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Oh Tannenbaum, wie grün sind deine Blätter ... einmal davon abgesehen, dass es Nadeln sind, die noch lange nach den Feiertagen aus allen möglichen Winkeln auftauchen, und zwar gleichgültig, wie oft man staubsaugt – dieses Lied gehört einfach dazu. Ein geschmückter Christbaum ist etwas, das für viele Menschen Weihnachten überhaupt erst ausmacht.
Seit dem Mittelalter ist es Brauch, einen schön herausgeputzten Baum in der Stube aufzustellen, und mittlerweile bezieht man diese Tradition auf die mittelalterlichen Paradiesspiele, die um diese Zeit in den Kirchen aufgeführt wurden und die Vertreibung aus dem Garten Eden zum Thema hatten. In Bezugnahme auf den Baum des Lebens hing man vor allem Äpfel und andere essbare Sachen an die Zweige, wahrscheinlich kam hier der Gedanke des ernährenden Gottvaters zum Tragen.
Neben Früchten und Backwerk gehörten auch Adam und Eva dazu, ihnen gebührte als Hauptpersonen wohl auch ein Platz am Baum, wobei die Schlange nicht fehlen durfte. Überhaupt waren es auch in der Folgezeit vor allem süße Sachen, die als Schmuck benutzt wurden, was den Weihnachtsbäumen zu manchen Zeiten auch den Namen "Zuckerbaum" eintrug. Später kamen bunte Abbildungen aus Papier oder anderem leichten Material hinzu, jedenfalls aber war der Baumschmuck lange Zeit etwas, das man selber herstellte – essbar oder nicht.
Die weihnachtlichen Basteleien haben hier wohl ihren Ursprung und waren ein ganz besonders wichtiger Teil des Advents und für die ganze Familie. Aus Papier oder Pappe ausgeschnittene Bildchen wurden an die Zweige gehängt, auch gab es Baumdekorationen aus Pappmaché, und natürlich entdeckten findige Händler diese Möglichkeiten.
Etwa in der Mitte des neunzehnten Jahrhunderts kam der Glasschmuck auf, der in großem Maße die althergebrachte Art des Baumschmückens verdrängte und sich zu einer gigantischen Industrie entwickelte. Die Tannenbäume wurden immer glamouröser und glitzernder, und die Kinder waren immer begeisterter, wenn so ein funkelnder Christbaum hell erleuchtet im Zimmer stand. Anfänglich waren die "Zucker- oder Paradiesbäume" nicht mit Lichtern versehen, diese Mode stammt aus dem siebzehnten Jahrhundert und wurde vom Adel eingeführt.
Das Beleuchten muss eine recht wacklige Angelegenheit gewesen sein, denn man hatte die Kerzenhalter für diesen Zweck noch nicht erfunden und behalf sich mit allerlei abenteuerlichen Kniffen – da Kerzen im Allgemeinen recht teuer waren, mussten vielerorts mit Talg gefüllte Walnusshälften oder ähnliches herhalten. Wie viele Tannen in Flammen aufgegangen sind, kann man nur schätzen. Als es dann gelang, Kerzen aus preisgünstigeren Materialien, wie zum Beispiel Stearin, herzustellen, gab es kein Halten mehr. Der heute noch gebrauchte Klemmhalter kam in Amerika etwa 1879 auf den Markt und verbreitete sich rasend schnell, da er der ganzen Angelegenheit Stabilität verlieh.
Elektrische Christbaumkerzen ließen nicht sehr lange auf sich warten. Diese wurden ab 1901 angeboten – im Weißen Haus waren bunte Ausführungen sogar schon einige Jahre früher in Gebrauch. Wie auch immer, das Schmücken des Baumes ist auch heute noch ein Ritual, das nicht wegzudenken ist – ganz gleichgültig, ob es sich nun um einen "echten" Baum oder um eine Nachbildung handelt. Kleine Kinder kennen das Wunder des Lichterbaumes, der plötzlich wie von Zauberhand hingestellt im Wohnzimmer glitzert – die Größeren freuen sich darauf, mit den Eltern den Baum zu schmücken.
Baumschmuck gibt es in allen erdenklichen Stilrichtungen, ob man es nun eher schlicht und einfarbig oder fröhlich bunt mag. Vielerorts wird noch der ererbte gläserne Baumschmuck vom Dachboden geholt und sehr sorgsam behandelt, denn jedes Stück ist praktisch unersetzbar. Hauchdünne kleine Kunstwerke, die Glöckchen, Vögel, Rentiere oder Engel darstellen und oft mit Farbe hinterlegt sind, werden aufgehängt, und als Glanzpunkt setzt man die Baumspitze darauf. Die ist meist ein besonderes Wunderwerk, das dem Baum letztendlich die Krone aufsetzt.
Manche Leute ziehen allerdings den großen Rauschgoldengel mit Spruchrolle vor (manchmal mit integrierter Spieldose). Dazu kommt unter Umständen Schnee aus der Sprühdose, der den geadelten einfachen Baum wieder zum Teil in den vorgetäuschten Naturzustand der schneebedeckten Tanne im Wald versetzt, optisch zumindest. Komplett wird das Ganze erst durch den gefüllten Wassereimer – den die Feuerwehr jedes Jahr den Feiernden anrät – sofern man echte Kerzen aufgesteckt hat. In diesem Sinne: Fröhliches Fest!
© "Oh Tannenbaum – Weihnachten mit Kerzen und Wassereimer": Textbeitrag von Winfried Brumma (Pressenet), 2010. Illustration des Weihnachtsbaumes aus The Illustrated Londons News von 1848; Lizenz: gemeinfrei.
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