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"Autisten leben völlig selbstbezogen in ihrer eigenen Welt." So oder ähnlich erklären wir uns selber, oder lassen wir uns durch die Medien das "Phänomen" Autismus erklären.
Wir wissen sogar einiges darüber, die einen mehr und die anderen weniger. Aber meist haben wir ein Bild vor Augen, das uns ein Kind zeigt, welches scheinbar isoliert und passiv unter anderen Menschen sitzt und jeden Blickkontakt meidet. So, als wäre es auf einer Insel mitten im weiten und leeren Ozean.
Das Bild ist nicht zwingend falsch, die Einschätzung des Kindes in Hinsicht seiner Interaktion mit seiner Umgebung aber schon. Autisten sehen ihre Umwelt durchaus. Sie hören und fühlen die Welt, erfahren sie und leben ebenso in ihr wie wir. Aber sie leben mit anderen Mustern.
Von frühester Kindheit an sind Menschen mit Verhaltensmustern befasst: mit denen ihrer Eltern, die einen sehr großen Einfluss haben, und mit ihren eigenen Mustern, die sie im Lauf ihres Lebens erstellen. Im weiteren Verlauf der Entwicklung legen wir umfangreiche "Musterkataloge" an, die wir teils unbewusst wahrnehmen und die in ihrer Bedeutung variieren können.
Wie wir wissen, muss man kein Autist sein, um eine andere Beurteilung der Muster zu haben, denn es gibt Menschen, die jedes "lose Fädchen" in einem ihrer Muster als beängstigend empfinden und entsprechend reagieren.
Unsere Muster bestimmen unser Leben und auch unsere Gefühle, sie bilden eine Welt in der Welt. Oder sogar unzählige Welten, die ineinander oder nebeneinander existieren.
Die Autorin Anna Vaal, selbst diagnostizierte Asperger-Autistin, beginnt ihr Buch "Warum jeder Mensch autistisch ist" mit Zahlen. Das wirkt anfänglich vielleicht etwas sonderbar, aber es ist der richtige Weg zu einer Reise in die Welt der Muster. Denn darum geht es letztendlich. Und was der Leser erfährt, wird sein Verständnis für Wahrnehmung massiv erweitern und darüber hinaus Antworten bereitstellen.
Ein neurotypischer Mensch, also ein Nicht-Autist, weiß zum Beispiel, dass ein Autist in vielen Fällen Blickkontakt meidet – aber er weiß nicht, warum. Bekannt ist auch, dass es Menschen mit Gesichtsblindheit gibt, aber auch hier ist man auf gängige Erklärungsmuster angewiesen.
Das vorliegende Buch umfasst auf 144 Seiten fünfunddreißig Kapitel und behandelt die Themenschwerpunkte Wahrnehmung und Muster. In diesem mehr als informativen Buch erklärt die Autorin anhand zahlreicher Beispiele, wo Neurotypie endet und Autismus beginnt.
Anna Vaals wichtiges Erklärungsmodell ist in gewisser Weise eine Entdeckungsreise – für jeden von uns.
Unser Buchtipp: "Warum jeder Mensch autistisch ist" wurde im Sommer 2017 veröffentlicht und liegt als Taschenbuch und E-Book vor.
Im Frühjahr 2018 erschien der zweite Teil unter dem Titel: "Autismus als Bewegungsblindheit. Muster, Wahrnehmung, Kompensation". In diesem II. Buch geht es um den kognitiven Aspekt des Autismus und der Muster; dabei wird dem Leser ausführlich auf rund 230 Seiten die "Bewegungsblindheit" nahegebracht, die das oben genannte Erklärungsmodell abrundet.
Anna Vaals weiterführendes Buch bietet außer fachlichem Wissen einen einfühlsamen Wegweiser für Nichtbetroffene, die hier ihre eigenen Wahrnehmungsmaßstäbe in gewisser Weise neu eichen können. Bewegung, Mimik, Muster und Kompensation sind nur einige Punkte, die unsere Welt für uns erfahrbar machen. Das alles aber wird in vielfachen Variationen von Mensch zu Mensch verschieden sein. Ob er nun Autist ist, ein vom Asperger-Syndrom Betroffener oder jemand, der in seiner Wahrnehmung den gängigen Mustern folgt.
Das Begreifbare in der Interaktion zwischen Menschen und Umwelt ist nicht so selbstverständlich zu erkennen, wie wir das glauben möchten. Manches ist ganz einfach das Nutzen der vielfachen Muster, die wir installiert haben und wie das im ersten Buch der Autorin sehr eindringlich beschrieben wird. Wer sich da eingelassen hat, wird hier weitergehen und möglicherweise eine neue Art des Erfahrens kennenlernen. Wobei das richtige Hinterfragen ein wichtiger Punkt ist.
Anna Vaal ist auch Autorin des Anfang 2018 erschienenen Taschenbuches "Das Primzahlen-System: Ermittlung aller Primzahlen im Additionsverfahren". Auf 80 Seiten stellt Vaal ein Verfahren vor, welches die Bestimmung von Primzahlen und Primzahlpaaren mittels einfachster Berechnungen erlaubt.
Unsere Rezension zum beachtenswerten Debütroman von Anna Vaal finden Sie hier: "Urlaubsschatten und Seifenblasen".
© "Das Phänomen Autismus: Ein Erklärungsmodell": Rezension von Winfried Brumma (Pressenet), 2018. Der Autorin Anna Vaal danken wir herzlich für die Abbildungen und die Rezensionsexemplare.
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