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Schnell kamen sie sich näher und Gunther dachte nicht im Traum daran, diesen Goldfisch von der Angel zu lassen. Sie verbrachten den Rest des Tages miteinander und Gunther brachte Claudia schließlich ins Hotel.
"In welchem Hotel wohnen Sie denn?", fragte er. Sie nannte das Negresco, eines der ersten Hotels Nizzas.
"So ein Zufall, da wohne ich auch", lachte Gunther und brachte sie vor ihr Zimmer.
"Ich will sie unbedingt wiedersehen, Claudia, ich kenne hier ein wundervolles Restaurant. Ich möchte Sie zum Essen einladen. Heute Abend um neunzehn Uhr werde ich Sie abholen. Bitte nehmen Sie meine Einladung an", flötete Gunther und Claudia nickte strahlend.
"Ich warte um neunzehn Uhr an der Rezeption", lachte sie.
Nach einem erstklassigen Fünf-Sterne-Menü gingen sie noch in eine Bar. Dort tranken sie mit Champagner Bruderschaft. Als sich ihre Lippen berührten, überlief es Gunther heiß und kalt. Er war dabei, sich in die Frau zu verlieben, und auch bei Claudia brachen Gefühle hervor, die sie immer unterdrückt hatte. Es war weit nach Mitternacht, als sie ins Hotel zurückkehrten. Gunther setzte seinen Dackelblick auf, als Claudia ihre Zimmertür aufschloss und ihn draußen stehen ließ: "Ich liebe dich, Claudia. Ich habe noch nie eine Frau wie dich gekannt."
Claudia konnte Dackelblick und Liebeserklärung nicht widerstehen, nahm ihn mit in ihr Zimmer und beide verbrachen eine wundervolle Nacht miteinander. Am nächsten Morgen ließen sie sich ihr Frühstück mit Champagner und allem Drum und Dran aufs Zimmer bringen. Nach dem Frühstück mietete Gunther ein Auto, um mit Claudia jeden Tag teure Ausflüge zu machen. Sie aßen in den teuersten Restaurants und kauften in den teuersten Läden ein. Gunther war bald restlos blank, da er nach seiner Gewohnheit alles bezahlte. Claudia sollte nicht denken, dass er hinter ihrem Geld her wäre. Er wollte ihr einen Heiratsantrag machen und dann hatte er ausgesorgt.
Von seinem letzten Geld kaufte er rote Rosen, Champagner, zwei goldene Ringe und alles, was seiner Meinung nach zu einem Heiratsantrag gehörte. Die Szene, als er sie um ihre Hand bat, hätte in einem kitschigen Liebesfilm Platz gehabt: "Claudia, ich liebe dich, und ich habe bemerkt, dass du auch viel für mich empfindest. Willst du meine Frau werden?"
Claudia fiel ihm um den Hals und hauchte überglücklich: "Ja, natürlich!"
Die Hochzeitsvorbereitungen liefen auf vollen Touren. Sie legten beim Standesamt einen Termin für die Trauung fest und bestellten das Aufgebot. Im Hotel Negresco trieben sie unter den Bediensteten Trauzeugen auf. Claudia und Gunther brauchten entsprechende Kleidung, und das Restaurant zur anschließenden kleinen Feier musste noch gebucht werden. Es sollten nur sie und die Trauzeugen da sein. Beide hatten den gleichen Gedanken, in dem Restaurant, in dem sie an ihrem ersten Abend gegessen hatten, ihre Hochzeit zu feiern.
Im teuersten Laden am Platz kauften sie sich ihre Hochzeitsgarderobe. Claudia verschwand mit einem superschicken Kostüm in der Umkleidekabine. Mit den Worten "Na, gefällt es dir?" kam sie aus der Umkleidekabine und sie drehte sich vor Gunther, der sprachlos war. Endlich fand er seine Sprache wieder: "Liebling, es ist wunderbar. Das steht dir ausgezeichnet. Das ziehst du zu unserer Hochzeit an. Aber ich brauche noch einen Anzug."
Es kam zu keiner Hochzeit. Gunther wusste nicht, dass Claudia genauso arm war und auf die gleiche Tour reiste wie er. Sie angelte sich ältere, reiche Männer, um sie auszunehmen. Sie hatte eines der Häuser auf einem der Bilder wiedererkannt. In diesem Haus war sie schon gewesen, als sie einen dieser Männer abgezockt hatte und wusste, dass es Gunther nicht gehörte. So bereitete sie heimlich ihren Abgang vor und verschwand, während Gunther in der Umkleidekabine seinen Hochzeitsanzug anprobierte, auf Nimmerwiedersehen.
© "Der Heiratsschwindler: Champagner und goldene Ringe": Kurzgeschichte in drei Teilen von Autorin Ulla Schmid, 05/2019. Bildnachweis: Liebespaar unter Mondhimmel, CC0 (Public Domain Lizenz).
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