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Kiefernschwärmer. Foto: Lothar Seifert
So etwas kennen wir: heftiges Stühlerücken, spitze Schreie, Durcheinandergerenne, der Ruf nach einer Zeitung oder der gebrüllte Befehl: "Mach doch einer das Fenster auf, Herrgottnochmal!" Es handelt sich durchaus nicht um eine größere Katastrophe, wie zum Beispiel eine defekte Gasleitung oder einen Zimmerbrand. Meist geht es nur um den beiläufigen Besuch eines Nachtfalters. So werden die Schmetterlinge genannt, die meist in der Dämmerung ihre Flüge absolvieren ... im Volksmund nennt man sie einfach "Motten". Licht zieht sie an, und sobald es wärmer wird, entern sie die Häuser der Menschen.
Sie machen ziemlichen Lärm dabei, denn wenn wir so einen Falter bemerken, gehört er meist zur größeren Sorte und schwirrt wie ein kleiner Hubschrauber um unsere künstlichen Lichtquellen. Dieselben Menschen, die draußen im Garten Entzückensschreie ausstoßen, wenn sie einen hübschen (selten gewordenen) Tagfalter sehen, werden vor Ekel kopflos, wenn ein nocturner Vertreter dieser Art in ihre Nähe kommt. Das vorherrschende Gefühl ist die Angst, unverhofft von den Tierchen berührt zu werden – also Ekel. Es gibt Menschen, die auf Nachtfalter ebenso hysterisch reagieren, wie es manche zum Beispiel bei Spinnen tun. Dabei lohnt es sich tatsächlich, die abendlichen Besucher einmal näher zu betrachten.
Sie prunken natürlich nicht mit wundervollen Farben, so wie es ihre tagaktiven Vettern tun – sie kommen eher unauffällig daher, die Nachtfalter. Das allerdings nur auf den ersten Blick – sie setzen mehr auf unaufdringliche Eleganz, dafür auf kostbarste Materialien. Da gibt es welche, die das allerfeinste Perlmutt auf den Flügeln tragen, oder einen Hauch von wunderschönem Kupfer. Sattes Gold ist keine Seltenheit, und Silberglanz in vielen Variationen gibt es auch. Die meist sehr großen Falter tragen oft auch ein kleines Pelzchen, sie haben direkt etwas Bäriges.
Dann gibt es noch diese besonderen weißen Flieger, die tatsächlich in Hermelin gekleidet daherkommen. Sie haben einen weißen Pelzkragen mit dunklen Tupfen und geben sich die Ehre als kleine Majestäten. Vielleicht deuten die kleinen "Royals" das Gekreische und Gehüpfe, das wir unweigerlich bei ihrem Auftauchen veranstalten, als die ihnen zustehende Huldigung. Wieder andere führen vielleicht ein Geheimnis mit sich: ihre Flügel tragen auf zartglänzendem Untergrund fein getuschte Schriftzeichen, die entfernt an die asiatischen erinnern.
Es ist absolut nichts Widerliches an diesen Schönheiten, sie beißen oder stechen nicht, riechen nach nichts und sind absolut nicht aggressiv. Durch sie übertragene Krankheiten sind ebenfalls nicht bekannt. Dass sie unsere Wohnungen besuchen und um die Lampen kreisen, dafür können sie nichts – sie folgen ihren Instinkten, die absolut nichts mit uns zu tun haben.
Wenn uns einer dieser nachtaktiven Großschmetterlinge streift, dann ist die Berührung vielleicht überraschend oder ungewohnt ... aber so leicht und flüchtig, dass man sich fragt, wieso man sie so unbedingt vermeiden muss, dass die ganze Familie durcheinandergewirbelt wird und nicht selten irgendetwas zu Bruch geht. Es wäre vermutlich einfacher, sie einzufangen und hinauszutragen.
Vielleicht bewahren Sie beim nächsten Besuch einer kleinen Schönheit einmal die Ruhe und bewundern die Vielfalt der verschiedenen Designs. Es gibt überhaupt viel versteckte Schönheit in der warmen Jahreszeit: Haben Sie schon einmal die wunderschönen goldenen Augen dieser kleinen, grünen Florfliegen bemerkt?
© Textbeitrag "Nachtflieger auf Besuch": Winfried Brumma (Pressenet), 2012. Foto des Kiefernschwärmers: Lothar Seifert. Die Abbildung der Nachtfalter (unten) wurden bei Wikipedia entnommen, Lizenz: gemeinfrei.
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