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Wir denken an Menschen mit gelber Armbinde, die sich mit einem Stock mühsam den Weg ertasten, oder vielleicht fällt uns hier und da ein großer Hund mit einem sonderbaren Geschirr auf. Bei näherem Hinsehen erkennen wir das Tier als Blindenhelfer. Ein behinderter Mensch also ... alles klar.
Rollstühlen weicht man relativ mühelos aus, viele dieser Gefährte schlängeln sich mit Motorkraft durch die gehenden Passanten auf der Straße, manch ein Rolli wird von einem Erwachsenen geschoben, weil ein Kind darin sitzt – eines, das augenscheinlich körperlich oder geistig behindert ist. Man nimmt das wahr, aber man vergisst es schnell wieder – so schnell wie möglich.
Manchmal sind wir beim Fernsehen auf einem Kanal, der die Sprecher in der Gebärdensprache synchronisiert und sehen fasziniert eine Weile zu, bevor wir umschalten. Gehörlose sind Behinderte, ebenso wie Blinde oder geistig eingeschränkte Menschen. Noch heute ist das Wort nicht unbedingt eines der beliebtesten in unserer Sprache, manche Leute sprechen lieber von "krank", wenn sie ein Kind mit Down-Syndrom oder sonst einer Beeinträchtigung sehen.
Das Wort "Behinderung" impliziert eigentlich nichts weiter, als dass ein Mensch in Hinsicht seiner Aktionen andere Grenzen akzeptieren muss als die meisten anderen. Das nun wiederum ist etwas, das jeden Einzelnen betrifft, denn auf die eine oder andere Weise sind wir alle entweder temporär oder grundsätzlich behindert. Jeder, der nach einem komplizierten Bruch lange einen Gehgips oder eine Armschiene tragen musste, kann dies wohl bestätigen.
Eine Beeinträchtigung stellt einen Menschen allein schon beim Anziehen vor einige Probleme – sie behindert ihn. Es reicht schon, sich beim Zwiebelschneiden heftig in den Finger zu schneiden, denn das bedeutet, dass die betroffene Hand nicht zu hundert Prozent einsatzfähig ist für eine Weile. Die Brille ist zerbrochen und kein Ersatz zur Hand – dadurch ist man im Alltag sehr eingeschränkt. Eine starke Grippe ist eine Behinderung, denn sie lässt kaum zu, dass man sozial interagiert.
Wenn man die Zeiten zusammenrechnen könnte, in denen man auf die eine oder andere Weise eingeschränkt war in seinem Leben – durch Unfälle, Krankheiten oder andere Umstände – käme man wahrscheinlich auf eine lange Zeitspanne, die man als Behinderter verbracht hat. Der Grad spielt da keine Rolle, denn alles, was uns engere Grenzen setzt, kann dafür gelten. Ein entzündeter Hals hat schon manchen dazu gezwungen, per Zettelchen mit den Familienmitgliedern zu kommunizieren, ebenso wie eine Bindehautentzündung den Theaterbesuch unmöglich gemacht hat.
Warum nun Menschen, die permanent andere Grenzen akzeptieren müssen, ausgegrenzt werden, ist eine berechtigte Frage. Schließlich geht es nicht um Charaktereigenschaften, sondern mehr um zufällige Umstände. Ob nun ein Rollstuhlfahrer eine Knochenmarkskrankheit hat oder ob ein allzu schneidiger Motorradfahrer sein Bike mit einem Rolli vertauschen muss ... die Blicke der anderen sind dieselben. Niemand wird wütend sagen: "Bei mir ist das aber anders, ich konnte ja mal laufen."
Behindert werden die Menschen zunehmend auch durch psychische Krankheiten wie Phobien oder Depressionen, die in hohem Maße das "normale" Leben unmöglich machen. Zum Beispiel ist ein an Schlaflosigkeit leidender Mensch in allen Belangen des täglichen Lebens behindert, da er kaum die von ihm verlangte volle Leistung erbringen kann. Das gilt auch für alkoholkranke oder rauschmittelsüchtige Menschen, die allerdings nicht als behindert gelten, obwohl sie es mit Sicherheit sind. Ihr Leben ist eine lange Reihe von täglichen Beeinträchtigungen.
Was wünschenswert wäre – nicht nur am dritten Dezember – ist ein neues Verständnis für diejenigen, deren individuelle Situation sie ständig dazu zwingt, anders zu agieren als es die breite Masse tut. Wendet man das Wort auf diese Weise an, ist der Tag der Behinderten ein Tag für jeden Einzelnen von uns.
© "Der Internationale Tag der Behinderten am 3. Dezember": Textbeitrag von Winfried Brumma (Pressenet), 2010. Bildnachweis: Person im Rollstuhl, CC0 (Public Domain Lizenz).
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