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Unkraut – das bedeutet so etwas wie "kein Kraut", also eine Pflanze, die es eigentlich nicht gibt. Gemeint ist natürlich ein Kräutlein, das es im gepflegten Beet nicht geben sollte, da man es dort ja nicht angepflanzt hat und auch nicht haben möchte. Nun könnte man einwenden, dass dem einen seine Rose der Spitzwegerich des anderen ist – dass also das Auge des Gärtners eine große Rolle dabei spielt.
Aber was nun wirklich "Unkraut" ist, haben alle Gärtner schon längst festgelegt. Löwenzahn zum Beispiel gilt als hartnäckiger und widerstandsfähiger Desperado unter den unerwünschten Begleitpflanzen, die sich in jeden Garten einschleusen, wo immer sie können. Dabei ist der gelbe Verwandlungskünstler, der irgendwann einmal hunderte von kleinen Fallschirmchen losschickt, eine anerkannte Arzneipflanze. Schmecken tut er auch noch gut – und wer würde behaupten, dass es sich dabei um einen hässlichen Vertreter der Flora handelte.
Brennnesseln wird seit der Erfindung des Ziergartens leidenschaftlich der Garaus gemacht, dabei ist es sinnvoll, ihnen zumindest ein wenig Platz zum Siedeln einzuräumen. Schmetterlinge und Marienkäfer werden es danken. Von ins Auge fallender Schönheit ist die Brennnessel wohl nicht, aber ihre Anwendungsweisen sind vielfältig – sie können auch als Waffe gegen den Gartenfeind Nummer 2, die Blattlaus, eingesetzt werden. Und so mancher Gartenfreund ist schon verzweifelt, weil er den Kampf gegen die Brombeerhecken immer nur ganz knapp gewonnen hat und sie nie ganz ausrotten konnte – und dann im Supermarkt eine tiefgekühlte Brombeertorte für den Kaffee am Sonntagnachmittag gekauft hat.
Die Liste könnte noch länger werden, und leidenschaftliche Naturfreunde haben schon längst umgedacht. Schnurgerade Tulpenreihen und "off limits" für alles, was sich nicht bändigen lässt, kommt langsam aus der Mode. Das macht Gärten attraktiver, aber vor allem macht es sie zu dem, was sie eigentlich sein sollten: ein Stück Natur nahebei, mit allem was dazugehört.
Es gibt auch Einmogler, die aus "guter Familie" stammen, und der Nachbar hat ein ganzes Beet davon. Aber sie haben nun mal nichts in den farblich abgestuften Rabatten zu suchen und werden deshalb eliminiert. Gärten, in denen die Einwanderungsrichtlinien dermaßen streng sind, werden langsam aber sicher seltener. Das ist auch gut so, denn sehr viele so genannte "Unkräuter" helfen dem einsichtigen Gärtner sogar, denn sie vertreiben Schädlinge und schützen damit die Pflanzen, die "Hausrecht" haben.
Eigentlich wollte man das Wort "Unkraut" durch die Bezeichnung "Wildkraut" ersetzen, aber das konnte sich nicht durchsetzen. In der Forstwirtschaft wird von "Begleitwuchs" gesprochen, sonst gelten auch noch "Kulturpflanzenbegleiter" oder "Beikraut". Aber das wird im allgemeinen Sprachgebrauch wohl kaum benutzt werden. Da bleibt es beim "Unkraut", das es ja auch zum sprichwörtlichen Inhalt gebracht hat. Aus Sicht der "Leben und Leben lassen Anhänger" hat das Unkraut jedenfalls einen Ehrentag verdient.
© "Begleitwuchs und andere Auswüchse": Textbeitrag von Winfried Brumma (Pressenet), 2013. Das Foto zeigt die Pflanze der Großen Kapuzinerkresse (Tropaeolum majus), Lizenz: gemeinfrei
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