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Alles Leben kommt aus dem Meer, das Meer ist das Leben. Das wissen alle und manche handeln danach. Andere allerdings nicht. Für den einen ist das Meer eine herrliche Urlaubskulisse, für den anderen eine riesige Wellenreitbahn.
Vergnügungsdampfer, U-Boote, Segelschiffe, Fischkutter und Walfänger – auf den großen Wasserstraßen dieser Welt ist viel Betrieb. Zu viel Betrieb wahrscheinlich, denn das größte lebende Wesen dieser Erde ist in akuter Gefahr. Überfischung, Verklappung von brisantem chemischen Material über Jahre hinaus, "Unfälle" mit Erdöl und unterseeische Atomtests haben dem größten lebendigen Wesen dieser Welt gnadenlos zugesetzt.
Sterbende Riffe sind unter anderem die Folge, und das ist nicht auf die leichte Schulter zu nehmen. Die ungeheure Artenvielfalt der Ozeane und auch der Tiefsee ist in ihrer Komplexität ebenso störanfällig wie andere biologische Systeme – vielleicht sogar in höherem Maße, berücksichtigt man die Störungen durch die Menschen. Stirbt das Meer, wird auch der Mensch sterben – das steht fest.
Die jüngsten Ereignisse sind mehr als besorgniserregend, denn wenn man hochrechnet, was auch nur ein einziger Liter Öl anrichten kann, sollten jedem von uns kalte Schauder über den Rücken laufen. Der Planet Erde ist – dies sollte auch den größten Ignoranten mittlerweile klar sein – ein lebendiges und daher auch sehr empfindliches biologisches System. Über 70% der Erde sind von den Weltmeeren bedeckt, die eine lebenswichtige Aufgabe haben. Verschiebungen, die das Meeresklima betreffen, können einschneidende Folgen haben, und zwar für die gesamte Umwelt.
In den letzten Jahren gab es viele gute Ansätze, um die schlimmsten Auswirkungen der zivilisationsbedingten Schäden in Grenzen zu halten. So war die Idee der künstlichen Riffe ein sehr guter Ansatz. Gibt man Meeresorganismen die Chance, sich auf geeigneten Stellen anzusiedeln, werden sie es auch tun. Und versenkte Konstruktionen aus verschiedenen Materialien sind ebenso wie Schiffswracks eine moderate Siedlungsfläche für eine ungeheure Vielzahl von wohnungssuchenden Lebewesen.
Lebendige Riffe sind unverzichtbar für das Gleichgewicht im Meer, allerdings sind sie bedroht. Die gigantischen Schleppnetze, die zur tödlichen Falle für zufällige Opfer wurden, sind immer noch nicht verboten. Diese Art der Fischerei radiert ganze Populationen aus und dezimiert die Bewohner vieler Gebiete empfindlich. Überhaupt ist die Hochseefischerei mit ihren schwimmenden Fabriken für die Überfischung vieler Bereiche zuständig.
Die Technisierung des vergangenen Jahrhunderts machte vieles möglich, auch die so gut wie gefahrlose Jagd auf Wale. Die riesigen Säuger werden gestellt, getötet und an Ort und Stelle praktisch völlig verarbeitet. Aber auch in diesem Bereich gibt es Ansätze, so ist der Waltourismus eine neue Einnahmequelle für jene, die nicht mehr von der Fischerei leben können. Natürlich kann auch hier übertrieben werden, aber diese Erlebnisse steigern das Verständnis für diese Meeresbewohner und helfen vor allem, die endgültige Ächtung der industriell walfangenden Nationen voranzutreiben. Denn gleichgültig, mit welchen Argumenten diese ihr Tun verteidigen: Es ist absolut unnötig, Wale zu fangen. Es gibt nichts am Wal, das nicht auch anders herzustellen wäre. Dies gilt für alle verwertbaren Teile.
