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Nachdem man sich immer wieder fragt, wieso um alles in der Welt Kinder sexuell missbraucht werden und wieso das gerade in klerikalen Kreisen dermaßen häufig vorkommt und ratlos den Kopf schüttelt, kann man auf das Wissen und die Erleuchtung des Augsburger Bischofs Mixa zurückgreifen.
Dieser Mann Gottes hat die Antwort auf diese drängende Frage gefunden und teilt sein Wissen mit der interessierten und ratlosen Welt.
Die sexuelle Revolution, die in den sechziger Jahren des vorigen Jahrhunderts ihren Anfang nahm, sei schuld daran. Die teuflische Freizügigkeit der Massen in Sachen Sexualität und Liebe beinhaltet in den Augen des Kirchenmannes das Quälen von Kindern und Jugendlichen auf sexuelle Weise. Das bedeutet wohl, dass ein gesundes sexuelles Empfinden sehr gefährlich ist, zumindest für Minderjährige – oder wie soll das verstanden werden?
Beleuchten wir doch ein wenig das Thema im Lauf der Jahrtausende. Am Anfang war der Sex. Die Menschen der Vorgeschichte tabuisierten vermutlich nichts, das ihnen ebenso natürlich schien wie es uns heute scheinen sollte. Der sexuelle Akt war nicht mit irgendetwas Bösem belegt und deshalb in keiner Weise tabuisiert. Was das Schamgefühl betrifft – nun, das variierte durch die Geschichte beträchtlich und richtete sich einfach nach den Gegebenheiten.
In einer Höhle, die einem ganzen Clan Unterschlupf bietet, wird es nicht ausbleiben, dass der Geschlechtsakt keine heimliche Sache ist, die von niemanden bemerkt wird. Die Peinlichkeit, wie wir sie kennen, wird wohl nicht stattgefunden haben. Sie hätte auch keinen Sinn gehabt. In den Langhäusern der Wikinger oder zur Bronzezeit wird es kaum anders gewesen sein – wo immer Menschen zusammen auf engem Raum lebten, war der Sex eine Sache, die zum Leben gehörte. Das gilt auch für das Mittelalter, wo nur der Hauseigner und seine Frau ein Bett mit Vorhängen hatten, alle anderen schliefen ringsum auf Bänken. Daher kommt übrigens auch das dumme Wort "Bankert". Es bezeichnet ein Kind, das vom Herrn auf der Bank mit einer Magd gezeugt wurde, und nicht etwa im ehelichen Bett mit seiner Frau.
Wenn man sich vergegenwärtigt, dass die Ehe eine wirtschaftliche und erbrechtsmäßige Institution war, wird die Bedeutung der Sexualität in dieser Zeit klarer. Die Menschen jener Zeit dachten zweigleisig in dieser Hinsicht. Denn zum einen war man ein lebensfrohes Völkchen, das Genüsse zu schätzen wusste, andererseits war das kirchliche Korsett enger als eine Garotte. Diesem Zwiespalt, der sich oftmals in einem grenzenlosen Hass auf die Sexualität und damit auf Frauen manifestierte, fielen viele Menschen zum Opfer. Die Autoren des Hexenhammers mögen als Beispiel dienen für diese These. Die Legionen von Dämonen und Teufeln, die die Menschen heimsuchten und allgegenwärtig ihr Unwesen trieben, entspringen nach Meinung des Autors meist diesen zwiespältigen Gefühlen.
Im Gegensatz zur Antike, die so etwas wie die heilige Prostitution kannte und Sexualität auch als sakrale Handlung etabliert hatte, war nach der Christianisierung alles diesbezügliche schmutzig geworden. Es gab Zeiten, in denen die Kirche den Akt nur den Eheleuten erlaubte, allerdings nach genauen Reglements. Was nicht erlaubt zwar zwischen Mann und Frau würde Bände füllen. Man hätte am liebsten gesehen, dass nur eine verkrampfte, peinliche und freudlose schnelle Vereinigung stattfand. Wenn man die berühmten langen Nachthemden mit dem in Kreuzstich umsäumten "Türchen" kennt, auf die zum Überfluss auch noch "Mit Gott" gestickt war, dann weiß man, dass es wohl genau so war. Was für eine Atmosphäre in solch einem Schlafzimmer geherrscht haben muss, möchte man sich nicht unbedingt vorstellen.
