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(05.04.2010) Drei deutsche Soldaten sind in Afghanistan gefallen – drei junge Männer im Alter zwischen 25 und 35 Jahren werden nicht mehr nach Hause zurückkehren. Der Tod der drei Männer gibt Anlass zu Spekulationen der besonderen Art – schon werden Schuldige gesucht.
Die Rede ist von mangelnder Ausbildung und auch von unzureichender Ausrüstung. Diese Vorwürfe werden allerdings von der Bundesregierung dementiert, die einen Zusammenhang da nicht sieht.
Die Bundesregierung sieht allerdings auch keinen Zusammenhang zwischen auf fremden Territorium stationierten Soldaten, die Angriffen ausgesetzt sind, und dem Wort Krieg – das wurde bisher vermieden. Es ist nach wie vor die Rede von bewaffnetem Einsatz in Afghanistan. Der Terminus "Krieg" wird allenfalls als umgangssprachliche Beschreibung der Situation gesehen.
Bewaffnete Soldaten in einem Land, das verstärkt von Terror und Kämpfen heimgesucht wird, sehen ihre Situation wahrscheinlich nicht als Pfadfinderlehrgang oder vielleicht auch als ein Manöver mit scharfer Munition. Von den traumatisierten Männern war schon an anderer Stelle die Rede, jetzt geht es um Tote.
Die Tatsache, dass drei Soldaten im Krieg gefallen sind, was eigentlich nicht überraschen sollte – es liegt in der Natur der Sache – scheint alle Beteiligten hier in Deutschland doch sehr zu erstaunen. Da es nach den Sprechern der Regierung und der Bundeswehr nicht am Krieg als solchen liegen kann, war sicherlich die Ausrüstung nicht gut genug – oder auch die Vorbereitung der Soldaten nicht intensiv genug. Die würden, so der Wehrbeauftragte Robbe, erst vor Ort mit der zur Verfügung stehenden Ausrüstung vertraut gemacht.
Andere sehen das Problem in der Vorsicht der Amerikaner, die sich nicht mehr allzu viele Faux pas in Bezug auf die Zivilbevölkerung leisten wollen, und so einen Kurs vorschreiben, der eher auf die Defensive setzt. Das gilt auch für die deutschen Streitkräfte, die bei dem Bombardement der Tanklaster von Kundus sehr offensiv vorgegangen waren. Erstaunlich offensiv sogar, zieht man in Betracht, dass es sich doch eigentlich gar nicht um einen Krieg handeln soll. Diese Angelegenheit war für wochenlange Debatten gut, die allerdings nicht wirklich irgendetwas brachten, außer fröhlichen Schuldzuweisungen inner- und außerhalb der Regierung.
Jedenfalls bringt das einige Vorteile für die Talibankämpfer, die mittlerweile sehr viel besser ausgerüstet und ausgebildet sind, da diese durchaus nicht mit solchen Animositäten belastet sind. Man könnte auf den Gedanken kommen, dass die Bundeswehrsoldaten eine sehr undankbare und gefährliche Stellung zwischen den im "tatsächlichen" Krieg befindlichen Mächten, nämlich den Amerikanern und den Taliban, innehaben. Und während man sich über grundlegende Vorgehensweisen immer noch nicht wirklich einigen kann, formieren sich die rührigen Taliban mit gutem Erfolg und vernetzen sich mit islamistischen Truppen. Das alles ist nichts Neues, jede Seite nimmt jeden noch so kleinen Vorteil wahr und produziert immer weiteres Elend und weitere Tote.
Neu ist die Haltung der Bundesregierung, die versucht, zu vertuschen, dass sich Deutschland im Krieg befindet. Denn das ist die gängige Definition dafür, dass bewaffnete Truppen in einem fremden Land in Kampfhandlungen verwickelt sind. Man nennt das nun einmal so: Krieg. Und das bedeutet, dass Menschen erbittert gegeneinander kämpfen, dass im Grunde unbeteiligte Zivilisten leiden, und dass es auf allen Seiten Tote, Verletzte und Verstümmelte gibt. Es bedeutet, dass ein Land ausblutet, dass Ernten verbrennen, dass Ressourcen zerstört und Städte in Trümmer gelegt werden. Es bedeutet, dass es viele Waisen und Versehrte geben wird, die für ihr Leben lang traumatisiert sein werden.
Die beteiligten Mächte, die ihre Truppen auf fremdem Boden kämpfen lassen, müssen irgendwie mit den Kosten klarkommen, was auf lange Sicht die Zivilbevölkerung trifft. Das Beispiel Vietnam zeigt anhand der Opfer auf beiden Seiten, wie ein Einsatz eskalieren kann. Man hatte damals mit chemischen Kampfstoffen experimentiert, die das dichte Laubdach der Dschungel des Landes lichten sollten. Agent Orange sollte die entscheidende Wunderwaffe sein, da es die Feindbewegungen sichtbar machen sollte. Der Erfolg hielt sich in Grenzen, das Schlachtenglück wendete sich nicht dramatisch – aber noch heute haben Menschen auf beiden Seiten, die mit dem Zeug in Berührung kamen, mit den Folgen zu kämpfen. Besser gesagt, ihre Kinder, die aufgrund des Kontaktes mit dem Gift behindert zur Welt kamen.
Tausende von jungen Männern bestiegen damals die Flugzeuge, um in Vietnam für ihr Land zu kämpfen. Jedenfalls glaubten sie, dass sie das taten. Ihr Vaterland war zu keinem Zeitpunkt bedroht, man schickte sie in den Tod, um ein Schreckgespenst zu bekämpfen: Den Kommunismus. Die amerikanische Regierung hatte ganze Arbeit geleistet, was die Propaganda betraf, denn tatsächlich glaubten viele Menschen, dass es notwendig sei, ihre Kinder in die Hölle dieses Krieges zu schicken. Dieses traurige Kapitel der Geschichte ist sattsam bekannt.
Was aber nun genau so beängstigend wirkt, ist die Tatsache, dass man im Falle des Afghanistan-Krieges auf öffentliche Propaganda weitgehend verzichtet. Es gibt keine reißerischen Plakate mit der Aufschrift "Schütze dein Volk vor den islamistischen Bestien" oder so etwas in der Art (von der geleisteten Vorarbeit, die den Bürgern den Gedanken erleichtern soll, alles als Terror anzusehen, was mit dem Islam zu tun hat, einmal abgesehen). Nichts dergleichen ist bis jetzt wahrzunehmen.
Dieses Mal wird die Tatsache, dass sich das Land im Krieg befindet, einfach unterschlagen. Man verkauft tatsächlichen Fronteinsatz als reine Anwesenheitsübung, die in ihrer Konsequenz nicht wahrgenommen wird. Jetzt, da es Tote gibt, die nicht an den Masern gestorben sind, bleibt abzuwarten, ob sich die Wahrheit in den Köpfen der Bürger manifestiert. Denn die drei Soldaten starben nicht wegen Materialmängeln oder schlechter Ausbildung – sie starben am Krieg.
© "Afghanistan: Krieg in Echtzeit": Textbeitrag von Winfried Brumma (Pressenet), 2010.
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