Es gibt zwar Walfangquoten, aber es kann bezweifelt werden, dass sich alle Unternehmen an die Beschränkungen halten. Länder wie Japan treiben den Zynismus auf die Spitze, wenn sie behaupten, den Walfang nur aus wissenschaftlichen Gründen zu betreiben. Es ist nicht einzusehen, wieso es keine Sanktionen gegen die Unbelehrbaren geben sollte. Noch stehen Wegsehen oder aber diplomatische Schwierigkeiten zur Wahl – aber das wird nicht mehr lange so sein. Sobald die Schäden irreversibel sind und das große Sterben beginnt, werden politische Animositäten keine Rolle mehr spielen.
Anders ausgedrückt: Der Ast, auf dem man sitzt, wird mit der Kettensäge gekappt und nicht mit dem Fuchsschwanz. Der Verzehr von Seefischen ist im Übrigen schon längst nicht mehr bedenkenlos zu empfehlen – böse Zungen sprechen schon davon, dass man sich ein nettes Thermometer aus einer Makrele basteln kann – man muss nur eine Skala anbringen, denn Quecksilber ist genug enthalten.
Wo große Strandhotels das Geld bringen, wie zum Beispiel auf den Malediven, in Ägypten und an vielen Südseestränden, fließen die Abwässer der großen "Urlaubsmaschinen" oft ungeklärt ins Meer. Um gegen die Konkurrenz bestehen zu können, wird vielerorts mit Dynamit gefischt oder sogar mit giftigen Substanzen. Der Raubbau der Fänger bedroht die Riffe und die Arten, denn Wildfänge werden recht gut bezahlt, wenn auch diejenigen, welche nach den schwimmenden Juwelen tauchen, am schlechtesten dabei wegkommen. Da die Zierfische mit Hilfe von Gift gefangen werden, um eine große Ausbeute zu gewährleisten, kommt nur ein Bruchteil der stark angegriffenen Tiere bei den Händlern lebend an. Es geht hier nur um eines: um den Profit.
Die begehrte Tritonschnecke ist schon sehr stark dezimiert durch die berufsmäßigen Sammler, was dazu führt, dass sich deren Beutetier – ein Seestern, der Korallen frisst – ungehemmt vermehrt und zu einer echten Gefahr für das Riff wird. Zudem leiden die empfindlichen Korallenriffe unter den Hobbytauchern, die sich oft recht gedankenlos bewegen und dadurch Teile abbrechen.
Wahrscheinlich würden die meisten Menschen bei entsprechender Schulung von diesem Broterwerb absehen, könnten sie es sich leisten. Ihre Situation zwingt sie dazu, ihre Umwelt zu zerstören. Sie kämpfen um das Überleben und möchten, dass ihre Kinder es einmal besser haben sollen – aber dass auf diese nicht mehr als eine sterbende Welt wartet, die ihre Bewohner kaum noch ernähren kann, wird nicht realisiert.
Es ist nicht einfach so, dass irgendwelche Naturbesessene einen Aufstand wegen einiger bunter Fischchen und der malerischen Unterwasserwelt machen. Es geht um unseren gesamten Lebensraum. Es können bei dem "System Erde" keine Teilbereiche repariert werden, wie das in einer Autoreparaturwerkstatt gemacht wird. Man kann kein Modul austauschen, damit alles wieder störungsfrei läuft. Jede Ungleichheit wirkt sich in immenser Weise aus.
Nimmt man das Beispiel des menschlichen Körpers, so kann man die Ozeane als das schlagende Herz der Erde sehen. Und das steht kurz vor einem schweren Infarkt – nur, dass es keine künstliche Herzklappe geben wird. Hört der Schlag auf, stirbt die Welt.
© "Ozeane kurz vor schwerem Infarkt – Zum Tag des Meeres": Textbeitrag von Winfried Brumma (Pressenet), 2010. Bildnachweis: Sonnenuntergang, CC0 (Public Domain Lizenz).
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