|
Es ist nicht lange her, da sind die Sanktionen der Jobcenter, die über Hartz-IV-Empfänger verhängt werden, sehr ins Gerede gekommen. So mancher bürokratische Erziehungsakt scheint nicht ganz rechtmäßig zu sein, was mitunter auch die Gerichte beschäftigt.
Ebenso kritisch bis wütend werden die kaum verhüllten Versuche, aus den Bedürftigen billige Sklaven zu machen, mittlerweile betrachtet. Schließlich hat sich doch ein ganzer Erwerbszweig dieser Bedürftigen angenommen, zu keinem anderen Zweck, als an ihnen zu verdienen. Nicht schlecht zu verdienen, wohlgemerkt. Und während die Bürger des Landes – Hartz-IV-Empfänger oder nicht – sich der Gefahr der modernen Sklaverei in einem als demokratisch ausgewiesenen Land langsam aber sicher bewusst werden, schwappt schon die nächste Welle an die brüchigen Ufer des Arbeitsmarktes.
Die Rede ist davon, diejenigen Leistungsbezieher, die zu oft krank sind, angemessen zu sanktionieren – also zu bestrafen, indem die Leistungen zusammengekürzt werden. Ärzte, die zu lasch mit ihren Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen sind, im Klartext also solche, die diese Blaumacher decken, sollen besonders beobachtet werden, sogar sie sollen mit der einen oder anderen Kontrolle zu rechnen haben. Wer dadurch auffällt, dass er öfter einmal für kurze Zeit krank ist, oder am falschen Tag (Montag z. B.) nicht einsatzfähig, zieht das Misstrauen der Behörden auf sich. Das Versäumen von Terminen beim Jobcenter wegen Krankheit wird wahrscheinlich grundsätzlich als Ausrede betrachtet.
Nun gibt es "Blaumacher" tatsächlich – bei den Leistungsbeziehern ebenso wie bei solchen, die es nicht oder noch nicht sind. Aber sie sind in der Minderheit. Das gilt für hier wie dort. Allerdings blüht den Hartz-IV-Empfängern auch der Hausbesuch. Mitarbeiter der Jobcenter sollen nachprüfen, ob tatsächlich eine Krankheit vorliegt oder eben die Blaumacheritis. So ein Einsatz kostet natürlich Geld – wahrscheinlich fast so viel, wie der allgemeine Regelsatz ist. Vor allem wenn – wie angekündigt – ein Vertrauensarzt vor Ort die Prüfung durchführen muss. Das Wort "Milchmädchenrechnung" gewinnt da eine ganz neue Dimension, denn wenn große Summen ausgegeben werden, allein auf die Hoffnung hin, kleinere Summen für eine Zeit einsparen zu können, gehört das mehr in die Sparte "Schildbürgerei".
Wenn auf etwa zehn Kontrollen ein Fall kommt, in dem tatsächlich gekürzt werden kann, dann ist das eine ebenso große Geldverschwendung wie die berüchtigten und völlig sinnlosen Maßnahmen, die Menschen mit fragwürdigen Aktionen zum Einstieg in den Zeitarbeitswahnsinn zwingen wollen. Die Initiative 50plus zum Beispiel arbeitet fast nur mit Zeitarbeitsfirmen zusammen. Dieser eine Fall wird nun aber keine besonders große Einsparung bringen – denn auf Dauer kann gar nicht gekürzt werden. Nach Gesundung und entsprechender Mitarbeit muss wieder gezahlt werden – falls die Sanktion denn tatsächlich wirklich gerechtfertigt war. Inwieweit die zusammenarbeitenden Ärzte sich da auf Dauer verhalten werden, ist noch nicht klar – schließlich sollen Ärzte ja eigentlich für das Wohl der Patienten einstehen.
An dieser Stelle sollten wir alle aufhören zu Schmunzeln über diese Einsparmethoden, die wohl eher das Gegenteil bewirkten, und daran denken, dass Arbeitslosigkeit kränker macht, je länger sie dauert. Und falls da jemand meint, dass den Verweigerern und Blaumachern ja schließlich nur recht geschehe, dem sei noch einmal gesagt, dass es einfach nicht genug Arbeit gibt. Was verfügbar wäre für einige, ist die Sklaverei und Entrechtung. Und was ist besser geeignet, einen Menschen körperlich und seelisch krank zu machen, als das.
© "Spare unsinnig, dann zahlst du in der Not drauf": Textbeitrag von Winfried Brumma (Pressenet), 2013. Illustration: Thomas Alwin Müller, littleART.
Archive:
Jahrgänge:
2022 |
2021 |
2020 |
2019 |
2018 |
2017 |
2016 |
2015 |
2014 |
2013 |
2012 |
2011 |
2010 |
2009
Themen:
Rezensionen |
Krimi Thriller |
Ratgeber |
Sagen Legenden |
Fantasy Mythologie
Noch mehr Bücher lesen (Werbung):
Fantasy & Science Fiction
| Krimis & Thriller
| Ratgeber
| Reise & Abenteuer
Sie schreiben anspruchsvolle Romane und Erzählungen? Wir suchen neue Autorinnen und Autoren. Melden Sie sich!
Wenn Sie die Informationen auf diesen Seiten interessant fanden, freuen wir uns über einen Förderbeitrag. Empfehlen Sie uns auch gerne in Ihren Netzwerken. Herzlichen Dank!
Sitemap Impressum Datenschutz RSS Feed