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Bär. Foto: Lothar Seifert
Kaum ein Tier zeigt sich so Respekt einflößend wie der Bär – hoch aufgerichtet erreichen einige Arten Mannshöhe und sogar weit darüber. Eisbären zum Beispiel gelten als die größten Landraubtiere der Erde, sie sind – wie alle Großbären – ein Bild der schieren Kraft.
Bären haben auch nichts Kuscheliges an sich – das wird jeder bestätigen können, der so einem Tier schon einmal begegnet ist, sie können mit einem leichten Tatzenhieb Fürchterliches anrichten, wenn sie es wollen. Sogar ein Sternbild ist nach dem Bären benannt: Ursa Major, die große Bärin. Und da kommen wir der Bedeutung schon sehr nahe, denn die Bärin ist das Sinnbild der Mutter Erde. Sie lebt mit ihr und in dem eigenen Rhythmus der Jahreszeiten: im Winter ziehen sich Bären zurück, um die kalte Zeit zu verschlafen, im Frühjahr paaren sie sich, und den Sommer sowie den Herbst nutzen sie, um in ihrem mächtigen Körper Fettvorräte für den Winter anzulegen.
Möglicherweise trug eben diese Art des Lebens dazu bei, dieses Tier als Symbol der fruchtbaren und lebendigen Erde anzusehen, denn es lebt augenscheinlich im Einklang mit ihr. Der Rückzug für die tote Jahreszeit in die warme Höhle – also den Schoß der Mutter – machte ihn in den Augen der frühen Menschen vielleicht zu einem Weisen, einem Geheimnisträger, der ganz nahe beim Herzen der großen Mutter weilte, während sie selber schlief – dann, wenn alles Leben in Kälte erstarrte. Und zur Zeit des Erwachens verließ er den Schutz und stellte sich dem Leben, jedes Jahr aufs Neue. Ein Symbol für den Kreislauf des Lebens selber und ein Hüter der Erde.
Kraftvoll und unerschütterlich, ruhig und gelassen scheint der Bär zu sein – aber er verlangt absoluten Respekt für sich und das, was er ist. Er verschwendet seine Kraft nicht unsinnig, er geht mit sich und seinen Ressourcen auf die bestmöglichste Art um – und er leistet sich, im Bewusstsein um seine Kraft und seine Fähigkeiten, auch einmal eine Zeit auf der "faulen Bärenhaut". Falls jemand sich daran stören würde, so käme wohl niemand, der weiß, was gut für ihn ist, auf die Idee, sich vor die Bärenhöhle zu stellen und ihn einen Faulpelz zu schimpfen.
Der Bär begibt sich vertrauensvoll in den Schutz der Höhle und ist dort in seiner Mitte, seiner Lebensquelle am allernächsten. Und darin liegt auch die Botschaft für uns: "Vertraue auf deine Kraft, nutze sie – aber vergeude sie nicht. Wovor solltest du dich fürchten? Niemand kommt dir gleich und niemand kann dir etwas antun, wenn du nur Vertrauen hast." Die Kraft des Bären, die Ruhe in der warmen Höhle am Herzschlag der Erde, das sind Bilder, die jenseits aller Ängste liegen. Wer Grund hat ihn zu fürchten, sollte sich in Acht nehmen – wer ihn respektiert, kann von seiner Kraft profitieren.
Der Bär als Krafttier bringt Schutz und Geborgenheit, weist auf die eigene Stärke hin und mahnt zur Ruhe. Jeder Mensch braucht hier und da einen Rückzug in die Ruhe und Stille, um sich wieder auf den tatsächlichen Rhythmus des Lebens einzustimmen, sich also in gewisser Weise zu "erden". Erscheint der Bär, kommt in diesem speziellen Fall einmal der Berg zu Moses – die Erde ruft ihr Kind, um es zu beruhigen und zu trösten, ihm die eigene Stärke bewusst zu machen und ihm ihren Schutz zu gewähren.
Bären sind flexible Allesfresser – sie können sich recht gut anpassen. Aber in ihnen steckt mehr, als es den Anschein hat. So verliert ein wütender Grizzly von einer Sekunde auf die andere jede Gemütlichkeit und entwickelt eine erstaunliche Geschwindigkeit. Niemand kann vor einem Bären davonlaufen – außer, er lässt es zu. Es schadet nicht, wenn man den Respekt fordert, der einem zusteht – das Bild des sich auf die Hinterbeine erhebenden Bären ist da passend – manchmal müssen Grenzen abgesteckt werden, damit die Dinge im Gleichgewicht bleiben. Ist man immer derjenige, welcher die Überstunden macht oder schon gar nicht mehr gefragt wird, ob er Dienst tauschen möchte, dann ist etwas sehr ungleich verteilt. "Stellen Sie sich auf die Hinterbeine" gewinnt da eine ganz neue, eindringliche Bedeutung, wenn man vom Bären begleitet wird ... oder vielleicht eher von der großen Bärin, die ihre Kinder rasend verteidigt.
"Sei getröstet, du bist sicher bei mir und dem Rhythmus des Lebens, wenn du dich ihm anvertraust. Du hast meine Stärke und das Wissen darum. Alles andere ist jetzt nicht wichtig, verstreue deine Kraft nicht unnötig und nimm dir die Zeit, die du brauchst."
Zu weiteren Krafttiere Beiträgen: Leitartikel zur Serie | Der Biber | Der Büffel | Der Dachs | Der Delphin
© für den Beitrag "Bedeutung der Krafttiere – Der Bär": Winfried Brumma (Pressenet), 2012. Foto des Bären: Lothar Seifert
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