch ins Kino? Zuhause hat man doch weitaus mehr Komfort. Popcorn kann in der Mikrowelle gemacht werden, heiße und kalte Getränke sind immer in Reichweite.
Das gilt auch für die Toilette. Der Gang dahin ist weitaus entspannter, wenn man sich nicht – leise Entschuldigungen murmelnd – an vielen Beinpaaren vorbeidrücken muss. Das Timing dafür ist nie richtig – denn selbst, wenn man glaubt, dass gerade eine eher langweilige Szene ansteht, ist garantiert der Bär los, sobald man es zum Ausgang geschafft hat.
Niemand hält den Film an, so wie es daheim gemacht wird, wenn jemanden ein natürliches Bedürfnis überkommt oder der Naschwerkvorrat aufgestockt werden muss. Außerdem sitzt man daheim immer in der Loge, denn niemand macht sich in der nächsten Reihe breit.
Rechnet man dann zu allen Unbequemlichkeiten noch die Kosten für eine Kinokarte hinzu, dann bleibt man besser zu Hause, denn für eine Familie kann da einiges zusammenkommen. Popcorn und Limo eingerechnet. Könnte man sich denken.
Und doch zieht es einen immer wieder mal zu solch einem Filmtempel. Trotz der unmöglich weit entfernten Toiletten und den Leuten in der Reihe vor uns, die oft Gardemaß haben (die kleineren Kinobesucher sitzen hinter uns und meckern, weil unsere Köpfe vor ihnen aufragen).
Das kann an einem nostalgischen Gefühl liegen. In der Kindheit war so ein Kinotag etwas ganz Besonderes. Es roch sogar besonders. Jeder schwatzte mit jedem, es war ein richtiges Gesummse im Zuschauerraum. Man musste Leuten platzmachen, die noch einen Sitz suchten, oder anderen, die noch einmal hinaus wollten – es war eine Art Ouvertüre. Und dann, wenn die Lampen langsam ausgingen, also sehr langsam – dann war das ein unbeschreiblich verheißungsvolles Gefühl. Kino eben.
Die Vorfilme gehörten dazu und wurden genossen, manchmal lachte man auch über dämliche Sprüche aus der Dunkelheit. War der Film zu Ende, hatte das etwas von "erwachen" an sich. Man war für neunzig oder auch mehr Minuten anderswo gewesen. Und das weitaus intensiver, als es das Heimkino bewirken kann. Das liegt natürlich zum Teil an der großen Leinwand, aber auch an der Atmosphäre. Man hat sich wirklich aufgemacht, zu Fuß oder per Auto oder Bus, um sich für eine Zeit in einem anderen Land oder einer anderen Zeit aufzuhalten. Man ist nicht einfach von Küche zu Wohnzimmer gewechselt, in Pantoffeln.
Der Spaß, nach einem guten Film noch irgendwo einzukehren und sich über das Gesehene zu unterhalten, gehört einfach dazu. Man ist noch mitten im "Besonderen" und genießt es.
Außerdem gibt es Filme, die man das erste Mal auf der Leinwand gesehen haben sollte. Der Eindruck davon ist noch zu spüren, wenn man sie auf DVD wieder und wieder ansieht – so als läge noch der Glanz des Besonderen darauf.
Hin und wieder sollte man sich eine Traumreise, sprich: einen Kinoabend gönnen. Gerade heute, wo die unzähligen technischen Möglichkeiten das Filme sehen zu einer ganz alltäglichen Sache machen.
© "Wer geht denn heute noch ins Kino?": Textbeitrag von Winfried Brumma (Pressenet), 2016. Bildnachweis: Kinostreifen (Illustration), CC0 (Public Domain Lizenz).
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