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Das Wichtigste vorneweg: Man kann dieses absolute Highlight der Dark Fantasy auch vor Band 1 und 2 lesen (mehr zu dieser fünfteiligen Buchreihe von Peter Lancester weiter unten).
"Dämonentränen" schlägt ein neues Kapitel der Anderwelten-Chroniken auf. Es ist die Geschichte von Mona, die versucht, in unserer Welt ein normales Leben zu führen. Dazu gehört auch die Verdrängung ihrer monströsen Vergangenheit. Doch eben diese holt sie ein, als eine namenlose Organisation sie entführt, um eine bestimmte Information aus ihr herauszupressen.
Dazu müssen zunächst Monas verschüttete Erinnerungen reaktiviert werden. Allerdings geht dies nicht ohne Nebenwirkungen vonstatten. Schon bald zahlen die Entführer einen hohen Preis.
Die rund 385-seitige Buchausgabe "Dämonentränen" ist im Eldur Verlag erschienen. Abenteuergeschichte und Dark Fantasy verschmelzen zu einem farbig-düsteren Universum, das euch nicht mehr loslassen wird.
Mona schlug die Augen auf. Eben war sie noch auf einer Bergspitze gewesen, wo sie Frank geküßt hatte. Sie beide hatten Flügel besessen und sich gegenseitig lachend im Kreis gejagt. Nun lag sie in einem dunklen Raum voller Gestelle und Geräte.
Und etwas steckte tief in ihrem Hals!
Sofort griff sie danach, es war ein Kabel oder Schlauch, versuchte es herauszuziehen – doch es ging nicht! Es fühlte sich an, als sei es im Inneren ihres Halses angewachsen. Sie wollte schreien, doch selbst das war nicht möglich.
Dann riß das Gebilde entzwei. Mona hielt nun ein Stück Schlauch in der Hand, während der in ihr verbliebene Teil aus ihrem Mundwinkel hing wie eine zu dick geratene Makkaroni. Sie merkte, daß sie durch das Loch darin atmen konnte.
In ihrem ganzen Körper steckten Schläuche; an allen möglichen und unmöglichen Stellen! Sie wußte gar nicht, welchen sie sich zuerst herausreißen sollte.
Sie versuchte es noch einmal mit dem in ihrem Hals, der war am schrecklichsten. Doch es ging nicht, tat sogar weh! Sie hatte das Gefühl, sie würde sich den Hals zerreißen und schrie aus Leibeskräften – lautlos.
Schließlich gab sie auf.
Der Schlauch in ihrer Nase glitt dagegen problemlos heraus. Mona wunderte sich lediglich, daß er kein Ende nehmen wollte. Sie zog insgesamt über einen halben Meter hervor.
Der Schlauch in ihrer rechten Hand war einfach und kurz, aber er blutete nach dem Herausziehen wie verrückt. Ähnlich verhielt es sich mit dem Schlauch am Schlüsselbein. Und er war nicht einfach festgeklebt, er war angenäht. Mona holte tief Luft und riß ihn ab. Aus dem zurückbleibenden Loch schoß eine nadeldünne, aber kräftige Blutfontäne bis zum Nachbarbett, wo eine riesige, fette weiße Gestalt lag, die ebenfalls völlig verkabelt war.
Sie bewegte sich nicht.
Überhaupt war der Raum voller verkabelter Gestalten. So etwas hatte Mona bisher noch nie gesehen, und sie hoffte, es auch nie wieder sehen zu müssen.
Sie konnte sich immer noch nicht daran erinnern, wie sie hierhergekommen war, aber ganz offensichtlich hatten die Menschen sie wieder eingefangen, um grauenvolle Dinge mit ihr anzustellen. Sie und noch acht weitere arme Seelen, die hier angezapft und gefoltert wurden.
Als letztes riß sie sich die sechs aufgeklebten Kabel von der Brust, dann sprang sie förmlich aus dem Bett.
Sie spürte ein Ziehen zwischen den Beinen, rutschte auf dem glatten Boden aus und stürzte. Zugleich fing eine der Maschinen an, ein nervtötendes Gepiepe anzustimmen. Sie geriet in Panik.
Was sie zu Fall gebracht hatte, war ein weiterer Schlauch, den sie bisher übersehen hatte. Er steckte dort, wo heraus sie sonst Pipi machte und führte in einen Beutel, der bereits einige Liter der goldgelben Flüssigkeit enthielt.
Diese Teufel! Sie mußte ihnen unter allen Umständen entkommen!
Die Nachtschwester im Vorraum hörte den EKG-Alarm, der üblicherweise bei Herzstillstand ausgelöst wurde; sie fand die Patientin von Bett Drei in einer Pfütze aus Blut und Ringer-Lösung auf dem Boden kniend und mit beiden Händen am Harnblasenkatheter zerrend.
"Heilige Scheiße! Warten Sie! Nicht! Ich helfe Ihnen!"
Doch als die Schwester die offensichtlich verwirrte Frau Offenbach erreichte, erhielt sie von dieser einen derben Stoß in die Brust und fiel hintenüber.
Mona riß den Katheterschlauch vom Beutel und versuchte, sich auf die Frau zu stürzen. Sie durfte auf keinen Fall die anderen rufen! Doch ihre Bewegungen waren langsam und unkoordiniert geworden, die Frau rappelte sich auf und lief laut rufend davon.
Mona folgte ihr nicht, stattdessen lief sie zu den Betten und versuchte, ihre Leidensgenossen wachzurütteln. Vielleicht standen sie ja auf, wenn sie auch ihnen die Schläuche herauszog?
Als die Schwester mit dem diensthabenden Arzt zurückkehrte, war Frau Offenbach nicht mehr da. Das einzige Fenster stand offen, ein blutiger Intubationsschlauch lag auf der Fensterbank.
"Sie ist da hinaus", sagte einer der Patienten, ein älterer Mann, dem beide Beine fehlten.
"Verfluchter Schiet", knurrte der Arzt und sah hinaus. Die Intensivstation lag im sechsten Stock. Unter dem Fenster in der Tiefe lag ein Parkplatz, von Mona keine Spur. "Das gibt's doch nicht!"
Er überließ es der Schwester, die Polizei zu rufen. Er selbst mußte sich vorrangig um die vier Patienten kümmern, deren Infusionen und Katheter herausgerissen worden waren. ...
Lest mehr im spannenden Dark-Fantasy-Roman "Dämonentränen". Der dritte Band der Anderwelten-Chroniken von Peter Lancester ist ein Buch der Extreme: Düster, blutig und erotisch weckt es Mitleid und Sympathien für ein Wesen, das eigentlich weder das eine noch das andere verdient. Sollte man meinen.
Hinweis: "Die Chroniken der Anderwelten" ist eine Reihe in fünf Bänden, die im Eldur Verlag erschien. Die Titel der einzelnen Bände von Peter Lancester lauten:
– Das blaue Portal (zu unserer Rezension geht es hier)
– Unterm Doppelmond
– Dämonentränen
– Die eiserne Hand
– Avalon (ist zurzeit in Vorbereitung)
© Als Taschenbuch können die Anderwelten-Chroniken, und noch viel mehr, direkt über den Eldur Verlag bezogen werden, dem wir sehr herzlich für diese Leseprobe danken; 06/2019.
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