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Niemand sollte sich aufregen über das neue Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung. Wieso auch? Hier wird doch nur gehamstert, was eigentlich sowieso jeder weiß oder in Erfahrung bringen kann.
Was glauben Sie, was passiert, wenn die Sprechstundenhilfe Ihre Krankenkassenkarte in den Computer schiebt, hm? Ich meine, sehen Sie der Dame jedes Mal über die Schulter? Na bitte! Die Daten sind sowieso codiert? Natürlich nicht, das macht die Verarbeitung einfacher. Der schnelle Zugriff auf alle Ihre medizinischen Daten – plus der verwaltungstechnischen – kann schließlich lebensrettend sein.
Wer sich darüber aufregt, ist selber schuld – kann zu Herzproblemen führen.
Sie können froh sein, wenn der Facharzt, zu dem man Sie überwiesen hat, schon im Vorfeld bestens informiert ist. Das spart Zeit – und Zeit spart bekanntlich Geld. Und Geld brauchen wir eigentlich alle.
Wie? Ja selbstverständlich weiß jeder über Ihre Konten und die Kontobewegungen Bescheid. Sie haben doch hoffentlich nichts zu verbergen, oder? Ist doch sicher alles auf Heller und Cent zu belegen und nicht etwa am Fiskus vorbeigemogelt. Wer eine reine Weste hat, muss nichts befürchten. Und wenn Sie einen Kredit nicht bekommen, weil Ihre Daten diesbezüglich gespeichert sind – ja, sehen Sie es doch ein: So können Sie keine weiteren Schulden anhäufen!
Dem Staat liegt nur Ihr Wohl am Herzen. Vor allem sollten Sie es positiv sehen, dass man Ihre persönlichen Daten umfassend abrufen kann. Machen wir uns nichts vor, keiner ist vor Versuchungen wirklich sicher. Straffällig werden kann im Prinzip jeder, da muss man immer einen Schritt voraus sein. Wenn Sie sich das nächste Mal wieder über diese sonderbaren Asozialen mit den Tattoos und den vier Kindern, die in der Straße wohnen, aufregen, können Sie sich sicher sein, dass die vielleicht vor der Nachbarschaft die braven Bürger spielen können – aber nicht vor der Polizei. Die wissen alles über die!
Und das ist doch der beste Schutz vor solchen Kriminellen, oder? Endlich können die anständigen Leute wieder ruhig schlafen. Da muss man einfach drüber wegsehen, dass die eigenen Daten irgendwo gehortet liegen und bei Bedarf abgerufen werden können. Sie hätten Ihrer Frau von dem vor 20 Jahren geklauten Kaugummi erzählen sollen. Ehrlich währt schließlich am längsten, nicht wahr?
Und wenn die Telefonanbieter Ihre Kommunikation speichern, dann ist dies doch nur prophylaktisch. Wissen Sie überhaupt, wie viele Straftaten am Telefon geplant werden? Überfälle, Terroranschläge, Amokläufe, Drogenübergabetermine – das alles hinterlässt Spuren in den Netzen. Und es ist doch schön zu wissen, dass durch diese geniale Speicherung der Mörder der 82-jährigen Rentnerin eine Straße weiter gefasst wird. Jedenfalls dann, wenn er mittels Flat alle seine Kumpels anruft und damit angibt. Das gibt uns allen ein sicheres Gefühl.
Seien Sie doch einmal ehrlich – was ist so schlimm daran, wenn auf Ihre Telefongespräche oder SMS zugegriffen werden kann? Die genauen Eckdaten über Sie sind ja sowieso gespeichert. Ihre Blutgruppe, Ihre Kinderkrankheiten, Kredite, eventuelle Vorstrafen, Wohnverhalten, Solvenz. Die Spuren, die Sie im Internet hinterlassen, sind kaum zu übersehen. Denen könnte ein Plattwurm folgen. Und Ihre Festplatte wird regelmäßig gescannt – an das mysteriöse Eigenleben eines Computers haben wir uns doch schon gewöhnt.
Durch die Telefonate, in denen sich der eigentliche Mensch zeigt, kommt ein rundes Bild Ihrer Persönlichkeit zustande. Das macht alles doch ein wenig intimer, ein wenig farbiger und menschlicher. Darüber sollten Sie sich freuen. Die unpersönliche Ansammlung der gesamten Daten gewinnt so ein wenig mehr an Individualität. Schließlich will man ja nicht auf endlose Zahlencodes reduziert sein. Da hat man doch weit mehr zu bieten. Und halten Sie sich bitte vor Augen, dass es vor allem darum geht, dass potenzielle Straftäter bzw. Verdächtige schon im Vorfeld gestoppt oder festgestellt werden. Na sehen Sie!
Halten Sie sich nicht unnötig vor Banken oder auch Kindergärten auf, das könnte ein schlechtes Licht auf Sie werfen. Kommt dies zu oft vor, könnte Zugriff auf die Vorratsdatenspeicherung genommen und Ihre Gespräche der letzten Monate geprüft werden. Sprechen Sie niemals über Ihre Steuererklärung mit dem besten Freund, außer im Freien. Denn wenn keine verdächtigen Kommunikationen gefiltert werden können, greift vielleicht die gute alte Amtshilfe. Soll ja nicht umsonst gewesen sein, der Aufwand. Sie sehen, es gilt nur einige einfache Regeln zu beachten – und für Sie ändert sich durch das neue Gesetz nichts. Für die nationale Sicherheit werden Sie doch bereit sein, ein kleines Opfer zu bringen. Da sind wir alle gefordert.
Wie bestimmt wird, wer ein potenzieller Täter oder auch ein Verdächtiger ist? Nun, so genau kann man das nicht erklären – aber seien Sie auf jeden Fall nett zur Verwandtschaft und zu den Nachbarn.
© "Alles bestens – Legt Vorräte an für's nächste Jahr!": Textbeitrag von Winfried Brumma (Pressenet), 2010. Bildnachweis: Datenspeicher Festplatte, CC0 (Public Domain Lizenz).
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