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Schrieb man früher einen Brief, so griff man zur Feder – und damit war tatsächlich eine Vogelfeder gemeint, meistens eine, die von einer Gans stammte. Dieses auf romantischen Bildern sehr schön anzusehende Gerät war lange Zeit das einzig akzeptable Instrument, um Worte zu Papier zu bringen.
Allerdings war es nicht damit getan, einem solchen Vogel die Schwungfedern auszurupfen und sich dann an das Pult zu setzen, denn die künftigen Schreibgeräte mussten erst einer komplizierten Behandlung unterzogen werden. Das Mark wurde entfernt, der Kiel dann in Wasser eingeweicht und dann in heißem Sand gehärtet. Damit das fertige Gerät überhaupt zum Schreiben taugte, musste es dann noch beschnitten werden.
Zwischen dem leichten Anschlag auf einer Computer-Tastatur oder der flüchtigen Notiz mit einem Kugelschreiber und dem Schreiben mit einem Gänsekiel liegen Welten. Immer wieder wurde die Schreibfeder in die Tinte getaucht, was an sich schon eine Kunst für sich war – denn man durfte weder zu viel noch zu wenig davon aufnehmen. Ein Klecks und die schöne Arbeit war verdorben – man musste etwaige Tintenflecke mühsam mit einer dünnen Klinge entfernen.
Viele Menschen haben seitenlange Briefe und sogar Bücher in dieser Art verfasst, bevor das Schreibgerät weiterentwickelt wurde. Im Jahre 1636 ließ sich der Mathematiker Daniel Schwenter etwas Besonderes einfallen: eine Art Vorläufer des Füllfederhalters mit drei Gänsekielen, die ineinandergeschoben waren und somit eine Art Reservoir bildeten. Dieses Gerät war allerdings von den späteren Füllfederhaltern noch weit entfernt – erst einmal musste die Feder aus Metall erfunden werden. Diese war entschieden langlebiger als die alte "biologische" Feder und verbreitete sich sehr schnell. Die erste Stahlfeder, auch "Aachener Feder" genannt, verdanken wir einem Herrn namens Johannes Janssen, der somit ab 1748 das Schreiben um ein gutes Stück weniger mühsam machte.
Im Jahre 1842 wurde in Berlin die erste Fabrik für Schreibfedern gegründet. Noch immer musste in das bereitstehende Tintenfass getunkt werden, oftmals zum Leidwesen der Schreibenden und natürlich auch der Lehrer – es war Zeit für die nächste Erfindung. Und die kam auch tatsächlich in Form eines Gerätes, das man mit Tinte befüllen konnte, die man mittels eines Drehmechanismus in den Tank hochzog. Der Kolbenfüller war auf dem Markt. Und die Tintengläser waren plötzlich zu Tankstellen geworden, denn man konnte lange schreiben mit "einmal volltanken". Hefte und Blätter blieben nun weitaus sauberer, was nebenbei wohl auch die Mütter gefreut haben dürfte.
Abgelöst wurde diese technische Innovation durch einen genialen Geistesblitz: den Patronenfüller. Dieser sorgte für einen absolut sauberen Umgang mit der Tinte (theoretisch) und machte die Tintengläser überflüssig. Man konnte nun die Schreibflüssigkeit in kleinen Portionen kaufen und in den Füller stecken. Und das tun die Schulkinder noch heute, denn das Prinzip hat sich nicht verändert, bis auf die bessere Qualität der flexiblen Schreibfedern und der unzerbrechlichen Mittelteile, denn früher waren die Sichtfenster aus Glas, jedenfalls bei den Kolbenfüllern. Diese kamen übrigens noch einmal in Mode und sind wieder erhältlich, wobei die Originale zu begehrten Sammlerstücken wurden.
Der ärgste Konkurrent der Patronenfüller, der Kugelschreiber, kommt ebenfalls in allen möglichen Variationen daher – als Softball oder Fineliner und vor allem als Massenware. Nie war das Schreiben so einfach wie heute – und trotzdem tut es keiner mehr. Außer natürlich, man hat den PC gerade nicht eingeschaltet, um den Einkaufszettel auszudrucken. Dann greift man schnell nach irgendeinem Stift, sonst aber eigentlich kaum noch. Wer heute ein Buch schreibt, kann sich vermutlich kaum vorstellen, dass zum Beispiel Karl May seine Bände mit der Hand geschrieben hat. Und das sind nicht gerade wenige und durchweg Bücher mit großer Seitenzahl.
Wir verschicken elektronische Briefe, und dabei geht uns einiges verloren, denn das Schreiben eines Briefes mit einem Füller ist eigentlich ein sinnliches Vergnügen. Der Lauf der Tinte, der aus der Feder fließt und die Worte bildet, macht das Schreiben zu etwas Besonderem, ebenso wie alles Geschriebene durch die Charakteristik der Handschrift zu einem einmaligen Dokument wird – sogar ein Einkaufszettel.
Vielleicht sollte man sich das Ritual des Schreibens, verbunden mit der Auswahl schönen Briefpapiers und dem Fluss der Gedanken wie dem Fluss der Tinte, hin und wieder gönnen. Es ist irgendwie kreativer und mit Sicherheit viel persönlicher. Es muss ja nicht unbedingt mit einer Gänsefeder sein.
© "Gedanken im Fluss der Tinte": Textbeitrag von Winfried Brumma (Pressenet), 2011. Die Abbildung zeigt den armlosen Maler und Kalligraphen Thomas Schweicker (1540–1602), der mit seinem rechten Fuß die Kunst des Schönschreibens beherrschte (Quelle: Wikipedia, Lizenz: gemeinfrei).
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