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(November 2009) Gerade feierte Deutschland ein rauschendes Fest zur Wiedervereinigung, nun geht es auf Weihnachten zu und die Kanzlerin dämpft die Stimmung. Die Bürger waren gerade so richtig positiv eingestellt, mit sentimentalen Rückblicken auf den Mauerfall und dem ganzen Drum und Dran – und nun wird nachgereicht.
Was ins eben noch glänzende Auge fällt, ist die Ankündigung für die Rentner – zwei Nullrunden sind im Gespräch. Besser gesagt: in Vorbereitung. Tja, das brauchten die Berufsabgänger vor Weihnachten, das hebelt den Konsumüberschwang ein wenig aus.
Aber das am Rande. Merkel spricht von einer Bewährungsprobe, vor der Deutschland stehe, und zwar vor der größten nach der Einheit. Das Land stecke in der größten Rezession seit der Nachkriegszeit. Aha, das klingt nun nicht gerade nach Optimismus. Die Sache mit dem gesetzlichen Mindestlohn wurde nun ja gerade gekippt, dafür aber das Kurzarbeitsgeld verlängert.
Und dann die Kernsätze des Ganzen, die da lauten: "Wir können scheitern oder wir können es schaffen." Eine 50:50 Wette, das ist soweit klar. Aber da nun so offene Worte gefallen sind, fragt man naiv nach: Was genau, Frau Merkel, können wir eigentlich schaffen? Da driften die Zielsetzungen von Regierung und Bürgern wohl ziemlich auseinander. Manche erinnern sich vielleicht noch dunkel an die Zeit, in der die Leute arbeiten gingen und dafür genug Geld bekamen, um davon leben zu können.
Leben, Frau Kanzlerin, ist etwas anderes als der monatliche Rechnungsmarathon, den eine Durchschnittsfamilie hinter sich bringen muss, um irgendwie kurz vor dem Ersten noch etwas zu Essen zu haben. Das soll also noch enger werden, denn wie Frau Merkel meinte: "Die Krise wird erst im kommenden Jahr ihre volle Wirkung zeigen."
Na gut, dann fällt Weihnachten eben aus. Und Silvester auch. Und Ostern ist noch weit. Aber da die Kanzlerin ihren Spaß hatte, wollen wir das auch und liefern unsererseits ebenfalls eine Erklärung ab. Eine Einschätzungserklärung nämlich. Und die lautet als da folgt: Dass sich die Arbeitssituation in diesem Lande nicht mehr verbessern wird. Wissen wir. Arbeit kann nicht hergestellt werden, auch wenn man das mit den unsinnigen Schildbürgereien, die sich die Arbeitsagentur leistet, verschleiert werden soll.
Kleine Betriebe kämpfen ebenso um das wirtschaftliche Überleben wie die Arbeiter und Angestellten und werden wohl kaum neue Mitarbeiter einstellen können. Mittlere Unternehmen, so sie noch vorhanden sind, werden auf Dauer nicht mehr mit Zuschüssen zum Einstellen von Mitarbeitern ermuntert werden können, denn dazu fehlen die Mittel.
Die großen Unternehmen betreiben eine rein monetär orientierte Unternehmenspolitik, die auf Personalabbau setzt, wo immer es irgendwie geht. Davon abgesehen produzieren viele im Ausland, wo die Sozialabgaben kein großes Thema sind und die Löhne lächerlich niedrig. Dort werden Gebrauchsgüter und Textilien für den Billigmarkt produziert, die die hiesigen Kunden meist kaufen müssen, obwohl sie wissen, dass anderswo Menschen in der Produktion ausgebeutet werden und nicht selten Kinder mit der Herstellung beschäftigt sind. Das Gewissen mag mit lauter oder leiser Stimme rufen, die Leute können nicht darauf hören, sie haben keine andere Wahl.
Nebenbei bemerkt greifen auch große Labels auf die Möglichkeit zurück, ihre überteuerten Waren in Billiglohnländern produzieren zu lassen, um die Gewinnspanne so hoch wie irgend möglich zu halten. Und nur weil in Deutschland Arbeitsplätze gebraucht werden, wird keine einzige Firma ihre Gepflogenheiten ändern. Wo soll also Arbeit herkommen, Frau Merkel?
Natürlich gibt es den Pflegebereich, da herrscht zuweilen sogar Personalmangel, aber keineswegs, weil es an Bewerbern fehlen würde. Einsparung ist auch hier das Gebot der ... Jahre. Außerdem hat der legale Sklavenmarkt in Deutschland einen großen Platz in der Wirtschaft erobert. Die Arbeitsagentur vermittelt an Betriebe und zahlt den Leuten einen Euro pro Stunde. Wer sich weigert, riskiert Streichungen. Auf diese Weise gräbt sich die Wirtschaft das Wasser ab, denn die billigen Arbeitskräfte machen das Einstellen regulärer Kräfte überflüssig.
So wird erreicht, dass sich die Bedürftigen selber in der Bedürftigkeit halten und dafür eine Art Aufwandsentschädigung erhalten. So werden Stellen in fast allen Bereichen ersatzlos gestrichen, weil man bei Bedarf einen Deal mit der Kommune machen kann. Also werden Arbeitslose und Bedürftige produziert und benutzt. Da sind zum Beispiel zwangsrekrutierte Arbeiter in den städtischen Anlagen mit Heckenschere und Mäher unterwegs, und die arbeitslosen ausgebildeten Gärtner sehen zu und wundern sich. Wir wundern uns nicht, Frau Merkel.
Wir können auch nicht mehr über das beliebte Austauschprogrammm der Arbeitsagentur lachen. Da muss sich ein arbeitsloser Familienvater aus dem Osten bei einer Firma am entgegengesetzten Ende der Republik bewerben und sich den Umzug bezahlen lassen, während die dortigen Arbeitssuchenden verzweifelt am Suchen sind und gegen ihren Willen sonst wohin exportiert werden.
Und bitte, nicht die Ausrede mit den Fachkräften für diese Verschwendung von Geldern ins Feld führen – wir wissen es alle besser. Der Abbau der Bürgerrechte und die Einschränkung der persönlichen Freiheit hat noch niemals einen Fortschritt in irgendeiner Art gezeitigt, das wurde anderswo schon mit nicht gerade gutem Ergebnis versucht.
Also Arbeit für alle wird es nicht mehr geben, nicht einmal Arbeit für viele. Die erstaunlichen Ideen Ihrer Regierung, Frau Kanzlerin, nach der die Bürger von immer weniger immer mehr bezahlen sollen, sind wohl kaum dazu geeignet, die Krise zu bewältigen. Das Hofieren der Unternehmen wird mit Sicherheit nichts bringen, denn die werden sich letztendlich an ihrem Gewinn orientieren und nicht am Krisenplan der Regierung. Auch wenn sie noch so viele ... nun, Vergünstigungen erhalten.
Soweit nun unsere Einschätzung der Lage. Wenn die Mauer nach so vielen Jahren endlich gefallen ist, um mitten im Land neue aufzubauen, nämlich solche, die die Angehörigen der verbleibenden zwei Klassen voneinander trennen, dann stand der Aufwand in keinem Verhältnis zum Resultat, Frau Kanzlerin.
© "Die Regierungserklärung: Deutschland auf Bewährung": Textbeitrag von Winfried Brumma (Pressenet), 2010.
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