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Leo Klostermann wird von seinem Boss runtergemacht und pariert dies mit augenzwinkernder Süffisanz. Schließlich hat er den Job beim "Dezernat für Grenzfälle" nur angenommen, um seinem einflussreichen Schwiegervater zu zeigen, dass er ein würdiger Ehemann für dessen Tochter Emily ist.
Der Fall, auf den er nun angesetzt wird, erweist sich als rätselhaft und faszinierend, was Leos Ehrgeiz beflügelt. Zudem scheint der geheimnisvolle Popstar Moon Destiny darin verwickelt – das Idol von Emily, die sich selbst als Musikerin versucht.
Tatsächlich scheint Moon die Schlüsselfigur in einer Mordserie zu sein, der ihre engsten Vertrauten zum Opfer fallen. Und dann stellt Leo auch noch fest, dass er mühelos zwischen alternativen Realitäten wandeln kann.
Peter Scheerers "Dezernat für Grenzfälle" liegt zum einen als Taschenbuch vor (ISBN 978-1520580654, rund 225 Seiten), zum anderen wird der Titel auch als E-Book angeboten. Die Geschichte kann in die Genres phantastischer Roman, Krimi, Science-Fiction, Fantasy oder Paranormales eingereiht werden.
Leo Klostermann spülte den letzten Bissen seines Hamburgers mit einem Schluck Cola hinunter, als Chief Rumdorff in der Tür zu seinem engen, karg eingerichteten Büro erschien und mit verkniffener Miene signalisierte, dass er ein ernstes Anliegen zur Sprache bringen wollte.
"Essen Sie weiter, Leo. Es ist mir ein Vergnügen, Ihnen bei Ihrem Festmahl zuzusehen."
Leo putzte seine Finger an einer Papierserviette ab und deutete auf den Besucherstuhl auf der anderen Seite seines Schreibtischs.
"Bin schon fertig, Boss. Legen Sie einfach los!"
Der Chief zog die Tür hinter sich ins Schloss, blieb jedoch mitten im Zimmer stehen. Sein hageres Gesicht war von Sorgenfalten zerfurcht, die sich in den Falten seines zerknitterten Anzugs fortsetzten. Reichlich unpassend dazu strahlte seine dunkelrote Fliege mit den weißen Punkten freigeistige Unbeschwertheit aus.
"Sie wissen, was ich von Ihnen halte, Leo?"
"Sagen wir mal so..." Leo platzierte die zerknüllte Serviette mit einer eleganten Drehung seines Handgelenks im Abfallkorb. "Ich habe eine Ahnung."
"In meinen Augen sind Sie ein inkompetenter Blödmann. Entspricht das in etwa Ihrer Ahnung?"
"Sie verstehen es, mir zu schmeicheln."
"Ihre Anwesenheit ist ein unwiderlegbares Indiz für den Niedergang des Dezernats", fuhr Rumdorff in emotionslosem Tonfall fort. "Gepriesen seien die Tage, als ein gewisser Moses LaRue bei uns den Takt vorgegeben hat."
"Stimmt, da gab es doch mal diesen durchgeknallten Freak. Was ist aus dem eigentlich geworden?"
"Wenn es bei uns jemals einen Freak gegeben hat, dann sind Sie das. Sie werden von mir geduldet, weil Ihr Schwiegervater über gute Beziehungen zum Innensenator verfügt. Wenn es nach mir ginge, hätten Sie niemals einen Fuß in diese Räume gesetzt."
"Das sollte mir zu denken geben."
"Ihre unbeholfenen, ironisch gemeinten Kommentare bestärken mich in meinem Urteil, was Ihre Person betrifft. Tatsächlich habe ich bereits ein Dossier über Sie angelegt, dessen Inhalt Ihre Entlassung mühelos rechtfertigen würde."
"Dann gestatten Sie mir die Frage, warum ich immer noch hier sitze."
Chief Rumdorff stützte sich mit den Händen auf den Schreibtisch und blickte Leo herausfordernd in die Augen.
"Tja, das Pendel ist nun mal anderer Meinung."
"Das, äh... Pendel?"
"Psycho-Kinesiologie", erläuterte Rumdorff. "Eine spirituelle Technik, mit deren Hilfe ich den Rat höherer Wesen einhole."
"Verstehe", murmelte Leo.
"Mir ist bewusst, dass dies Ihren Horizont übersteigt. Umso mehr wundere ich mich, dass Ihre Zugehörigkeit zum Dezernat für Grenzfälle auf der feinstofflichen Ebene durchaus erwünscht zu sein scheint."
Leo vollführte eine unbestimmte Geste, um seine Verlegenheit auszudrücken. "Damit wäre also alles im grünen Bereich, wenn ich Sie richtig verstehe?"
"In gewisser Weise, ja. Ich habe mich nämlich spontan entschlossen, Sie auf einen bestimmten Fall anzusetzen."
"Eine gute Idee, Chief. Lassen Sie mich endlich zeigen, was ich drauf habe."
Rumdorff legte den Kopf schief und rieb mit Daumen und Zeigefinger an seinem Kinn. "Erinnern Sie sich an die Causa Robinson?"
"Elmer Robinson", sagte Leo. "Der Finanzmakler, der als durchgegartes Steak in seiner Luxuswohnung aufgefunden wurde..."
"...nachdem er am Abend zuvor noch quietschfidel auf einer High-Society-Party getanzt hatte."
