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Der Mensch ist auf den Hund gekommen, das schon seit Tausenden von Jahren – und das ist auch gut so. Wie das eigentlich passierte, wie Mensch und Canide zueinander gefunden haben, darüber kann man nur spekulieren. Theorien gibt es da viele, und Fachleute sowie Schriftsteller haben so ein Szenario entworfen.
Wahrscheinlich entdeckten die Menschen der Vorzeit irgendwann die Nützlichkeit der Tiere. Möglicherweise hatten die Wölfe und ähnliche Tiere gelernt, dass es sich lohnte, auf den Fersen der Menschen zu bleiben, wenn diese jagten. Verletztes Wild konnte noch meilenweit laufen, zu weit für Menschen – aber nicht zu weit für Wölfe. Ein angeschlagenes Beutetier war einfacher zu schlagen.
Die Jäger wiederum beobachteten vielleicht ihrerseits die ungeladenen Jagdbegleiter und fanden heraus, dass es eine gute Idee war, diesen zu folgen. Wölfe konnten die Spur aufnehmen, wo die Menschen sie schon lange verloren hatten. Und um keine Jagd zu verpassen, trieb sich das eine oder andere Rudel in der Nähe der Menschen herum. Diese wiederum lernten mit der Zeit die feineren Sinne der vierbeinigen Nachbarn zu schätzen, denn nichts und niemand konnte sich unbemerkt nähern. Weder Tier noch Mensch.
Diese gegenseitige Duldung, und vielleicht auch Wertschätzung, währte vermutlich lange Zeit, ohne dass der nächst logische Schritt getan wurde. Zwar ist anzunehmen, dass die menschlichen Jäger die Wölfe sehr genau beobachteten und viel über sie wussten, aber wie kam es zu einem richtigen Zusammenleben? Hier könnte der Zufall eine wichtige Rolle gespielt haben. Ein verlassener und verwaister Welpe, der mit an das Lagerfeuer genommen wurde, vielleicht.
Ein Canidenwelpe ist unwiderstehlich, das wird auch in der Vorzeit seine Wirkung nicht verfehlt haben. Und als das possierliche kleine Tier heranwuchs, da zeigte sich die Nützlichkeit für jeden. So ein Tier in der Behausung ist eine vortreffliche Alarmanlage, was wohl in einer feindlichen Umwelt geschätzt wurde. Der absolute Durchbruch war höchstwahrscheinlich der Moment, als das erwachsene Tier sich als zum Clan gehörender Jagdbegleiter und hervorragender Fährtenleser erwies. Ein weiterer Welpe fand sich, oder wurde kurzerhand beschafft – und die Natur nahm ihren Lauf.
Schließlich wollte jeder so ein nützliches Familienmitglied haben. Und da sich Menschen und Caniden mit ein wenig gutem Willen verständigen können, stellten sich die neuen Clanmitglieder auf ihr menschliches Rudel ein. Mit der Zeit veränderten sich die bei den Menschen lebenden Wölfe oder Schakale, oder was immer den Genpool der Haushunde stellte. Sie wurden in ihrer Erscheinung und ihrem Wesen angepasster. Das alles passierte über eine sehr, sehr lange Zeit. Auf antiken Darstellungen, wie zum Beispiel ägyptischen Malereien, sieht man eindeutig mehrere Rassen von Hunden, die wohl verschiedene Aufgaben hatten.
Nicht anders als heute gab es im Altertum Jagdhunde, Kampfhunde, Hütehunde oder Schoßhündchen – und natürlich Menschen, die sich mit der Zucht beschäftigten, um die Tiere effizienter zu machen. So entstanden in den Weiten der Wüstenländer schnelle und leichte Läufer wie Sloughis, Afghanen und andere Windhunde, die jagdbares Wild über große Distanz hetzen konnten. Das Rennen liegt diesen Rassen im Blut, sie wurden sorgfältig dafür gezüchtet. Das sollte man bedenken, bevor man sich ein elegantes Windspiel zulegt, um es im Stadtpark an der Leine ein wenig auszuführen.
