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Am 16. Oktober jedes Jahres ist Welternährungstag – aus diesem Anlass könnte man sich einige Gedanken über den Begriff "Ernährung" machen. Die steht und stand ja wohl immer im Mittelpunkt unseres Denkens. Dass eine Milliarde hungernder Menschen auf unserem Planeten dahinvegetieren, und mehr als 20-tausend davon allein täglich sterben, wird von vielen ignoriert.
Sich ernähren bedeutet, den Körper mit genügend Brennstoff zu versorgen, damit ein Funktionieren gewährleistet ist. Das wird wohl die größte Sorge der frühen Menschen gewesen sein, die erhebliche Mühe hatten, ihre Mägen zu füllen. Die Sache mit den Gourmets kam später.
Es ist zwar angenehm, wenn das, was man isst, auch gut schmeckt, aber zu den Zeiten der Jäger und Sammler war das wohl zweitrangig. Irgendwann konnte man darauf mehr Wert legen – und tat es auch. Seit Beginn der Menschheitsgeschichte haben die einen genug zu essen, die anderen übergenug, und wieder einige sind am Verhungern. So starben in der Antike ganze Völker und Stämme den Hungertod, während zum Beispiel die Römer Flamingozungen genossen. Den restlichen Vogel bekamen hoffentlich die Sklaven, oder wenigstens die Hunde.
Im alten Rom trieb man die Küchenraffinesse bis ins Groteske – der herrschende Überfluss machte Essen zur Kunst, zur Sucht und wahrscheinlich zur Selbstinszenierung. Wenn der Sklave mit der Feder den Brechreiz des Schlemmers hervorkitzelte, hatte das – anders als heute – einzig und allein den Zweck, durch das Sich-Übergeben wieder Platz für neue Köstlichkeiten, wie Honigschnepfen oder ähnliches, zu schaffen. Schließlich hat ein Magen, auch wenn er ständige Überfüllung gewohnt ist, nur ein begrenztes Fassungsvermögen.
Dass in vielen Weltgegenden zeitweise gehungert wurde, hatte viele Ursachen. Missernten waren keine Ausnahme, etwa alle drei bis vier Jahre war damit zu rechnen, man kannte das schon. Schädlingsbefall, Pflanzenkrankheiten oder Naturkatastrophen sorgten immer wieder für magere Zeiten. Im Krieg bestellte keiner die Felder, die Ernte wurde bis auf den letzten Halm zerstört oder die Speicher von den Siegern geplündert. Man war nie sicher vor dem Hunger. Seuchen konnten das Vieh befallen, jagdbares Wild wanderte ab.
Manchmal kam auch alles zusammen und die Einwohnerkopfzahl eines Gebietes näherte sich der Nullmarke. Das ist alles bekannt und gehört nicht der Vergangenheit an.
Während sich in modernen Gegenden der Erde Menschen den Finger in den Hals stecken, um genießen zu können, ohne ein Gramm zuzunehmen, sehen die Leute anderswo aus, als wären sie bei lebendigem Leibe mumifiziert. Familien sitzen beim Abendbrot und sehen Nachrichten, die in realen Bildern verhungernde Menschen zeigen. Nicht viele legen da die Gabel beiseite. Aber neu ist auch das nicht, so manche bissen in ein Fladenbrot auf den Rängen des Circus Maximus, während unten im Sand Menschen verbluteten. Was die Loge des jeweiligen Imperators betrifft, so werden es wohl raffiniertere Speisen gewesen sein.
Heute, da Bilder und Nachrichten in Sekundenschnelle um den gesamten Globus laufen und jede Art Elend vermitteln, da man Forschungssonden zu fernen Planeten schickt, um die Gegebenheiten dort zu erkunden, sollte es nicht möglich sein, dieses Ungleichgewicht in den Griff zu bekommen?
Einige Ernährungswissenschaftler sind der Überzeugung, dass die ausufernde Fleischviehhaltung einer der Gründe dafür sind, dass der Hunger nicht auszurotten ist. Nutzte man den durch weniger Vieh auch weniger belasteten Boden zum Anbau anderer Nahrungsmittel, wäre ein großer Schritt getan. Das mag wohl so sein, aber wer denkt bei seinem täglichen Steak oder Hamburger schon an den Mangel anderer. Nahrungsmittelspenden leiden auf dem Weg zu den Bedürftigen an unerklärlichen Schwund, wie das bei Spenden überhaupt die Regel ist.
Hierzulande werden überhöhte Preise für kleine, in Glanzfolie eingeschweißte Portionen von zweifelhaftem Nährwert gezahlt, weil die findige Industrie die Kinder als Zielgruppe nutzt, während eine Schüssel Reis für umgerechnet fünf Cent anderswo Leben retten könnte. Hier werden täglich Tonnen von Lebensmitteln weggeworfen, allein in den Privathaushalten. Was das Einstampfen von Tonnen lebenserhaltender Viktualien betrifft, um die Preise stabil zu halten, kann man anhand der Lage der Menschen in Krisengebieten nur bestaunen. Was für eine sonderbare Situation ist da geschaffen worden, die unter dem Banner der Marktwirtschaft das Helfen unmöglich macht?
Ohne Gedanken an wirtschaftliche und finanzpolitische Gründe zu verschwenden, sollte man das Problem auf den einfachsten Nenner bringen und naiv wie das Kind im Märchen von des Kaisers neuen Kleidern sagen: Aber es ist doch genug da!
Es ist nämlich genug da, dafür sorgen viele Faktoren wie modernste Methoden des Anbaus und der Bekämpfung von Schädlingen und vieles andere. Woran es hapert, ist einerseits die Verteilung, andererseits ungebremstes Profitdenken.
Wie ich schon sagte: Es ist angerichtet.
© "Welternährungstag: Es ist angerichtet": Textbeitrag von Winfried Brumma (Pressenet), 2010.
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