"Die Forensiker haben bestimmt eine plausible Erklärung gefunden."
"Haben sie nicht", knurrte Rumdorff. "Da keine Fremdeinwirkung nachgewiesen werden konnte, wurde der Fall zu den Akten gelegt. Ich hasse ungelöste Fälle, aber dieser war aussichtslos. Und jetzt stehen wir vor einem Problem."
"Es hat einen neuen, ähnlichen Fall gegeben?"
"Halten Sie den Mund und hören Sie mir zu. Elmer Robinson hatte eine Freundin, Melissa van der Graaf. Die Witwe des Architekten, der das neue Weltwirtschaftszentrum entworfen hat. Sie hat eine Menge Freunde in einflussreichen Positionen..."
"Die nun Druck machen, damit der Fall neu aufgerollt wird?"
"So ist es. Also habe ich versprochen, einen meiner fähigsten Leute darauf anzusetzen."
"Worin besteht nun mein Job?", fragte Leo. "Darf ich für diesen fähigen Mitarbeiter Tee kochen? Seine Schleppe tragen? Machen Sie's nicht so spannend, bitte."
Rumdorff winkte ab. "Hören Sie auf mit dem Quatsch. Es ist Ihr Fall, Leo. Ganz allein Ihr Fall."
"Sie stellen mich vor ein Rätsel, Boss."
"Ein Rätsel, das keines ist. Die Elite des Dezernats hat sich längst die Zähne an diesem Fall ausgebissen. Um die Zeit meiner besten Leute nicht zu vergeuden, übergebe ich den Fall Ihnen. Sie können nicht viel falsch machen, weil so oder so nichts dabei herauskommen wird."
"Und falls ich doch etwas herausfinde?"
Der Chief ließ sich mit einem resignierten Ächzen auf dem Besucherstuhl nieder.
"Darüber habe ich noch nicht nachgedacht. Aber die höheren Wesen sind nicht ohne Grund der Ansicht, dass Sie der richtige Mann für diese Aufgabe sind."
Leo rutschte tiefer in seinen Sessel und verschränkte die Arme hinter dem Kopf. "Was sagt eigentlich der Innensenator dazu? Dass der Leiter des Dezernats für kriminalistische Grenzfälle seine Entscheidungen anhand eines Pendels trifft?"
"Der Senator zieht lieber das Tarot zu Rate. Ansonsten greift er auf die Fähigkeiten von mindestens drei Hellsehern zurück." Chief Rumdorff legte ein süffisantes Grinsen auf. "Übrigens sind die Akten bereits auf dem Weg zu Ihnen nach Hause."
"Zu mir nach Hause?"
Rumdorff kostete den Moment sichtlich aus. "Nach Hause. Weil Sie diese Arbeit in Ihrer Freizeit bewältigen werden. Es soll sich ja nicht herumsprechen, dass ich ausgerechnet Ihnen diesen Job gegeben habe. Ansonsten erwarte ich Sie nach wie vor um Punkt acht an Ihrem Arbeitsplatz."
"Das ist nicht fair", protestierte Leo. "Sie können mich auf einfachere Weise loswerden."
"Hören Sie auf zu jammern. Meinen Sie etwa, ich wüsste nicht, dass Sie hier kommen und gehen, wann Sie wollen?"
Chief Rumdorff stand auf und griff nach dem Türknauf. "Übrigens werden Sie nicht völlig auf sich selbst gestellt sein. Sobald ich es als sinnvoll erachte, wird Ihnen Moses LaRue als Mentor zur Seite stehen. Dieser Freak, Sie wissen schon."
"LaRue? Aber der ist doch aus dem Spiel."
"LaRue ist niemals aus dem Spiel. Man muss ihn nur ein bisschen Blut lecken lassen."
"Warum lassen Sie die Akten dann nicht gleich zu ihm bringen?"
"Oh, er hasst Akten. Einer der Gründe, aus denen er dem Dezernat nicht mehr angehört."
Der Chief rückte seine Fliege zurecht und trat auf den Gang hinaus. Leo (...) schaute auf seine Armbanduhr – eine Breitling der mittleren Preisklasse, Emily hatte sie ihm in ihrem ersten gemeinsamen Jahr zum Geburtstag geschenkt. Ein kleines Freudenfeuer loderte in seiner Brust auf. Es galt, noch zwei, drei Stunden im Büro abzusitzen, ehe er Emily wieder in die Arme schließen konnte. Sie war sein sicherer Hafen, sie war die Sonne in seinem Leben. Und solange diese Sonne strahlte, würden Anfeindungen von Idioten wie Rumdorff wirkungslos von ihm abperlen.
Dann dachte er an die Akten, die inzwischen bei ihm zuhause angekommen sein mussten. Er richtete den Blick aufs Telefon und machte sich auf Emilys entrüsteten Anruf gefasst. ...
Peter Scheerer hat eine Reihe weiterer Romane verfasst, die ihr auf seinem Autorenprofil findet. Wir sind sicher, dass für euch der eine oder andere Buchtitel dabei ist!
© Unser Buchtipp: "Dezernat für Grenzfälle" ist eine skurrile Detektivstory von kosmischen Ausmaßen. Dem Autor Peter Scheerer danken wir herzlich für die umfangreiche Textauswahl und die Abbildung des Buchcovers, 11/2020.
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