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Die 21. Ausgabe des deutschen Horror-Magazins "Zwielicht" ist seit Ende 2024 erhältlich. Verschwommene Konturen im Halbdunkel lassen den Leser erschaudern. Die Realität hat einen Riss, aus dem die unterschiedlichsten Geschichten dringen. Erzählungen, die zum Nachdenken anregen, die erschrecken und beunruhigen.
Der Herausgeber Michael Schmidt schreibt in seinem Vorwort, dass Geistergeschichten aktuell im Trend liegen wie schon lange nicht mehr. Die Genres Horror und unheimliche Phantastik wären einfach nicht totzukriegen. Die deutschsprachigen Horror-Leser seien zudem anspruchsvoll. Schmidt ist sich sicher, dass auch die XXI. Ausgabe der Zwielicht-Anthologie wieder ein Erfolg wird.
Neben unheimlichen Geschichten deutschsprachiger Autoren finden sich Übersetzungen aus den Jahren 1893 bis 1950, sowie moderne Erzählungen von 2002 und 2023. Alt und neu, das sei kein Widerspruch, sagt Schmidt. Das ist die Vielfalt, die Zwielicht bietet.
Die Illustrationen im vorliegenden Band sind von Frank G. Gerigk und Adrian van Schwamen. Das Titelbild ist wie immer von Björn Ian Craig. Eine Auflistung der Geschichten findet ihr weiter unten.
Ich gebe zu – die fortlaufende Lektüre eines durchgeknallten Magazins wie "Fantastic Adventures" ist unterm Strich amüsanter als die der legendären Zeitschrift "Weird Tales".
Während man in "Fantastic Adventures" wirklich nicht weiß, was als nächstes um die Ecke biegt, intelligente Termiten, neurotische Aliens oder eine fiese lebende Wandfarbe, ist das Arsenal des Schreckens in "Weird Tales" doch ... na sagen wir mal: gediegen, aber überschaubar, vor allem in den späteren Jahrgängen. Doch es gibt bemerkenswerte Ausnahmen. Die folgende Geschichte beginnt, obwohl atmosphärisch dicht, recht konventionell, biegt dann aber in eine völlig unerwartete Richtung ab und präsentiert nicht nur eine gute Pointe, sondern gleich noch eine originelle Lösung für sämtliche paranormalen Vorgänge überhaupt ...
William F. Temple war Brite und betätigte sich gern auch auf dem amerikanischen Markt. Diese rare Erzählung ist nicht zu verwechseln mit seiner berühmtesten Novelle "Das vierseitige Dreieck", die 1953 auch verfilmt wurde. Dort geht es allerdings eher um moralische als um geometrische Probleme ...
1.
Ich hatte an diesem Tag fast dreitausend Wörter geschrieben und im Rausch meiner Selbstzufriedenheit gestand ich mir ein, dass das Leben in ländlicher Abgeschiedenheit doch etwas für sich hatte.
In Bloomsbury kannten mich und meine Adresse viel zu viele Leute. Sie "schauten einfach so vorbei", zu jeder Tages- und Nachtzeit, und nahmen keinerlei Rücksicht auf meine Arbeit. Sie gingen davon aus, dass ein Schriftsteller ohnehin nie arbeitete; seine Geschichten waren Dinge, die er einfach so in den seltsamsten Augenblicken hin und wieder mal aufs Papier brachte, ohne groß darüber nachzudenken. Etwa so, wie man Briefe schreibt.
Nach einer Reihe von Nächten mit wenig Schlaf, in denen ich versuchte, etwas von der Zeit zurückzugewinnen, die mir tagsüber gestohlen worden war, machte ich mich auf den Weg, weg von London und diesen Aufmerksamkeits-Vampiren, die sich meine Freunde nannten. Ich sorgte dafür, dass keiner von ihnen – außer Spencer – meine Adresse erfuhr, bis ich wieder bereit für sie war. Mit anderen Worten: Wenn ich meinen Roman beendet hatte.
Spencer war kein Problem und hielt dicht. Denn er hatte keinen meiner anderen Freunde je zu Gesicht bekommen. Sie mieden ihn, weil er ... tja, seltsam war. Exzentrisch. In seinem muffigen Wohn- und Schlafzimmer am Mecklenburgh Square lebte er in seiner eigenen Welt. Diese Seltsamkeit lag sofort spürbar in der Luft, sobald man sein Zimmer betrat, und sie wurde durch seine Anwesenheit noch verstärkt.
