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Was ist es, das uns so magisch zum Unheimlichen zieht? Uns durch finstere Korridore und dunkle Verliese zwingt? Ist es einfach der Spaß am Düsteren, an der namenlosen Gefahr? Oder freuen wir uns, während wir lesen in der Ungefährlichkeit unseres beleuchteten Wohnzimmers? Fehlt uns etwa das Dunkle, das nicht sichtbare Grauen, das unsere frühen Vorfahren noch kannten, wenn die Nacht so schwarz wie ein grausiges Bahrtuch war?
Wie auch immer, wir lieben Horrorgeschichten. Kinder können nicht genug bekommen von bösen Hexen und grimmigen Monstern, und auch Erwachsene nicht. Nur, dass es für die "Großen" durchaus nicht immer gut ausgeht und in der Schwärze der geöffneten Gräber weitaus größere Schrecken warten.
So auch das Horrormagazin "Zwielicht X". Die Herausgeber Michael Schmidt und Achim Hildebrand haben ein feines Genre-Magazin zusammengestellt, das elf gut gemischte Geschichten von modernen Autoren ebenso wie den Urgesteinen des Genres, etwa Ray Bradbury oder Algernon Blackwood, enthält. Für jede tief sitzende Angst könnte etwas dabei sein. Wenn dann noch spannende Informationen dazukommen, ist es perfekt.
In der Zwielicht-Geschichte "Die Messe für das besondere Buch" wird die Macht des Lesens auf den Prüfstand gebeten. Ein Mann erfährt sehr viel über diese Macht. Mehr als er wahrscheinlich wollte. Auch kennen Eltern das Problem mit den unsichtbaren Spielkameraden ihrer Kinder. Doch man sollte womöglich des Öfteren auf den nichtstofflichen Umgang der lieben Kleinen achten, denn vielleicht steckt ja mehr dahinter, als man denkt.
Das geflügelte Wort "L'art pour l'art" erweist sich nicht selten als eine Art unguter Obsession. Was dabei herauskommt, ist bahnbrechend. Vielleicht sogar blutbahnbrechend. Aber Künstler sind ja besondere Menschen, wie wir alle wissen. Diese und andere dunklen Einblicke in das zwielichtige Reich der bösen Fantasien können im Horrormagazin "Zwielicht X" genossen werden. Unter anderem auch die überraschende Wahrheit, dass alles, was uns begegnet, tatsächlich abgezählt ist.
Aber da wir es hier nicht einfach mit einem Band voller Geschichten zu tun haben, gibt es auch interessante Fakten aus der Welt der Geheimnisse, der "verbotenen Bücher" zum Beispiel. Achim Hildebrand entführt den Leser in die Welt der geheimnisvollen Schriften des Altertums und stellt einige der rätselhaftesten Manuskripte vor, die bis heute nicht entschlüsselt werden konnten. Im Besonderen wird auch auf die Lovecraftschen Schriften eingegangen, deren Spur ziemlich weit in das Dämmer der Zwielicht-Welt führen.
Intensiv befasst der Autor Matthias Kaether sich dann mit den unterhaltsam gruseligen Horrorgeschichten, die vor allem in den USA in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts beliebt waren. Eigentlich als Schundhefte verschrien hatten die Pulp-Magazine eine riesige Fangemeinde. Die schreiend bunten Cover zeigten, was die Leser sehen wollten: hübsche Frauen in äußerst misslichen Lagen. Da rutschten Röcke hoch und tiefe Dekolletés wurden noch tiefer, während die Schöne schrie, was die Lungen hergaben. Eigentlich handelt es sich bei diesen Heften schon um eine eigene Kunstform. Die angenehm trashigen Geschichten befriedigten die inneren Monster hervorragend, zudem schrieben auch einige sehr gute Autoren für diese Magazine.
Das uns vorliegende Magazin "Zwielicht X" ist ein rundum gelungener Jubiläumsband für Fans des Genres Horror, und solche die es werden wollen. Der zehnte Band der seit 2009 erscheinenden Horror- und Phantastik-Reihe bedient die düsteren Seiten der Leser vielfältig und abwechslungsreich, und der bemerkenswerte Sachbuch-Anhang, der etwa ein Viertel des Buches einnimmt, ist informativ und nicht nur für Sammler oder Antiquare interessant.
Die Jubiläumsausgabe Zwielicht 10 ist als Taschenbuch und E-Book erhältlich. Die Horror-Phantastik-Anthologie umfasst als Paperback 296 Seiten und wurde im Sommer 2017 veröffentlicht (ISBN 978-1547151219).
"Zwielicht X" – Beteiligte AutorInnen und ihre Geschichten:
Michael Siefener – Die Messe für das besondere Buch
Julia Annina Jorges – Für immer Helena
Algernon Blackwood – Aileen (Old Clothes, 1910)
Abel Inkun – Insel der Glückseligen
Christian Künne – Mona
Usman T. Malik – Auferstehungspunkte (Resurrection Points, 2014)
Michael Tillmann – Bemerkenswerter Bericht, welcher beschreibt, wie der ehrwürdige Bruder Michael gegen alle Widerstände der Welt seinen Seelenfrieden in einem Beinhaus fand
Ray Bradbury – Vielleicht ein Traum (Asleep in Armageddon, 1948)
Sascha Dinse – Isabelle
Karin Reddemann – Die bessere Geschichte
Nicole Kudelka – Die Nacht des Kranichs
Textbeiträge in "Zwielicht X" (ab Seite 220):
Achim Hildebrand – Verbotene Bücher
Matthias Kaether – Schlottern zum kleinen Preis
Michael Schmidt – Vincent Preis 2016
Michael Schmidt – Horror 2016
Michael Schmidt – Streifzüge
Das Titelbild ist von Björn Ian Craig und wurde für den Vincent Preis 2017 nominiert. Die weiteren Illustrationen in "Zwielicht X" stammen von Oliver Pflug. Die Magazin-Reihen "Zwielicht" und "Zwielicht Classic" werden seit 2009 von Autor Michael Schmidt herausgegeben und enthalten Kurzgeschichten und Textbeiträge der Genres "Horror" und "Unheimliche Phantastik". Im Autorenprofil des Herausgebers Michael Schmidt finden Sie alle Bücher dieser Reihen, und noch viel mehr.
Mehr Horror und Phantastik: Zwielicht II: Feuerhaut | Zwielicht III: Das Tal der Tiere | Zwielicht XI: Unheimliches von Carl Denning
© "Horror und Phantastik für die dunklen Seiten der Leser": Rezension von Winfried Brumma (Pressenet), 12/2018. Den Herausgebern Michael Schmidt und Achim Hildebrand sowie den beteiligten AutorInnen danken wir herzlich für das Coverbild und das Rezensionsexemplar.
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