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Die meisten Menschen haben schon einmal von der Geschichte gehört, die sich im Jahre 1917 in England, in dem Dorf Cottingley bei Bradford, abgespielt hat. Zwei kleine Mädchen spielten dort zusammen im Freien, vorzugsweise an einem Bach. Es handelte sich um Cousinen, die damals 16-jährige Elsie Wright und die 9-jährige Frances Griffiths.
Frances war gerade zu Besuch bei ihrer großen Cousine, und die beiden verbrachten sehr viel Zeit miteinander. Bis dahin nichts Ungewöhnliches – außer vielleicht, dass die Kinder von Feen erzählten, die sie dort am Bach trafen und mit denen sie spielten. Phantasiebegabte Kinder leben meist in mehreren Welten, und niemand findet etwas Besonderes dabei. Geglaubt hatte den Mädchen wohl niemand die Geschichte, aber Mr. Wright lieh den Cousinen seine Kamera. Damit kam ein Stein ins Rollen, der eine Lawine auslösen sollte.
Erst einmal aber brachten die Mädchen Fotografien nach Hause, auf denen geflügelte kleine Wesen zu sehen waren. Schöne Miniaturfrauen, die sehr fragil und märchenhaft wirkten, und die zweifelsfrei so etwas wie Feen oder auch Elfen waren. Natürlich waren die Bilder eine kleine Sensation, die auch im Familien- und Freundeskreis diskutiert wurde, aber vorerst geschah nichts weiter. Um genau zu sein, drei Jahre lang ruhten die Aufnahmen – bis sie dem Theosophen Edward Gardner vor die Augen kamen, der sie einem Fotografen zur Prüfung vorlegte. Und dieser Fachmann, Harold Snelling, erklärte die Fotos für echt. Seiner Meinung nach waren die Fotoplatten nur einmal belichtet worden, also kam eine Doppelbelichtung nicht in Betracht. Die Feen, so sagte er, bestünden aus keinem flachen Material wie Stoff oder Papier – ein Aufmalen auf die Platte sei ebenfalls auszuschließen.
Aber das mysteriöseste war, dass die kleinen Wesen in Bewegung gewesen waren, als sie abgelichtet wurden. Snellings Aussage machte die Bilder nun schon zu einer Sensation – und sie erregten die Aufmerksamkeit von Sir Arthur Conan Doyle. Der bekennende Spiritist war beeindruckt und legte die Fotos einem Gutachter der Firma Kodak vor. Dieser glaubte absolut nicht an Feen und betrachtete die Aufnahmen deshalb schon im Vorfeld als Fälschungen, konnte es allerdings nicht nachweisen. Die Öffentlichkeit war begeistert, spaltete sich jedoch in zwei Lager – und Sir Arthur war einigem Gespött ausgesetzt. Man zweifelte sogar an seinem Verstand, trotzdem glaubte er, bis zu seinem Tod im Jahre 1930, an die Echtheit der Bilder.
Es gab noch eine weitere Aufnahme von einem Gnom, der einen Spitzhut trug, die allerdings nicht so sehr das Interesse des Publikums auf sich zog. Obwohl im Laufe der Jahre immer wieder Untersuchungen durchgeführt wurden und sich der Fälschungsverdacht immer mehr verhärtete, wichen die Cousinen nicht von ihrer Geschichte ab.
Als Elsie Wright 83 Jahre alt geworden war, erzählte sie die ganze Geschichte der Cottingley Fairies: die Kinder hatten die Figuren aus einem Märchenbuch auf Karton übertragen und ausgeschnitten. Die Püppchen wurden dann mit Hutnadeln fixiert und abgelichtet. Frances behauptete jedoch immer noch, dass der Gnom tatsächlich echt gewesen sei und dass es dort unten am Bach wirklich Feen gegeben habe. Betrachtet man die Fotos heute, ist es einigermaßen offensichtlich, dass es sich keineswegs um Feen handelt. Zum einen wirken die kleinen Gestalten viel zu sehr wie aus einem Märchenbuch genommen – was sie ja auch tatsächlich waren – zum anderen sehen sie flächig aus. Es sieht gestellt aus, was den Fotografien jener Tage vielleicht zu eigen war und deshalb nicht so sehr auffiel, wie es das heute tun würde.
Wieso die Herausgeber des Buches die Bilder nicht erkannten, ist eine weitere Frage – aber die naive Fälschung war auf ihre Weise genial. Jeder suchte nach raffinierteren Methoden als Ausschneidepuppen, die einfach abgelichtet wurden, obwohl die Mädchen mit Sicherheit keine Möglichkeit für so etwas hatten. Man dachte wahrscheinlich zu kompliziert, und es ist anzunehmen, dass man glauben wollte, was man sah. Die eigentliche Fälschung betraf nicht die Fotoplatte, sie wurde schon im Motiv gemacht. Und scheinbar dachte niemand daran. Es ist anzunehmen, dass die beiden Cousinen sich einen Spaß machen wollten, sonst nichts. Aber eines steht fest: Feen und Elfen machen das Leben interessant, denn so war es letztendlich für die Beteiligten.
© "Sir Arthur Conan Doyle und die Geschichte der Feen von Cottingley": Textbeitrag von Winfried Brumma (Pressenet), 2011. Die Abbildung zeigt die Darstellung einer Fee (Gemälde "Take the Fair Face of Woman ..." der britischen Malerin Sophie Gengembre Anderson, 1823–1903), Quelle: Wikipedia, Lizenz: gemeinfrei.
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