Seit die Menschen Tierherden besitzen, helfen ihnen Hütehunde dabei. Meist große und sehr zottelige Hunde, deren Fell einen recht wirksamen Dämmschutz gegen Wolfsbisse darstellt. Auf dem Balkan und in Asien entstanden viele Schläge von großen und starken Hunden, meist mit hellem Fell, die ebenso gut Lasten ziehen wie auch Herden beschützen konnten. Diese Tiere sind sogar imstande, alleine ihre Arbeit zu tun. Das gilt auch für die berühmten schottischen Collies, die allerdings nichts mit Lassie zu tun haben. Arbeitscollies sind sehr kluge und robuste Tiere, auf die sich ihr Herr voll und ganz verlassen kann.
Für andere Aufgaben wurden weitere Rassen kreiert. Terrier zum Beispiel, um in Dachs- und Fuchsbaue einzufahren. Diese niedrigläufigen mutigen Hunde sind Spezialisten auf dem Gebiet. Retriever fischten das erlegte Federvieh aus dem Wasser und legten es den Jägern vor die Füße. Andere wiederum, wie die Dalmatiner, stiegen vom reinen Jagdhund zum eleganten und glamourösen Begleithund der Reichen auf.
So ging es durch die Jahrhunderte recht gut, bis der Mensch das Reißbrett erfand und damit das Design. Hunde wurden nun nicht mehr auf Effizienz oder für spezielle Aufgaben gezüchtet, sondern für das Auge. Das tat den Hunden in den seltensten Fällen gut. Das Lotteriespiel mit den Genen ist immer ein zweischneidiges Schwert. Für ein erwünschtes Merkmal muss der Züchter meist ein unerwünschtes mit in Kauf nehmen. So wurde an den Dalmatinern so lange an der Größe und Form der Flecken herumdesignt, dass sich Taubheit etablierte. Das gilt auch für den so genannten Merle-Faktor, der vor allem Collies betrifft und die Tiere übrigens nicht hübscher macht.
Die deutschen Schäferhunde wurden dermaßen verbogen, dass ihr Rücken eher eine Rutschbahn darstellt. Die Sprungkraft sollte damit erhöht werden – macht sich gut auf den Turnierplätzen. Der mit elendigen Hüft- und Kreuzschmerzen geplagte Hund wird wohl keinen Trost in den vielen Pokalen finden, die Herrchen auf dem Regal stehen hat. Die wirklich sehr ursprünglich aussehenden Chow Chows wurden zu faltigen Teddybären niedergezüchtet, und die robusten Bulldoggen leiden unter Atemnot. Wo die Natur sich weigert, greift man zum Messer. Zurechtgeschnippelte Ohren und Ruten waren lange Zeit sehr in Mode. Beim Anblick eines chinesischen Shar Pei, einem im Volksmund "Faltenhund" genannten Asiaten, fragt man sich, was in den Köpfen von Züchtern eigentlich so vorgeht.
Beispiele gibt es unzählige für Qual- und Nonsens-Züchtungen. Irgendwie hat der Mensch vergessen, dass vor Urzeiten der Vertrag auf Gegenseitigkeit abgeschlossen wurde. Die Hunde haben meist den schlechteren Teil gehabt, da sie sich mehr dem Menschen anpassten als umgekehrt. Durch Jahrtausende sind sie ihm in die Städte oder auf die Schlachtfelder gefolgt – sie haben sich völlig in seine Hände begeben. Sie verzichteten auf ihre natürlichen Zyklen und büßten einiges an Instinkt ein.
Der Mensch nun sorgte für die Hunde und nahm sie in seinen Clan auf. Das ursprüngliche Abkommen sah wohl weder Sklaverei oder Quälerei, noch völlige Aufgabe des Selbst vor. Es ist an der Zeit, dass wir dies überdenken und zu der Partnerschaftsidee zurückfinden. Die Geschichte des domestizierten Hundes ist eine lange und leider nicht immer eine schöne – sorgen wir dafür, dass sie ein gutes Ende hat.
Vergessen wir nicht, dass Hunde unsere unvoreingenommensten Freunde sind, und lassen wir diese Freundschaft nicht völlig auf den Hund kommen!
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© "Auf den Hund gekommen – Vom Jagdbegleiter zur Nonsens-Züchtung": Textbeitrag und Abbildung von Winfried Brumma (Pressenet), 2010.
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