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Angela Sendzik: Ehrlich gesagt: Ich habe noch nie einen Fischotter in freier Wildbahn gesehen, obwohl ich zweimal bis zur einsetzenden Dunkelheit im Spreewald/Lausitz paddeln war. In der Lausitz soll der Fischotter doch häufig sein?
Steffen Göckemeyer: Über die Verbreitung des Fischotters in der Lausitz bzw. im Spreewald ist mir nichts bekannt, wohl aber sein Vorrücken von Osten her. Als scheue und nachtaktive Tiere können Fischotter tagsüber auch kaum beobachtet werden. In Niedersachsen führen wir Fischotternachweise unter anderem über Trittsiegel, also Laufspuren, über Losungen, Verbiss bei übrig gebliebenen Fischen sowie über Wildkameras durch.
AS: Was können Sie generell zu seinem aktuellen Vorkommen in Deutschland sagen? Welche Rolle spielen dabei Arten- und Gewässerschutz?
SG: Als Fischereiberater der Landwirtschaftskammer Niedersachsen kann ich mich qualifiziert nur über die Verbreitung des Fischotters in Niedersachsen äußern. In den vergangenen fünf Jahren hat sich der Fischotter tatsächlich sehr stark von Osten aus dem Elbegebiet kommend ausgebreitet. Seine Ausbreitung schließt darüber hinaus die Lüneburger Heide und die Weserregion mit ein. Aktuell soll der Otter auch schon im Gebiet Westniedersachsen (Region Osnabrück) angekommen sein. Sicherlich können Gewässerschutz und Fließgewässerschutzprogramm als wesentliche Bausteine für die erfolgreiche Bestandsentwicklung des Otters gesehen werden. Die Wasserqualität verbesserte sich bis hin zu einer durchaus zunehmenden Artenvielfalt in Flüssen und Seen. Als wesentlich für die positive Bestandsentwicklung kann auch die Nahrungsverfügbarkeit Fisch durch aquatische Zucht- und Lebensraumpflegeleistungen der Teichwirte eingeschätzt werden.
AS: Wie es der Artname Fischotter schon erkennen lässt, ist seine Leibspeise Fisch. Die Teichwirtschaft wiederum lebt vom Fischhandel. Sehen Sie den gewandten Schwimmer als Konkurrenz an?
SG: Ja, für Teichwirte in Niedersachsen muss der Fischotter als Konkurrenz und in besonders betroffenen Bereichen auch als Existenzbedrohung eingestuft werden. Besteht eine ganzjährig hohe regionale Otterbestandsdichte, beispielsweise an einem Bachsystem, an dem sich eine berufsmäßige Teichanlage befindet, lädt der Fischreichtum den Fischotter regelrecht ein zu jagen. Zudem sollte nicht vergessen werden, dass sich zusätzlich fischfressende Vögel wie Kormorane in den Teichanlagen zu schaffen machen können.
AS: Welche moderaten Maßnahmen können Sie ergreifen, um ein Eindringen des Otters in Fischteiche zu verhindern? Können spezielle Zäune oder Abdeckungen der Wasseroberfläche sein Eindringen nicht verhindern?
SG: Sicher, Zäune sind ein gutes Stichwort. Allerdings kann sich diese Maßnahme gegen ein Eindringen des Otters weitaus schwieriger und kostenlastiger gestalten, als die Errichtung eines normalen Zaunes wie ein Weidezaun: Das Vieh taucht nicht wie der Otter im Wasser ab um an die Nahrung zu kommen. Die Fischereiberatung der Landwirtschaftskammer Niedersachsen berät betroffene Teichwirte zu einem Objektschutz durch gezielte Einzäunungen besonders sensibler Wirtschaftsbereiche soweit möglich und fachlich vertretbar.
AS: Laut NABU (Naturschutzbund Deutschland e. V.) wird das Vorkommen des Fischotters in Deutschland von Teichbesitzern überschätzt. Die Populationen würden durch eine Freigabe für die Jagd ernsthaft gefährdet. Wie stehen Sie zur erneuten Jagd auf das Raubtier?
SG: Die fachliche Grundlage für diese NABU-Einschätzung ist mir nicht bekannt. Zu öffentlichen Naturschutz- und jagdpolitischen Darstellungen bezieht die Fischereiberatung der Landwirtschaftskammer Niedersachsen keine Stellung.
AS: Es geht um Ihre persönliche Meinung?!
SG: Als Fischereiberater möchte ich meine eigene Meinung und Emotionen nicht in den Vordergrund bzw. die Öffentlichkeit stellen. Das dient nicht der sachlichen Problembehandlung.
AS: Könnten Sie zumindest beantworten, wie Sie persönlich die allmähliche Bestandserholung des Fischotters in Deutschland finden: eher zustimmend oder ablehnend?
SG: Rund um das Thema Artenschutz und Bestandserholung können Sie gerne meine allgemeine Meinung hören: Artenvielfalt ist ein sehr hohes Schutzgut und der Otter in der heimischen Tierwelt ein wichtiger Bestandteil. Jedoch darf man in der heutigen Kulturlandschaft nicht diejenigen wirtschaftlich überfordern, die seit Jahrhunderten diese Landschaft mit pflegen und nachhaltig bewirtschaften sowie regional hochwertige Lebensmittel bereitstellen. Mit dem wirtschaftlichen Verlust von Teichwirtschaften würden wir auch aus Naturschutzsicht wertvolle aquatische Lebensräume und andere Artenschutzgrundlagen in der ansonsten meist "trockenen" Zivilisationslandschaft massiv gefährden.
© *Die freie Journalistin Angela Sendzik führte das Gespräch zu "Der Fischotter: Artenvielfalt ist ein sehr hohes Schutzgut" mit Steffen Göckemeyer, Fischereiberater der Landwirtschaftskammer Niedersachsen zur Verträglichkeit von Fischotterzunahme und Teichwirtschaft, im Jahre 2016. Bildnachweis: oben Fischotter-Paar, sowie unten einzelner Fischotter (beide CC0, Public Domain Lizenz).
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