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Neid ist etwas, das – je nach Einstellung – gefürchtet oder geschätzt wird. Aber wie immer das jeder von uns handhabt – gefährlich ist er immer. Die Bibel spricht sogar von einer Todsünde, wenn der Neid gemeint ist. Und eines ist sicher ... tödlich wirkt er allemal: für Freundschaften, für die eigene seelische Balance, für das Miteinander und das Zusammenleben.
Neid entsteht immer dann, wenn jemand glaubt, benachteiligt zu sein. Diese Gedanken müssen durchaus nicht logisch sein, manchmal sind Menschen sogar neidisch auf etwas, das sie selber gar nicht haben wollen – sie mögen es nur nicht, dass ein anderer Mensch etwas hat, das ihn glücklich macht. Ein Beispiel: die beste Freundin hat geheiratet, und schnell kommt Neid auf, obwohl man den Auserwählten nicht leiden kann und auf keinen Fall haben will. Oder der Freund ist überglücklich mit dem neuen Auto, einem Modell, das man selbst nie fahren würde.
Es geht hier nicht um die Ehe oder um den Wagen, es geht um das Unbehagen, wenn ein anderer glücklich ist. Sticheleien sind die Folge, vielleicht sogar handfeste Intrigen – alles mit dem Ziel, die Freude zu trüben oder sogar den vorherigen Stand herzustellen. Dies ist die gemeinste Form des Neides, und auch die tödlichste. Wenn vielleicht nicht für die Freundschaften, dann mit Sicherheit für den Neidischen selbst. Denn wenn die Ehe geschieden würde, der neue Wagen kaputtgeht oder verkauft werden muss, ist für denjenigen, der deswegen neidisch war, nichts dabei herausgesprungen. Er ist dennoch nicht zufrieden und wird bei der nächsten Gelegenheit das Spiel von vorne beginnen.
Kinder agieren zuweilen ähnlich, jeder kennt das Geschrei auf dem Spielplatz, wenn jemand gerade etwas zur Hand hat, das man selber gerade haben möchte. Und wenn ein kleiner Zornbolzen noch nicht gelernt hat, mit kleinen Frustrationen fertig zu werden, greift er vielleicht auch zu drastischen Mitteln: er macht etwas kaputt, das ein anderer hat. Diese Dinge gehören zum sozialen Lernprogramm, sie haben noch etwas mit Ausprobieren und Erfahren zu tun, und meist bleibt es bei wenigen solcher "Weltuntergängen". Eigentlich kann man noch nicht von Neid in seiner negativen Ausprägung sprechen – das kommt später, dann nämlich, wenn das Neidgefühl erkannt und dementsprechend gehandelt wird.
Ein neidischer Mensch fühlt sich grundsätzlich zurückgesetzt, sobald jemand etwas hat, das ihm, wie er denkt, eher zukäme oder das er sich wünscht. Nicht von ungefähr werden die Meldungen über Missgeschicke der Prominenten so gerne gelesen ... irgendwie sieht man es recht gern, dass "die da oben" auch so ihre Probleme haben. Das hat etwas eher augenzwinkerndes und nicht unbedingt etwas mit dem "bösen, schwarzen Neid" zu tun. Aber nicht nur Menschen, denen es finanziell gut geht, die eine hohe Stellung einnehmen oder die unter die Rubrik "berühmt und schön" fallen, sind Neidobjekte. Gerade da der Neid tatsächlich immer zwei Klingen hat, jede am entgegengesetzten Ende der Stange, werden immer beide verletzt. Derjenige, der den Neid auf sich zieht, aber auch derjenige, der unfähig ist, jemandem etwas zu gönnen. Der nämlich leidet unter seiner Sucht. Und tatsächlich kann man von Sucht sprechen, denn jemand, der grundsätzlich etwas Böses zu sagen weiß über alle, die vermeintlich glücklicher sind als er selber, kann damit nicht aufhören, obwohl er weiß, dass es ihm nicht guttut.
Den allergrößten Neid rufen Menschen hervor, die selber dieses Gefühl kaum oder gar nicht kennen: neidisch sein. Wer jedem alles gönnt, lebt gesünder und hat mit Sicherheit weniger Magenprobleme ... dafür aber jede Menge Neider. Dabei ist auch dieser Zeitgenosse nicht frei von Neid. Aber es gibt auch eine andere Variante davon: Man sieht, dass der Nachbar einen neuen Wagen hat, seufzt und denkt, dass man gerne auch so einen hätte – ohne allerdings dem Nachbarn den seinen zu missgönnen. Urlaubskarten werden sehnsuchtsvoll betrachtet, man würde ja auch gern mal und freut sich trotzdem, dass Tante Susi sich so gut erholt in Italien.
Man will also nicht das Auto des Nachbarn, sondern einfach auch so eins. Man gratuliert der Freundin, wenn sie heiratet und hofft, dass es für einen selber auch einmal so weit ist. Hier kann man ehrlich sagen: "Ich bin richtig neidisch auf Dich", und dem anderen trotzdem sein Glück, oder was man dafür hält, gönnen. Wer das so halten kann, ist längst über den kleinen Wüterich hinweg, der den Sandeimer eines anderen Kindes kaputtmacht, weil der schöner ist als der eigene. Im anderen Fall ist ein Teil der Persönlichkeit eben nie aus dem Buddelalter herausgekommen ... und das ist ebenso schade wie bedenklich.
© "Du bist ja nur neidisch!": Textbeitrag von Winfried Brumma (Pressenet), 2010. Illustrationen: Thomas Alwin Müller, littleART.
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