Ein Mann kommt nach Hause, beugt sich zu seiner hübschen Freundin, die auf der Couch sitzt und fernsieht, hinunter. Er streicht über ihr Haar und plaudert mit ihr. Eine Antwort bekommt er nicht – aber er erwartet das auch nicht, denn die Schönheit mit dem hübschen Gesicht und der tollen Figur ist eine Real Doll, eine Sex-Puppe. Diese Puppen haben allerdings nichts mit den aufblasbaren Modellen der frühen Jahre zu tun – sie sind aus hochwertigem Material, voll beweglich und lebensgroß, was sich auch beim "Lebendgewicht" bemerkbar macht.
Das aufwendige Herstellungsverfahren bringt unglaublich lebensechte Puppen hervor. Zähne, Lippen, Zunge, ungemein lebendig wirkende Augen und das Haar ergeben die perfekte Illusion. Jeder Besucher würde eine solche Puppe, die in der Wohnung sitzt, erst einmal freundlich grüßen, bevor er – wenn überhaupt sofort – seinen Irrtum bemerkt. Der Kunde kann das Aussehen seiner Real Doll bestimmen: Figur, Cup-Größe, Augen- und Haarfarbe, und vieles mehr. Auch gibt es männliche Real Dolls – attraktive Puppen mit idealen Maßen zum Aussuchen, in genau derselben hochwertigen Verarbeitung und ebenso teuer.
Die "Haut" dieser Puppen fühlt sich "lebendig" an, aber sie sind nicht anatomisch korrekt, denn sie haben weder ein Gehirn noch richtige Knochen; auch können sie keine Speisen und Getränke zu sich nehmen. Diese lebensgroßen und kostspieligen Barbies werden auch nicht wirklich als Sexspielzeug beworben, sie sind Gespielinnen – und nicht nur für die Erotik. Tatsächlich sind einige Menschen Beziehungen eingegangen und leben mit einer – oder in einigen Fällen mit mehreren – dieser Puppen zusammen.
Der hörgeschädigte ältere Mann, der sich für eine Real Love Doll entschied, weil er es nicht so einfach hat, einen Partner zu finden. Die für ihn zu schwere Puppe fährt er mittels einem von ihm konstruierten, mit Rollen versehenen Gerüst durch die Wohnung, bringt sie auch auf diese Weise ins Bad, um sie zu reinigen. Er kauft ihr Kleider, Schmuck, kämmt sie und hat sie liebevoll im Arm beim Fernsehabend. "Dessous mag sie nicht besonders", sagt er, und als der Interviewer fragt, woher er das denn so genau weiß, antwortet der Mann: "Das sieht man ja am Blick, an den Augen." Man könnte annehmen, dass für diesen Mann Realität und Traum längst verschmolzen sind – aber er erklärt, worum es geht: da die Puppe nicht über charakterliche Eigenschaften verfügt, so wie das bei "richtigen Frauen" der Fall ist, kann sie nur mit ihrer hinreißenden Optik punkten.
Dem Mann ist dies durchaus bewusst, er hat sich dafür entschieden. Zwar hat er eine wunderschöne Partnerin, aber er muss dafür ihren Teil an der Partnerschaft eben auch mitleben. Alleine kann sie nichts tun und ebenso wenig hat sie eine Persönlichkeit – die bekommt sie von ihm. Kinder erleben dies mit ihren Puppen und Plüschtieren in ähnlicher Weise – sie projizieren in sie hinein, und sie wissen das auch, sie halten die Spielzeuge nicht wirklich für lebendig – außer, wenn sie selber noch sehr klein sind.
Da gibt es auch smarte und attraktive junge Männer, die sich einen ganzen Harem halten ... es ist vielleicht in vielen Dingen einfacher für sie. Ein Filmspot zeigte einen Amerikaner, der in einem Wohnzimmer sitzt – umgeben von gut zwanzig Real Dolls, meist asiatischen Modellen. Er findet es keineswegs gruselig, nach Hause zu kommen und diese schweigsame Versammlung von Puppen zu begrüßen. Die Liebe zu den Riesenbarbies treibt mitunter seltsame Blüten: eine Amerikanerin hat eine Puppe bauen lassen, die ihr eigenes Gesicht trägt – und sie führte ihre exakte Silikonkopie zum Traualtar. Zelebrierte Selbstverliebtheit oder ein satirisches Event?
Übrigens kommen die Idealpartner nicht ohne Wartung aus – manche Besitzer entscheiden sich von Zeit zu Zeit für einen Wechsel der Haar- oder Augenfarbe. Außerdem muss das Make-up gelegentlich aufgefrischt oder ein Teil ausgetauscht werden. Im Allgemeinen übernimmt das der Hersteller.
Vielleicht ist das Leben mit Real Dolls eine zukünftige Beziehungsvariante – die Partnerschaften sind wahrscheinlich sehr friedlich, aber auch arbeitsintensiv. Eine solche Traumfrau wird alles tun, was ihr Besitzer möchte ... sie trägt die atemberaubendsten Dessous, erwartet ihn in den laszivsten Posen. Allerdings muss er ihr die hübschen Teile selber anziehen, und sie erwartet ihn nur in verführerischer Lage im Schlafzimmer, wenn er sie morgens noch schnell zurechtmacht, bevor er zur Arbeit geht. Geheimnisse gibt es ebenso wenig wie Überraschungen, es ist eine Art Spiegelspiel. Aber gute Zuhörer sind sie allemal, diese Gespielen nach Wunsch.
© Journalistischer Beitrag und Fotomaterial (mehrere Barbie-Puppen) zu "Real Dolls und ihre Beziehungstauglichkeit": Winfried Brumma (Pressenet), 2012.
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