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Martha S. saß im Café. Ihr wurde bestätigt, was sie schon lange wusste: Diese bildhübsche, rothaarige, schlanke Person namens Belinda hatte ein Verhältnis mit ihrem Mann Tom.
Sie selbst war zwar auch hübsch, aber irgendwie war sie mit ihrem Aussehen nicht zufrieden, was dann zu großen Minderwertigkeitskomplexen geführt hatte. Und dann noch dieser Name: "Martha!" Das hielt sie ihren Eltern heute noch vor.
Sie verwunderte sich, dass ein gut aussehender Mann wie Tom, und dazu noch ein paar Jahre jünger als sie, sie geheiratet hatte. Weil er sie liebte? Das hatte er ihr zwar oft genug bestätigt, und wenn sie eines normalen vernünftigen Gedankens fähig gewesen wäre, dann hätte sie das geglaubt – ganz einfach weil es die Wahrheit war. Ihrer Meinung nach hatte sich Tom so sehr verändert und dieses ständige: "Liebling, wir hatten im Büro so viel zu tun", war doch der Standardsatz der Männer, die fremdgingen. Sie glaubte es ihm schon lange nicht mehr.
Ein Mal hatte sie angerufen. Es war überraschend Besuch gekommen, und sie wollte wissen, ob er nach Hause käme. Der Kollege, der mit Tom das Büro teilte, hatte ihr gesagt, Tom wäre schon lange gegangen. Sie behielt ihr Wissen für sich. Er sollte nicht merken, dass sie ihm auf die Schliche gekommen war.
An diesem Abend kam ihr Tom nach Hause, gut gelaunt, fröhlich pfeifend, die schlechte Laune seiner Frau gar nicht bemerkend – oder sie auch bewusst übersehend. Tom bemerkte die vorwurfsvolle Leidensmiene seiner Frau sehr wohl. Er spürte, dass sie eifersüchtig und von Minderwertigkeitskomplexen zerfressen war. Er hatte ihr schon mehr als ein Mal erklärt, dass er sie aus Liebe geheiratet hatte. Martha ließ sich wenig bis gar nicht von seinen Worten überzeugen. Ein derart eifersüchtiger Mensch wie sie ist eben nicht fähig zu normalen vernünftigen Gedanken. So kam es, dass Tom seine Feierabende so lange wie möglich hinausschob.
Am nächsten Morgen erfuhr Tom von seinem Kollegen, dass Martha angerufen habe, und er habe ihr sagen müssen, dass er, Tom, schon gegangen war. Tom wurde blass und zuckte zusammen, was der Kollege sehr wohl bemerkte. Dass seine Martha ihn nicht darauf angesprochen hatte, ließ ihn Böses ahnen. Er wiederum sprach auch nicht mit ihr darüber, und so nahm das Unheil seinen Lauf. Wenn sie sich doch nur darauf angesprochen hätten. Er war ja schon einige Male früher gegangen, weil er doch eine Überraschung zu ihrem Geburtstag für sie plante. Er wollte sie endgültig davon zu überzeugen, dass er nur sie liebte, obwohl sie es ihm doch so schwer machte.
Er hatte keine Ahnung, dass Martha einen Privatdetektiv auf ihn angesetzt hatte. Dieser hatte ihr bestätigt, dass Tom schon mehrmals abends früher vom Büro gegangen und zu dieser Belinda M. gegangen war und diese Belinda übte auch noch recht erfolgreich den Beruf einer Malerin aus. Man wusste ja, was diese Künstlerinnen für Frauen waren.
"Mein Tom ist das Beste, was mir passieren konnte", hörte Martha diese Belinda, die mit einer Freundin im Café saß, schwärmen. "Er ist liebevoll, treu, zärtlich, bescheiden, genügsam. Wenn er mich mit seinen treuen Augen anblickt, schmelze ich wie Butter an der Sonne. Wenn er bei mir ist, kriegt er sich vor Freude nicht mehr ein. Nie mehr könnte ich ohne Tom leben."
"Diese Lobhudelei ist ja ekelhaft", mochte Martha denken, "und von wegen treu. Ob sie wohl weiß, dass ihr toller Tom mit mir verheiratet ist? Wartet nur, das lasse ich mir nicht gefallen. Du musst verschwinden, Belinda."
So hegte Martha bitterböse Pläne, dabei den Weg ihres eigenen Unglücks beschreitend. Das Zusammenleben der beiden wurde immer schwieriger. Tom überlegte sich ernsthaft, ob er das mit der Überraschung sein lassen und sich von Martha trennen sollte. Gut, er ging regelmäßig zu Belinda und seine Anwesenheit war auch wichtig. Es hatte auch keinen privaten Hintergrund, obwohl er sich mit der Zeit schon vorstellen konnte, mit ihr statt mit Martha zu leben. Belinda war selbstbewusst genug, um sich und ihm nicht mit einer unbegründeten Eifersucht und Minderwertigkeitskomplexen das Leben zur Hölle zu machen. Wenn er zu ihr kam, war das Leben so einfach und unkompliziert. Mit ihr konnte er herzhaft lachen, aber auch ernsthafte Gespräche führen, was mit Martha absolut nicht möglich war. Sie würde es bald geschafft haben, dass er genau das tat, was sie ihm ständig unterstellte.
Hinweis: Der Kurzkrimi "Ja, die Eifersucht" entstammt dem E-Book "Kurzgeschichten / Krimis" von Ulla Schmid.
Wenige Tage vor Marthas Geburtstag kam Tom entsetzt nach Hause; er brachte einen kleinen Hund mit: "Das ist Tom, der Hund von Belinda M. Stell dir mal vor, Belinda wurde heute ermordet in ihrer Wohnung gefunden. Sie wurde mit Pralinen vergiftet, sagte die Polizeiärztin. Die Polizei hat die Pralinen mitgenommen und lässt diese untersuchen. Bis jetzt weiß noch niemand, woher diese Pralinen stammen. Jetzt habe ich auch gleich dein Geburtstagsgeschenk mitgebracht, denn Belinda hat es kurz vor ihrem Tod vollendet. Ich denke mal, du hast nichts dagegen, dass wir den Hund zu uns nehmen."
Mit diesen Worten überreichte Tom seiner Martha, der es bei seinen Worten sehr elend geworden war, ein etwas größeres, aber schmales in braunes Packpapier eingepacktes Paket und starrte fassungslos auf das Geschenk, dass sie schon Tage vor ihrem Geburtstag bekommen hatte.
"Ich habe ein Bild von dir aus einem Fotoalbum genommen und habe dich und mich von Belinda malen lassen", hörte Martha ihren Tom ganz weit weg. "Deswegen bin ich einige Male früher vom Büro gegangen."
"Das habe ich nicht gewollt", brachte Martha noch heraus, bevor ihr schwarz vor Augen wurde und Tom begann zu ahnen, was hinter diesen Worten steckte. Als Martha zu sich gekommen war, musste sie Tom Rede und Antwort stehen und sie musste zugeben, Belinda vergiftete Pralinen geschickt zu haben.
Tom schüttelte entsetzt den Kopf: "Du mit deiner verdammten Eifersucht", konnte er nur noch brüllen, bevor er die Polizei verständigte.
© Herzlichen Dank an die Autorin Ulla Schmid für diese Textauswahl, 08/2019. Bildnachweis: Liebespaar Szene Eifersucht, CC0 (Public Domain Lizenz).
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