Meine Pretty in Plaid Barbie "Kestrel"

Barbie nimmt wieder Haltung an

Pretty in Plaid Barbie Kestrel im Kleid

Pretty in Plaid Barbie Kestrel im Kleid

Barbies haben sich ebenso gewandelt wie alles andere auch – auch sie sind Kinder ihrer Zeit. Der divahafte Lidstrich der Anfänge wich dem jeweiligen Style, der gerade angesagt war. Die Körper wurden leicht verändert – meist gerade genug, um die Kritiker etwas zu besänftigen.

Als ich in den späten neunziger Jahren in verschiedenen Kaufhäusern unterwegs war, hatten Puppen mit dem berühmten "Bob Mackie Face" ihre große Zeit. Heute wird dieses Modell noch für Sammlerpuppen verwendet. Besonders anziehend fand ich den geschlossenen Mund dieser Gesichter.

Die angewinkelten Arme der "Superstar Ära" waren lange verschwunden, Barbie hatte wieder Haltung angenommen. Zwar waren die Ellbogen noch leicht gebeugt und hatten nicht mehr die eher gestreckte Form der ersten Barbies, aber sie hatten sich doch sehr von den Puppen der achtziger Jahre entfernt.

Ich habe eine besondere Vorliebe für die "achtziger Jahre" in der Barbiewelt. Aber davon später.

Im Kaufhaus

Nachdem meine kleine Sammlung den Flammen zum Opfer gefallen war (das klingt leicht dramatisch – ein Wohnungsbrand ist es auch, können Sie mir glauben), gab es erst einmal andere Probleme als Puppen. Aber das Leben normalisierte sich wieder, und so kam es, dass ich in einem Kaufhaus aufmerksam wurde. Wahrscheinlich trieb es mich unbewusst zu der großen Verkaufsgondel mit den Barbies und Steffies.

Ja, und da stand sie dann. Eine "Pretty in Plaid Barbie". Hübsch in Karo. Das stand auf der Schachtel, wurde von mir aber überhaupt nicht registriert. Was ich sah, war eine bildhübsche Barbie, mit einfacher Frisur. Glatt zurückgekämmtes Haar mit Pferdeschwanz. Keine Spur von Locken oder Wellen. Kurzes Kleid mit Karos und Blüten. Wie ich später erfuhr, gab es vier Modelle: blond, brünett, tizian und schwarz/ethno. Literatur

Hier in der Gondel war die Auswahl kleiner. Blond und brünett. Ich musste mich gar nicht entscheiden: ich griff nach der Dunkelhaarigen.

Pretty in Plaid Barbie Kestrel im Garten

Pretty in Plaid Barbie Kestrel im Garten

Das hübsche Gesicht mit den vollen, geschlossenen Lippen und den knallblauen Augen hatte es mir einfach angetan. Günstig war sie auch, sie kostete, ein Jahr vor der Einführung des Euro, unter zehn Mark. Kann sein, dass die Puppen reduziert waren – daran kann ich mich nicht mehr erinnern.

Zuhause wird sofort ausgepackt

Das Auspacken geht bei Mattel-Puppen nie ohne Fluchen ab. Man könnte auch von "Befreien" sprechen. Die Puppen sind so festgezurrt mit ummanteltem Draht und Fäden, dass jeder Liebhaber von Bonding vor Neid erblassen würde.

Kleinere Kinder schaffen das nicht ohne Hilfe. Darüber ärgere ich mich jedesmal.

Eine neue Barbie zu betrachten, in den Händen zu halten – das ist ein tolles Gefühl. Man macht, in gewisser Weise, eine spannende neue Bekanntschaft.

Die "Pretty in Plaid Puppe" bietet nicht viele Möglichkeiten zum Styling. Ihre Frisur lässt sich kaum verändern ohne größere Eingriffe (möglich ist es – darüber spreche ich ein anderes Mal).

Aber Verändern stand auf keinen Fall auf dem Plan. Sie sollte so bleiben, wie sie war. Zurückhaltend geschminkt im Vergleich zu anderen Barbies und mit eher klarem Gesicht, machte sie keinen glamourösen Eindruck. Worte wie frisch, sportlich oder nett würden zu ihr passen. Das war der Eindruck, den sie mir vermittelte.

Pretty in Plaid Barbie Kestrel winkt

Pretty in Plaid Barbie Kestrel winkt

Die Barbie trug weder Ring noch Ohrstecker. Die habe ich ihrem Style hinzugefügt. Es beeinträchtigt ihre Erscheinung nicht, aber unterstreicht sie. Eine Frisur, die Stirn und Ohren freilässt, ruft geradezu nach Ohrschmuck, dachte ich mir.

Was war passiert? Das was immer geschieht – eine Puppe aus Kunststoff und Gummi tritt aus der Massenproduktion heraus und wird zu einer Persönlichkeit. Das kriegen Kinder immer hin – und manche Erwachsene auch. Und das ist gut so. Ich könnte mir niemals vorstellen, eine Barbie in der Schachtel zu lassen und sie nur anzusehen. Dann wäre sie einfach nur eine Puppe – ein Dekorationsstück. Dafür gibt es unbewegliche Objekte aus allen möglichen Materialien.

Eine Barbie oder Fashion Royalty will ich sehen, wenn sie aus der Packung ist. Ich liebe es, diese Puppen zu fotografieren – in allen möglichen Posen. Und ich will – falls Sie das schon geargwöhnt haben – mit ihnen spielen.

Beim Auspacken wusste ich ihren Namen: Kestrel. Bei manchen Puppen weiß ich sofort, wie sie heißen, bei andern dauert es einige Tage. Es muss einfach passen. Allerdings warten manche Models lange Zeit, bis ich sie benenne. Ihr Name will mir einfach nicht einfallen.

Kestrel war also wieder eine "Erste". Ich hatte das Gefühl, dass sie nicht lange allein bleiben würde.

© "Meine Pretty in Plaid Barbie Kestrel": Textbeitrag und Abbildungen: Izabel Comati (Pressenet), 2016.
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