Im Lauf der Geschichte haben sich Freizügigkeit und Verklemmtheit immer wieder abgewechselt – von den Tempeln der Antike bis zu den Minnehöfen des Mittelalters.
In Versailles begrüßte ein artiger Kavalier durchaus eine Dame mit einem Kuss auf eine schön gewölbte Brust, die kaum bedeckt von einem seidenen Mieder war. An den spanischen Höfen suchte man lange Zeit mittels Bleiplatten das Wachstum des Busens zu hemmen. In China war die Kunst der Liebe eine sehr angesehene, und das philosophische Werk des Kamasutram band diese mit in das Weltbild ein. Die Germanen gaben sich in dieser Hinsicht eher zurückhaltend – die Hand einer Frau zu halten, die nicht die eigene war, konnte einem Mann eine empfindliche Strafe einbringen. Die Kelten sahen diese Angelegenheit weitaus lockerer, die Ägypter und Kreter ebenfalls.
In Deutschland wurde der Sex in Zeiten des Nationalsozialismus instrumentalisiert. "Deutscher Mann, hast du heute schon deine Pflicht getan?" Hier wurde nur auf Zeugung für den Führer Wert gelegt – jedenfalls nach außen hin. Wie bei Hausvieh wurden Zuchtbücher angelegt und Menschen gepaart. In diesem Licht gesehen wird manches erklärbarer, was diese Zeit so entsetzlich machte.
Dass man das neu erwachte natürliche Interesse der sechziger Jahre als sexuelle Revolution betrachtet hatte, ist vermutlich übertrieben. Tatsache ist, dass man die Zwänge und Verteufelungen satt hatte und sich in diesen Bereichen nichts mehr vorschreiben lassen wollte. "Wer zweimal mit demselben pennt, gehört schon zum Establishment." Dieser naive Spruch passt allerdings zum damaligen Zeitgeist, zu dem entscheidenen Umbruch. BH's wurden als Symbole für Bürgerlichkeit verbrannt und eigentlich schlief wirklich fast jeder mit jedem – theoretisch. Denn so viel Zeit war gar nicht bei dem vielen politischen Aktivismus. Die Welt der Bürgerlichen fühlte sich nicht wenig bedroht bei blanken Busen, langen Beinen und der Pille. Die war natürlich reines Teufelswerk in den neidischen Augen der Älteren und vor allem der Kirche. Und hat viel Elend erspart. Aber wie immer man das auch sehen möchte – es gibt keinen Zusammenhang zwischen frei gelebter gesunder Sexualität und Kindesmissbrauch.
Gesunde Sexualität findet niemals Befriedigung im Zwang – und deshalb kann so etwas nicht stattfinden. Eine verkrüppelte, tabuisierende und auch eine verdrängende Einstellung allerdings – vielleicht bei Klerikern – leistet diesem Verbrechen Vorschub wie sonst nichts.
Der Bischof sollte der Warnung gegenwärtig sein, im Bestreben, das Verbrechen der Patres verbal zu minimieren und die Schuld abzuwälzen, nicht allzu weit zu gehen. Denn der zynische Versuch, die Menschen für die Verweigerung des Gehorsams in Sachen Sexualität abzustrafen, indem man ihnen die Schuld der verbrecherischen Priester unterschiebt, könnte die längst fällige ultimative Rebellion gegen die Kirche und somit gegen eines der größten finanziellen Machtimperien auslösen. Irgendwann ist eine Grenze erreicht, Exzellenz.
© "Die Erleuchtung des Augsburger Bischofs": Textbeitrag von Winfried Brumma (Pressenet), 2010.
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