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Menschen einteilen in Gruppen ist zuweilen notwendig, auch wenn sich das nicht richtig anfühlen mag. Doch jeder von uns muss seine Welt für sich bauen und begreifen, und jeder von uns hat andere Orte in dieser Welt.
Mich hat vor Jahren eine Fernsehserie stark beeindruckt: Mary's Baby. Im Wesentlichen ging es um ein Experiment eines Forschers, der einen weiblichen Gorilla mit seinen Spermien künstlich befruchtete und das männliche Kind dann in seine Familie integrierte. Natürlich ohne den Hintergrund des Babys jemals zu enthüllen. Das im Aussehen rein menschliche Kind entwickelte sich gut und zeigte große Intelligenz, ebenso wie ein sehr gutes soziales Verhalten.
Als der junge Mann dann zum Militär kam, konnte er bei Übungen, die das Töten anhand eines Dummys trainieren sollten, eine Sperre nicht überwinden, sobald er das aufgemalte Gesicht sah. Gorillas tun so etwas nicht, sie haben ebenfalls diese Sperre und gelten als friedlich und sanftmütig. Ich fand das interessant und überdies sehr wünschenswert, denn diese Barriere scheint bei unserer Spezies nicht gerade unüberwindlich.
Jahre später begegnete mir so etwas wieder, ebenfalls bei einer Serie, die an den alten Film "Westworld" mit Yul Brynner anknüpfte. Im Film gab es diesen Vergnügungspark, der wahlweise das Alte Rom, den Wilden Westen und das Mittelalter als interaktiven Urlaub anbot. Völlig lebensecht bevölkerten Roboter diese Vergnügungswelten und machten die Illusion perfekt. Bis sie durchdrehten.
In der Serie gibt es nur den Westen, dafür sind die Androiden um vieles perfekter. Wer hier bucht, kann ein nettes Erlebnis mit der Familie haben, aber er kann auch so richtig die Sau rauslassen. Leute erschießen, sich an Frauen vergehen und die bösesten Träume wahr werden lassen. Was auch viele Besucher tun. Schließlich geht es ja nur um Androiden, nicht um Menschen.
Da ist aber ein Urlauber, der nicht zum Töten fähig ist. Als sein Kollege kaltblütig um sich schießt und reihenweise Androiden abknallt, ist dieser bestimmte Mann völlig entsetzt. Ihm ist bewusst, dass keine Menschen sterben, aber ihn widert das Verhalten des anderen Mannes an. Er selber ist höflich, hilfsbereit und freundlich zu all den anderen, auch zu der Androidin, die durch Zufall mit ihm reist in diesem Abenteuer. Für ihn gibt es diese Barriere auch, so wie für den jungen Mann in der Serie Mary's Baby: ein menschliches Gesicht hält ihn ab. Dabei wäre es so einfach und würde nicht bestraft werden.
Wie die Sache ausgeht, weiß ich noch nicht; alle DVDs habe ich noch nicht gesehen. Aber das ist auch nicht wichtig. Denn als ich noch darüber nachdachte, kam mir mein eigenes Spielverhalten in den Sinn. Ich mag Adventures der Elder Scrolls Reihe. Also die Welten von Morrowind, Oblivion und Skyrim. Man kann, wenn auch in bescheidenem Rahmen und während man auf einem Stuhl sitzt, große Welten entdecken und im Prinzip tun, was man will. Es gibt zwar Gesetze und auch solche, die ihnen Geltung verschaffen, aber das kann man umgehen.
Man kann auch jagen, denn Wild gibt es genug. Allerdings kann ich das nicht. Im wirklichen Leben würde ich das nie tun, und im Spiel bringe ich das auch nicht fertig. Ganz zu schweigen vom Töten, ohne angegriffen zu werden. Jede dieser Welten kennt Assassinen, aber diese Quests spiele ich nie, weil ich niemandem auflauern will, um ihn zu ermorden. Verrückt? Sicher. Aber für mich fühlt es sich falsch an. Ich bin zwar mit Schießereien im Wilden Westen und in Krimis aufgewachsen, aber nicht mit Videospielen. Liegt es vielleicht daran?
Nicht, dass ich glaube, jemand der begeistert im Spiel tötet, würde das auch in der realen Welt tun. Er weiß ja, dass es sich nur um ein gut geschriebenes Programm handelt.
Was also läuft da falsch bei Mary's Sohn, bei diesem einen Besucher von Westworld und Gamern, die sich an ihre gewohnte Sicht der Dinge halten? Und die genau wissen, dass der Mensch da vor ihnen nicht echt ist? Was ist da verantwortlich, und woran liegt es, dass manche diese Hemmung haben und andere nicht?
Gorilla-Gene vielleicht? Wenn ja, bräuchten wir mehr davon.
© "Brauchen wir Gorilla-Gene um friedlich zu sein?". Ein Textbeitrag von Izabel Comati (Pressenet), 10/2020. Bildnachweis: Friedlicher Gorilla, CC0 (Public Domain Lizenz).
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