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Der Beruf des Totengräbers ist wahrscheinlich fast so alt wie die Menschheit – ab einem nicht bekannten Zeitpunkt verlegten sich diejenigen auf das "letzte Geleit", die das beste Händchen dafür hatten. Diese Aufgabe ist von großer Wichtigkeit, schließlich müssen die Toten den Lebenden weichen.
Aber ... und das ist die dunklere Seite des Gewerbes – die allzu große Nähe zum Tod ist etwas, das die Leute lieber nicht so recht spüren wollen. Auch nicht mittelbar – und so wurde die Zunft der Totengräber zu einem "unehrlichen" Metier – unehrlich im Sinne von nicht gesellschaftsfähig. Man erkannte den so überaus nützlichen Dienstleistenden kurzweg die bürgerliche Ehre ab und stellte sie auf die gleiche Stufe wie die Gaukler, Barbiere und Henker.
In so mancher Gemeinde war der verachtete Totengräber auch gleich Scharfrichter – es bot sich gewissermaßen an. Die Zeiten sind vorbei – der Beruf des Bestatters wird als eher ehrenvoll betrachtet, wenn da auch noch eine gewisse Scheu geblieben ist – und auch die Weiblichkeit drängt verstärkt in die Zunft. Die Totengräberin ist nicht anders als ihr männlicher Kollege, auch heute noch ein wenig sinister, ihrer Vertraulichkeit mit der Nachwelt wegen. Und wie das im Sommer 2013 erschienene Musikvideo mit der Künstlerin Gabrielle Heidelberger auch zeigt, fördert diese Beschäftigung nicht gerade die zwischenmenschlichen Beziehungen. Der Bann, der auf manchen Berufen liegt, ist nur oberflächlich aufgehoben – eine fesche Frau mit offenkundigen Reizen gefällt der Männerwelt, und lange bleibt sie nicht alleine im Beisl. Doch sobald sie ihren Beruf erwähnt ... sitzt sie wiederum einsam vor ihrem Wein.
Der kleine, sehr feine Film bringt es auf den Punkt – das Bestatten ist nicht erotisch. Die Minioperette – toll gesungen und gespielt von der Sopranistin Heidelberger, ist ebenso unterhaltsam wie amüsant, aber trifft gewissermaßen ins Schwarze. "Für ihren Beruf kann sie ja nichts", denkt der bestürzte Betrachter und Hörer – bis er erfährt, dass die begabte Bestatterin die ersten Todesfälle, welche in ihr den Berufswunsch weckten, von ihr selber herbeigeführt wurden. Wer beim Hören und Sehen an Georg Kreisler denken sollte, dem sei verziehen – denn in allerbester Weise besteht da eine gewisse, angenehme Verwandtschaft in Hinsicht auf das Morbide.
In der Realität hat sich der Beruf sehr gewandelt. Zum Bild gehört weitaus mehr als das eigentliche Begraben – niemand würde einen Bestatter noch Totengräber nennen. Diejenigen, die mit modernen Hilfsmitteln das Grab ausheben, sind fachkundige Helfer – alles andere managt der Bestatter oder die Bestatterin. Im Gegensatz zu früheren Zeiten haben Bestattungsfirmen nun einen geradezu distinguierten Ruf – gutes Benehmen und unaufdringlicher Beistand sind Pflicht und gehören dazu, von "Ehrlosigkeit" keine Spur mehr. Aber das ist ja auch bei den ehemaligen Ächtungsgenossen Gaukler oder Barbier so – die heißen jetzt Filmstar und Star-Coiffeur und werden angehimmelt.
Gabrielle Heidelbergers Solo-Album "Multiple Joys" ist Mitte 2013 zusammen mit dem Musikvideo "Die Totengräberin" erschienen und wurde überraschend nominiert für den Preis der deutschen Schallplattenkritik, Bestenliste 4/2013. Das Team von Pressenet wünscht der Künstlerin viel Erfolg!
Hinweis: Das besprochene Musikvideo ist im Internet nicht mehr frei verfügbar.
© Textbeitrag "Dodengräberin am Zentralfriedhof in Wien": Winfried Brumma (Pressenet), 2013. Bildnachweis: Auf dem Friedhof, CC0 (Public Domain Lizenz).
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