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'Klammheimlich hat sich da in München ein wagemutiges Autorenkollektiv zusammengefunden', hätte Marcel Reich-Ranicki anerkennend gesagt, würde er dieses noch erleben können. Und war der berühmte Literaturkritiker nicht ein überzeugter Liebhaber von "kleinen Erzählungen" bzw. guten Kurzgeschichten?
Die Münchener Autorengruppe AgAti nun besteht aus zwei Frauen und drei Männern und sucht, nach eigenen Aussagen, seit 2014 das Hässliche im Alltag. Das junge literarische Quintett AgAti, das sind Tamara Schopka, Kerstin Herzog, Sebastian Flecker, Robert Diemrich sowie Stefan Egeler, von denen wir einige ihrer Geschichten komprimiert hervorheben möchten.
Diese fünf Autor:innen lassen uns mit ihrem Kurzgeschichtenband "Verloren im Alltag" an ihrem Blick auf das teilhaben, das wir so sorglos "Alltag" nennen. Der Alltag, das ist etwas, das man mag – oder auch hasst. Aber steht dieses Wort "Alltag" nicht für Langeweile und Routine, eine Zeitspanne ohne besondere Höhen und Tiefen? Das allerdings täuscht, denn wo gäbe es mehr Überraschungen als hier, wo niemand etwas Besonderes erwartet.
"Rechnen Sie mit allem" von Tamara Schopka: Natürlich gehören Prüfungen zum Leben, sie sind täglich Realität, für viele von uns. Das ist nichts Neues, doch es gibt Prüfstände, die mehr als außergewöhnlich sind. "Rechnen Sie mit allem" ist da möglicherweise ein guter Rat. Aber muss man wirklich alles mitmachen?
"Rhizom" von Kerstin Herzog: Die Suche nach dem perfekten Mann ist etwas, das für Frauen ganz normal ist und die zum Leben gehört. Das und vielleicht noch die Musik. Aber da stellt sich die Frage: Was tut Frau, wenn sie ihn denn gefunden hat?
"Helikopter-Eltern" von Sebastian Flecker: Dass neue Begriffe wie Pilze aus dem Boden schießen, ist ja alltäglich. Doch dann gewinnt so ein Modewort eine ganz neue Dimension. Denken wir nur an Helikopter-Eltern. Die vielleicht doch nicht so alltäglich sind, wie angenommen wird.
"Entkernte Datteln" von Robert Diemrich: Wer hat noch nie etwas im Supermarkt vergessen? Eine Kleinigkeit vielleicht, aber für den Partner existenziell. Nette Menschen, die sich Sorgen um den Lebensgefährten machen und die nichts heraufbeschwören wollen, laufen schnell noch einmal los. Und erfahren dann, dass liebevolles Verhalten eben nicht immer reicht.
"Der Säugling" von Stefan Egeler: Der Kinderwunsch ist auch so etwas, das für viele Menschen zum alltäglichen Sehnen gehört. Gott sei es gedankt, gibt es doch hochentwickelte Technik. Aber wäre es das erste Mal, dass es nicht bei einer Einbahnstraße bleibt, wenn es um den Versuch geht, Leben zu simulieren? Wohl nicht.
Solche und andere Erzählungen, die zudem ein offenes Ende haben, lassen diesen Story-Reader den "Alltag" in einem ganz anderen Licht erscheinen. Jede dieser dreizehn Geschichten, die emotional berühren, eine Gänsehaut verursachen oder sehr nachdenklich stimmen können, hat ihre eigene Atmosphäre, ihre eigene Botschaft, ihren eigenen Reiz.
Unser Tipp: Der sehr empfehlenswerte Kurzgeschichtenband "Verloren im Alltag", von den Mitgliedern der Autorengruppe AgAti mit Weitblick und Verstand verfasst, enthält fantasievolle, manchmal böse und auf jeden Fall beängstigende Teilansichten. Alltäglich sind diese ganz bestimmt nicht. Und wie sagte Marcel Reich-Ranicki auch: "Wir sollten uns hüten, derartige stille Begabungen zu übersehen."
Das Taschenbuch "Verloren im Alltag" ist unter den Genres Kurzgeschichten, Realismus, Thriller und Dystopie zu finden und weist 188 Buchseiten auf (176 Seiten Text, plus 12 Seiten Autorenvorstellung und Buchempfehlungen). Der Band wurde im Oktober 2019 via BoD veröffentlicht und ist auch als E-Book im Handel erhältlich.
Was bedeutet das Kürzel AgAti? Und wer genau steckt hinter dieser Autorengruppe? Wer das erfahren möchte, erkundet ausgiebig deren Webpräsenz, auf der alle Autor:innen und ihre Werke präsentiert werden. Im Bereich "Veranstaltungen" findet der Suchende Termine zu Lesungen oder Messeauftritten. Wer mag, kann AgAtis unabhängige Literatur aus München auch auf Facebook abonnieren.
– Tamara Schopka: "Rechnen Sie mit allem" | "Das Klopfen aus der Wand" | "SaveGuide" | "Das Fest der Dankbarkeit"
– Kerstin Herzog: "Simulationen" | "Rhizom" | "Pandora"
– Sebastian Flecker: "Helikopter-Eltern" | "Adagio espressivo"
– Robert Diemrich: "Graue Materie" | "Entkernte Datteln"
– Stefan Egeler: "Der Säugling" | "Die Beerdigung"
Hinweis: Von Stefan Egeler rezensierten wir bereits "Ben Vogt: Hexenjagd", seinen brillanten Debüt-Urban-Fantasy-Thriller.
Für Kurzgeschichten muß man Zeit haben (Zeit online) | Kurzgeschichten sind "Nichts für Eilige" (FAZ) | Ein Plädoyer für Kurzgeschichten (Pressenet) | Die hohe Schule der Kurzromane (KopfKino-Verlag)
© "Kurzgeschichten mit viel Atmosphäre und eigenen Botschaften". Die Autorengruppe AgAti und ihr Kurzgeschichtenband "Verloren im Alltag". Eine Rezension von Winfried Brumma (Pressenet), 12/2019.
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