Er war ziemlich rundlich – warum, weiß ich nicht, denn ich habe ihn nie etwas essen sehen – und ich glaube, auch älter, als er aussah. Er sah aus wie Anfang sechzig. Es war recht schwierig, ein Gespräch mit ihm zu führen. Man hatte das Gefühl, dass er die ganze Zeit mit seinen Gedanken ganz woanders war und sich nur zeitweise daran erinnerte, dass man existierte.
Und das meiste, was er sagte, war kryptisch. Absichtlich kryptisch. Er hatte einen verschlagenen Verstand, der es liebte, Rätsel aufzugeben und einen zu verwirren. Oft habe ich ihn ermahnt: "Um Himmels willen, Spencer, red doch klar und vernünftig! Selbst mein Einkommensteuerbescheid ist besser zu verstehen als du."
Aber wenn man ihn dann verstanden hatte, war es die Mühe immer wert. Er barg mehr seltsames Wissen in seinem Kopf, als Ripley sich erträumt hatte, als er damit begann, Enzyklopädien herauszugeben. Und er war voller überraschender kleiner Details, die mich oft ausrufen ließen: "Was für eine Story-Idee ...!"
Auf diese Weise habe ich mit Spencer eine Menge Geld verdient. Vielleicht betrachtete ich ihn auch deshalb als meinen besten Freund.
Das eigentliche Grund, aus dem ich beschloss, auch in meinem einsamen Häuschen zwischen Stechginster und Kiefern in Surrey mit ihm in Kontakt zu bleiben, war die Tatsache, dass sich mein Roman mit mittelalterlicher Hexerei befasste und ich Schwierigkeiten bei ein oder zwei Kapiteln erwartete. Möglicherweise würde ich Spencers Wissensschatz über solche Dinge brauchen. Außerdem besaß er die beste Bibliothek mit Büchern über Okkultismus, die mir je untergekommen war. Das erste Mal war ich ihm bei einer früheren Suche nach Informationen über abgelegene Orte begegnet. ...
Unser Horror-Lesetipp: (Werbung) "Zwielicht 21" wurde als Taschenbuch sowie als Hardcover mit jeweils 273 spannend-gruseligen Seiten veröffentlicht. Zusätzlich steht die E-Book-Ausgabe in den Online-Shops zum Download bereit.
Horror-Erzählungen in "Zwielicht 21":
Charline Winter – The Train Have Eyes
Uwe Durst – Der kleine Karl
William F. Temple – Das Dreieck des Schreckens (The triangle of Terror, 1950)
Erik Hauser – Das Mädchen von nebenan
John Lentzsch – Nacht für Nacht
Michael Tillmann – Peepshow Bizarre
Maximilian Wust – Die Wasserrutsche
Karin Reddemann – Müll
Elliot Gish – Die neue Familie (The new family, 2023)
Glen Sedi – Mach die Tür zu, schließ dich ein, der Sanitäter will herein
Martin Ruf – Amberg im Schnee
Adrian van Schwamen – Hüter der Schafe
Alice Perrin – Arnolds Einbestellung (The Summoning of Arnold, 1901)
Moritz Boltz – Babel3
Joseph Henry Pearce – Eine unerwartete Reise (An Unexpected Journey, 1893)
Max P. Becker – Der Schlüsselbund
Hume Nisbet – Dämonenfluch (The Demon Spell, 1894)
Reggie Oliver – Am schrillen Meer (Beside the shrill sea, 2002)
Herman C. McNeile – Das Auge des Götzen (The Idol's Eye, 1930)
Algernon Blackwood – Das seltsame Verschwinden eines Baronets (Strange Disappearance of a Baronet, 1914)
Textbeiträge in "Zwielicht 21":
Karin Reddemann – Hexenkind
Karin Reddemann – Raimis böse Hand und was aus ihr wurde
Vincent-Preis und Rein A. Zondergeld-Preis 2023
Noch mehr Horror und Phantastik lesen: "Zwielicht 20", mit Leseprobe aus "Ein Mädchen in Gold mit Schuhen aus Glas" von Nele Sickel.
Auf der Webseite des Herausgebers Michael Schmidt findet ihr eine Fülle an Informationen zu sämtlichen Zwielicht-Buchausgaben und Beiträge zu den Genres Horror und unheimliche Phantastik.
© "Das Dreieck des Schreckens": Den Herausgebern von "Zwielicht" und den beteiligten Autoren sagen wir herzlichen Dank für diese Textauswahl, 01/2025.
Unsere Bücher gibt es auch im Autorenwelt-Shop!
Taschenbücher von Eleonore Radtberger sowie von Ilona E. Schwartz
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