Barbie-Models als Sammelobjekt

Bald kauft man noch eine. Und noch eine ...

Rotblonde Barbie im Badeanzug

Rotblonde Barbie im Badeanzug

Wie kommt man als Erwachsener dazu, kleine Menschen im Maßstab 1:6 zu sammeln? Dafür gibt es wohl so viel verschiedene Gründe, wie es verschiedene Sammler gibt.

Kleine Mädchen motten ihre Barbies irgendwann ein. Die Puppen landen auf dem Dachboden und werden für die eigenen Kinder aufgehoben. Dafür sorgt eine Art sentimentaler Anwandlung. Wer die nicht hat, verschenkt die Puppen an Kinder im Bekanntenkreis.

Dann gibt es noch den Flohmarkt (großer Fundus für Sammler) oder Ebay. Dort bekommt man alle Barbies, die es gibt und je gegeben hat. Von "Stark bespielt" über "Mint" (Originalzustand ausgepackt) bis "Mint in Box" (hervorragender Zustand und original verpackt).

Aber irgendwann begegnet man seinen Freundinnen aus der Kindheit wieder – und ist wieder fasziniert. So war das bei mir jedenfalls. Man kauft aus einer Laune heraus eine Barbie, die einen anspricht. Bald kauft man noch eine. Und noch eine. Es wird zum Selbstläufer. Genau wie bei Büchern oder anderen Sammelobjekten.

Puppen werden lebendig

Das Umgehen mit Puppen ist eine jahrtausendalte Tradition. Nicht nur Kinder spielten damit, die Figuren dienten auch kultischen Zwecken. In vielen Kulturen ist zum Beispiel das Puppenspiel mit Stab- oder Schattenpuppen etwas mit religiösem bzw. kultischem Hintergrund. Da geht es durchaus nicht um Babypuppen, sondern um archetypische Helden und Geschichten.

Kinder beherrschen die Magie des Übertragens, sie verleihen ihren Puppen oder Stofftieren Leben. Ob das nun ganz moderne Plastikpuppen oder antike Holzfiguren sind: sie werden lebendig. Das war mit den Barbies genauso. Aber man konnte mit ihnen mehr auf Du und Du verkehren. Sie brauchten weder Fläschchen noch Windeln und konnten sich selbst überlassen bleiben. Einfache Puppenmöbel oder zu Tisch und Stuhl beförderte Dosen und Schachteln waren Wohnzimmer, Café oder Boutique. Literatur

Aber warum fangen erwachsene Leute – Männer und Frauen – mit dem Sammeln von Model-Dolls an?

Das kommt darauf an, was für eine Art Sammler sie sind.

Die Barbie als Objekt der Begierde

Da gibt es den Mint-Sammler. Es werden Puppen gekauft und in der Originalverpackung belassen. Entweder, weil man sie so als Objekt für wertvoller hält, oder für den Weiterverkauf. Dabei muss die Verpackung völlig intakt sein, sonst ist der Wert gemindert. Das hat auch Sinn, denn eine, sagen wir "Jewel Secrets Barbie" aus den 80ern, kann das Dreifache ihres damaligen Kaufpreises (etwa 30 DM) bringen. Ältere Barbies natürlich noch viel mehr.

Rothaarige Barbie Brenda

Rothaarige Barbie Brenda

Manche Sammler kaufen die Puppen, ohne sie auszupacken und behalten sie. Sie sind Horter. Entweder, um sich an ihrem Anblick zu erfreuen – oder einfach, um sie zu haben. Ich habe ein Video gesehen, in dem ein Amerikaner seine Sammlung zeigt. Er hat Räume nur für seine Barbies. Eingepackt lächeln sie dem Betrachter zu – es sind unglaublich viele. Die Wände sind praktisch damit bedeckt.

Die Vitrinensammler packen die Puppen aus und belassen sie hinter Glas. Die Puppen, die ihnen gefallen, erhöhen sie zum schönen Dekorationsobjekt. Als "Vitrinenstück " werden sie weiterverkauft, wenn man sich sattgesehen hat, und dann vielleicht neue angeschafft. Vitrinenpuppen werden gerne gekauft – nie hat ein Kind damit gespielt, was bedeutet, dass sie in sehr gutem Zustand sind. Die Verpackung fehlt allerdings meist.

