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(April 2010) Es ist vielleicht eine interessante Alternative bei Umweltfragen, die geistigen Führer der großen etablierten Religionen zu konsultieren. Die mittleren und großen Patriarchen melden sich recht gerne zu Wort, wenn es Umweltthemen oder die Politik betrifft und verwirren die Gläubigen aller Fraktionen noch mehr.
Wo unlängst ein deutscher Bischof glasklar erkannte, dass die wilden und zügellosen sechziger Jahre für die Übergriffe katholischer Priester verantwortlich sind, setzt nun ein muslimischer Kollege fröhlich einen drauf. Denn wie iranische Medien berichteten, hat der Kleriker Kazem Sedighi eindeutig erkannt, wieso es zu schweren Erdbeben im Iran* kommt: Er hält die zu leicht und unzüchtig bekleideten Frauen für die Ursache, denn: "Viele Frauen, die sich nicht angemessen kleiden, verführen junge Männer zur Unkeuschheit und verbreiten Unzucht in der Gesellschaft, was letztendlich zu Erdbeben führt."
Unter unzüchtiger Kleidung versteht der Mann des Glaubens enge lange Mäntel und zu locker sitzende Kopftücher. Man kann dem Mann durchaus beweisen, dass er irrt, denn sollte seine Annahme stimmen, wären die meisten Kontinente schon längst in riesige Erdspalten gestürzt, die sich angesichts der Strand- und Stadtkultur hätten auftun müssen. Oder der Kleriker hat noch nie ein westliches Freibad oder eine Fußgängerzone im Sommer gesehen. Vermutlich wäre es unangebracht, Sedighi zu diesem Punkt zu befragen ... wahrscheinlich denkt er sich die Erde fein säuberlich eingeteilt in Zuständigkeitszonen, verschiedene Götter betreffend.
Was für den jüngsten Vulkanausbruch in Europa verantwortlich ist, weiß man noch nicht so genau, aber wahrscheinlich keine leicht geschürzten Isländerinnen. Island ist nicht unbedingt das wärmste Land der Erde, und um diese Jahreszeit wird sich wohl niemand in knappen Shorts im Freien aufhalten, weswegen sittliche Verfehlungen als Ursache für das Erwachen des Vulkans ausscheiden. Eine denkbare Möglichkeit wäre höchstens, dass durch himmlisches Eingreifen die Betreiber der Airlines abgestraft werden sollen, weil deren weibliches Bordpersonal zu enge Uniformen trägt. Das wäre ein ziemlicher Umweg, aber himmlische Wege sind eben unergründlich.
Ein weiteres Naturdrama spielt sich gerade in aller Stille – aber dafür mit tödlicher Stetigkeit – an den Polen ab. Die nämlich verlieren in beängstigender Weise an Konsistenz, was auf gar nicht so lange Sicht das Aus für viele Arten bedeutet. Die ach so beliebt gewordenen Eisbären, jedenfalls dann, wenn sie Babys im Zoos sind, würden sich normalerweise schon seit längerer Zeit an die Vereinten Nationen wenden, weil ihr Lebensraum schwindet, wären sie der Sprache mächtig.
Man kann sich fragen, wer ihnen dann als Schuldige präsentiert würde, denn die menschlichen Bewohner dieser Regionen pflegen eher selten im knappen Tanga durch die Tundra oder über das Eis zu hüpfen. Das kommt in diesen Gegenden so nicht vor, aber möglicherweise könnte man gemischte Schwitzhütten oder sündiges, nicht nach Geschlechtern sortiertes Baden in heißen Quellen als auslösenden Faktor sehen.
Das Verschwinden des südamerikanischen Regenwaldes hingegen könnte tatsächlich in das Schema passen, natürlich nur, wenn man einen Zusammenhang zwischen abgrundtiefer Dummheit und nackten Indianern sieht. Aber dazu muss man die Verbindung zu fehlgeleiteten und ignoranten Liebhabern von Möbeln aus exotischen Hölzern und kaum bekleideten Ureinwohnern des dortigen Dschungels herstellen.
Mit gewissenlosen Geschäftemachern hat die gedankenlose und völlig auf Profit ausgelegte irrsinnige Abholzung sicherlich nichts zu tun. Göttliche Botschaften, in Bezug auf Keuschheit und Sittlichkeit, sind nicht unbedingt logisch, aber wer würde das hinterfragen wollen. Vielleicht könnte man das biologische Gleichgewicht des Regenwaldes retten, indem man per Luftbrücke Kleidung für die Bewohner in das Krisengebiet bringt. Das sollte aber schnell geschehen, denn da man auf sie Jagd macht wie auf Hasen und sie somit als Hindernisse ausschaltet, werden sie in absehbarer Zeit keine Textilien mehr benötigen. Das allerdings würde das Problem ebenso gut lösen, und ganz im Sinne der Tugend – denn sie wären zwar tot, die Amazonas-Indianer, aber dafür würden sie auch nicht nackt herumlaufen.
Die Zeiten, in denen Götter direkt mit dem Finger auf einen Straftatbestand zeigten und die erzieherische Maßnahme sofort einleiteten, sind wohl vorbei. Es scheinen da subtilere Methoden in Mode gekommen zu sein, wie zum Beispiel die Beeinflussung von Staatsoberhäuptern. Manche empfangen vermutlich im Schlaf oder bei der Meditation die Weisung, unterirdische Atomversuche zu befehlen (es besteht ja eine winzige Chance, dass diese etwas mit Erdbeben zu tun haben).
Der Schub jagt durch Meere, Platten, Krusten und sonstige geologische Gegebenheiten und bricht sich da Bahn, wo er soll: Im Land der zu locker sitzenden Schleier oder sonst einem Sündenbabel. Um unsere Welt zu retten, müssen also nicht zerstörerische Pollutionen gestoppt oder Riffe gerettet, die Atomkraft nicht geächtet und Autos mit Wasserstoff betrieben werden ... wir müssen nur mehr Baumwolle anpflanzen, um die Nackten zu bekleiden.
Das klingt recht einfach und sollte in Angriff genommen werden. Platz für Felder gibt es genug – schließlich sind die Pole nach neuesten Schätzungen vielleicht schon in zwanzig Jahren eisfrei.
*Anmerkung des Verfassers: Teheran liegt geographisch auf einem Punkt, an dem tektonische Platten aufeinanderstoßen und die Chance für schwere Erschütterungen recht hoch ist, weswegen die iranische Regierung einigermaßen in Sorge ist. Seismologen haben vor schweren Beben in der Region, speziell im Gebiet der Hauptstadt gewarnt und befürworten sogar eine Verlegung.
© "Ursache und Wirkung: Unkeuschheit führt zu Erdbeben": Textbeitrag von Winfried Brumma (Pressenet), 2010.
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