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Wir hatten wirklich Spaß miteinander, so wie das auch sein soll bei richtigen Kumpeln. Er hatte diese Verlässlichkeit, die man schätzt, wenn man viel miteinander unternimmt. Klar hatte er auch so seine Empfindlichkeiten, die hat schließlich jeder, aber im Großen und Ganzen war er immer für mich da. Wir haben zusammen so einiges von der Welt gesehen, wir beide. Geplante Touren sowieso, und manchmal auch diese spontanen Fluchten, bei denen man einfach ins Blaue hineinfährt und dann irgendwo an einem Bachufer sitzt und sich einfach nur im Frieden mit sich selber fühlt.
Auch wenn wir als Gruppe loszogen, wir beide waren ein besonderes Gespann, verstanden uns immer auf Anhieb. Ich kümmerte mich um ihn, wenn es irgendwo einmal zwickte, spendierte ihm immer mal wieder einen und oft gab es auch ein Extra, denn wir waren ja in gewisser Weise aufeinander angewiesen. Aber nicht deshalb mochte ich ihn, sondern weil wir mit der Zeit eine richtig gute Beziehung aufgebaut hatten – eine, bei der man die leiseste Schwingung des anderen wahrnimmt und deuten kann. Meine Frau war manchmal schon ein wenig eifersüchtig, aber das gibt es ja oft, dass die Frauen dem besten Kumpel misstrauen.
Unsere Freundschaft dauerte lange Jahre, was man von einigen Liebschaften nicht behaupten kann. Aber das lag nicht an ihnen, es war einfach nicht der richtige Zeitpunkt. Ich gebe zu, dass mir sehr viel lag an unseren Unternehmungen, bei denen wir nicht unbedingt jemanden dabeihaben mussten. Und das nehmen manche Leute eben übel – solche, die keine Unterschiede akzeptieren können zum Beispiel. Wenn er hin und wieder mal krank war und nicht mitziehen konnte, fühlte ich mich auch nicht sonderlich gut. Es machte dann keinen richtigen Spaß, das Losziehen und Entdecken. Wir beide haben mehr als einmal draußen im Freien übernachtet, wenn es zu spät war, um noch irgendwo unterzukommen oder wenn es etwas klamm in der Kasse war. Aber meist hatten wir ein Zelt dabei, landeten auf irgendeinem Campingplatz und trafen dort nette Leute.
Mit ihm konnte man einfach alles unternehmen, es gab kaum etwas, das ich ohne ihn gemacht habe. Wir wohnten auch im gleichen Haus – er hatte seine Bleibe unten im Erdgeschoss und ich eine Etage höher. Wenn mitten in der Nacht das Telefon bimmelte, weil einer der Kumpels einen moralischen Tiefpunkt hatte, war es keine Frage, dass wir hinkamen, um erste Hilfe zu leisten. Er war dabei, wenn jemand Hilfe beim Umzug brauchte und setzte seine ganze Kraft ein – ein toller Typ. Und ich gab ihm auf meine Weise die Freundschaft zurück, indem ich ihn immer vorrangig behandelte – ganz gleich, was anstand. Es war eine schöne Zeit mit ihm, er teilte eigentlich die besten Jahre meines Lebens – wir waren mobil, wir verstanden uns, wir kamen bestens miteinander klar.
Als er dann anfing zu kränkeln, wollte ich das lange Zeit nicht wahrhaben. Das konnte es nicht geben, dass mein bester Kumpel nicht mehr mitziehen konnte – aber es ging ihm immer öfter nicht gut. Die Diagnosen waren am Anfang noch nicht so besorgniserregend, aber mit der Zeit merkte sogar ich, dass es immer ernster wurde. Man ist immer irgendwie egoistisch, auch und vielleicht, wenn man aufeinander angewiesen ist. Trotzdem tat ich für ihn, was immer in meiner Macht lag – aber mein Freund wurde müde.
Allzu lange Touren waren nichts mehr für ihn, und ich musste ihn immer mehr schonen. Ich dachte damals, dass ich mich nie von ihm trennen könnte, denn ich bin ein ebenso treuer Freund wie er es war. Aber dann wurden die Ausfälle immer länger, er musste öfter in der "Klinik" bleiben, um sich einer Kur zu unterziehen – aber die Wirkung hielt kaum mehr an.
Irgendwann stellte ich mich der Realität und akzeptierte die Trennung. Ich hatte fast alles an ihm gemocht, seine Bereitwilligkeit, seine Zuverlässigkeit, sein unauffälliges aber schönes silbergraues Outfit ... und ich strich wehmütig mit der Hand über den mittlerweile etwas stumpf gewordenen Lack seines Verdecks, als ich mich endgültig von ihm verabschiedete. Es war nicht nur er, von dem ich Abschied nahm ... es war einfach eine verdammt schöne Zeit, die zu Ende ging.
© Text und Foto zu "Ein guter Kumpel hat mich für immer verlassen": Winfried Brumma (Pressenet), 2011.
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