Dann gibt es die "Puppenspieler" – zu denen gehöre ich. Sie verlieben sich in eine Puppe. Das kann eine Barbie für zehn Euro bei Woolworth sein, aber auch eine Sammlerpuppe für über fünfzig Euro. Nach oben hin setzt höchstens der Etat Grenzen. Die Barbie wird sofort ausgepackt, kennengelernt und regelrecht "begriffen".

Afroamerikanische Barbie

Afroamerikanische Barbie

Es gibt sehr viele moderne Puppenspieler, die auf YouTube (hier von Vanessa Morrison) oder in Blogs (hier "Van's Doll Treasures") ihre Barbies oder "Fashion Royalties" Geschichten für den Zuschauer darstellen lassen. Das geht von Klamauk über Satire und Komödie bis hin zu Soap Operas, die spannender sind als die im TV. Sogar Slow Motion Filmchen gibt es. Die neuen Fashionista Barbies mit den vielen Gelenken sind dafür prädestiniert.

Hier funktioniert die alte, magische Übertragung wieder. Und es sind fast ausschließlich Erwachsene, die das machen.

Einmal folgte ich einem Blog, deren Betreiberin eine hinreißende Serie gestaltet hatte, und vor dem Happy End ihre Follower aufforderte, das Brautkleid für die Heldin auszusuchen. Es geriet zu einem Event. Ich möchte noch anmerken, dass die Geschichte durchaus nicht seicht oder dämlich war. Eigentlich war das die einzige "Familienserie", die ich mir antat und mich dabei köstlich amüsierte. Es war so gut gemacht, dass man zuweilen vergaß, dass es sich um Puppen handelte.

Eine andere Bloggerin macht herrlich komische Geschichten, die sich mehr der Fantasy annähern. Ich kann es kaum erwarten, bis es Fortsetzungen ihrer augenzwinkernden Stories gibt. Man braucht für so etwas eine Fotokamera und ein Bearbeitungsprogramm. Das kann durchaus ein einfaches Programm sein. Mehr ist dazu nicht nötig. Wer filmt, greift dann auf ein Videoprogramm zurück – das ist alles. Den Rest erledigt die Phantasie.

Mich muss eine Puppe direkt ansprechen

Meine Puppen – nach neuesten Zählungen mehr als 150 – haben alle einen Namen. Meine Sammlung war vor Jahren noch eher klein, etwa 15 Stück, als ein Hausbrand der Sache ein Ende setzte. Monate danach, als man sich wieder "eingerichtet" hatte, sah ich eine Barbie im Kaufhaus. Ich weiß nicht, was mich an ihr so angezogen hatte. Sie kostete unter zehn DM.

Blonde Barbie mit Schmuck

Blonde Barbie mit Schmuck

Ich habe sie heute noch. Ein recht einfaches Modell mit glattem, brünettem Haar und blauen Augen, nichts divahaftes und kein Glamour. Ein einfaches Kleidchen und eine schmale Box. Eine "Mitbringsel-Barbie". Und trotzdem ist sie noch heute etwas Besonderes. Heute weiß ich natürlich, dass sie zu der "Pretty in Plaid"-Serie gehört. Damals war mir das völlig gleichgültig. Ich brauchte eine Barbie.

Später, als ich Ebay und die Möglichkeiten dort entdeckte, konnte ich liebgewordene Puppen, die verbrannt waren, ersetzen.

Und es wurden mehr. Sehr viel mehr.

Mich muss eine Puppe direkt ansprechen. Ihr Sammlerwert interessiert mich nicht. Für einen Puppenspieler spielt das absolut keine Rolle.

Ich werde Euch meine Zufallspuppen vorstellen – eine Geschichte hat jede von ihnen.

© "Barbie-Models als Sammelobjekt": Textbeitrag und Abbildungen: Izabel Comati (Pressenet), 2015.
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