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Katzenfoto von Lothar Seifert
Reinkarnation auf Krankenschein ... das ist das, was dem Kater Hermann widerfährt, als er zu starke "carnale" Gelüste entwickelt. Und in der Astralwelt gehört das nun einmal nicht zum guten Ton. Wer solche Triebe bei sich entdeckt, seufzt ein- bis zweimal tief und besorgt sich umgehend eine Seele. Die nämlich braucht man, wenn man wieder einmal ein Leben auf unserer Ebene, der Carnalwelt, absolvieren möchte. Der Seufzer bezieht sich nicht nur auf die ganzen Umständlichkeiten – schließlich muss man am Terminal das Gedächtnis abgeben. Es wird einem bei der Rückkehr natürlich wieder ausgehändigt, schließlich will man ja später launig darüber plaudern.
Eine wirklich gute Seele ist sehr teuer, und nicht jeder kann sich eine solche leisten. Aber der schwarze Kater Hermann hat Glück: der berühmte und reiche Tiger Aster sponsert die sechs oder sieben fälligen Reinkarnationen auf der Carnalwelt, und Hermann hat somit grünes Licht. Aster leiht ihm nämlich eine wundervolle Seele, feinste Handarbeit und überhaupt von allerbester Qualität.
Dies ist der Anfang der Geschichte, die Dorothea Sara erzählt, und der Leser lernt mit Staunen sehr interessante Persönlichkeiten kennen. Da wäre der Kauz Booby, der schließlich Zürich vor dem Untergang rettet in Zusammenarbeit mit Hermann, der gerade eines seiner Leben verbraucht. Diogenes wird hin und wieder geboren, hat allerdings in jeder Karnation große Affinität zu Fässern und dergleichen, was ihn immer ein wenig außerhalb der Gesellschaft stehen lässt.
Die Autorin Dorothea Sara zeichnet ein liebevolles Bild des Erdenlebens, vor allem in der Schweiz und natürlich Zürich – macht uns aber auch mit dem Jenseits bekannt, in dem es ebenso strenge Regeln gibt wie hier. Man braucht Mittel, um richtig leben ... pardon, tot sein zu können. Wobei "tot sein" eigentlich nur bedeutet, dass man anders existiert. Es gibt dort nämlich auch Büros, Verwaltungen, Restaurants und sogar Bars. Eine reizende Thekenkatze namens Masköttchen ist sogar eine Hauptperson der Geschichte – sie hat ein rötliches Fell und ist besonders hübsch. Auch sie zieht es hinunter zur Welt – leider lässt sie sich allerdings zu einem Leben als Mensch überreden, und das geht nicht besonders gut. Jeder favorisiert nun einmal die Form, in der er erschaffen wurde – und Masköttchen ist froh, als sie wieder zurückkehren kann.
Das Buch "Katerherz und Tigerseele" ist eine ganz besondere Fantasy-Geschichte – voll von augenzwinkernden Anspielungen und hintersinnigen Dialogen. Dazu humorvoll und unwiderstehlich – und unweigerlich beginnt man, trotz des Spaßes, den man beim Lesen hat, ein wenig ernsthaft über das Thema "Wiedergeburt" nachzudenken. In der Menschheitsgeschichte begegnet man dieser Sicht der Dinge immer wieder, und auch heute noch gibt es ganze Völker, die das Wiedergeborenwerden als feststehende Tatsache sehen. Die Kirche hält sich da eher konträr, wenngleich es einige Stellen in der Bibel gibt, die man in Hinsicht auf Reinkarnation verstehen könnte.
Jeder hat da seine eigenen Gedanken – aber tatsächlich hat die Idee der Wiedergeburt einiges, das verführerisch logisch scheint. Denn so würde sich so manches scheinbar intuitive Wissen erklären, oder manche Vorliebe, die unerklärbar ist. Zudem, was denken Sie ... ist ein einziges Leben wirklich genug, um alles Wichtige für die Entwicklung der Seele zu lernen? Was wäre mit Menschen, die einen frühen Tod erleiden ... wäre ihre einzige Chance vertan?
Wie ernst die Fragen auch sein mögen – "Katerherz und Tigerseele" bietet einen respektlosen, aber äußerst liebevollen und humorvollen Blick auf das Diesseits und das Jenseits. Das bereits 1991 erschienene Buch wurde leider nicht mehr neu aufgelegt, ich möchte es dennoch empfehlen – als gebrauchtes Exemplar ist es noch im Antiquariat oder Online-Buchhandel aufzutreiben.
© "Gern gelesen: Katerherz und Tigerseele": Rezension von Winfried Brumma (Pressenet), 2012. Foto der weißen Katze: Lothar Seifert.
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