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Das Erstlingswerk "Blassrosa oder die geheime Taktik des Monsieur F" von Autorin Tharina Wagner, das im Sommer 2015 erschien, handelt vom "Fuchs", der nach seinem Gefängnisaufenthalt ein neues Leben beginnen will.
Ein gewonnenes Pokerspiel macht den Fuchs zum Hausbesitzer, und mit der Vermietung seiner Wohnungen will er ehrliches Geld verdienen – wäre da nicht sein Misstrauen gegenüber den Mietern. So beobachtet er alle Bewohner und führt Tagebuch ... aber auch die Mieter beobachten den Fuchs.
Missverständnisse und Vorurteile sind an der Tagesordnung ...
Tharina Wagners humoristischer Gesellschaftsroman, geeignet für Jugendliche und Erwachsene, kann als Taschenbuch oder E-Book erworben werden.
Mittwoch, sonnig:
Am darauffolgenden Tag begann die Familie Fondant mit dem déménagement [franz. Umzug]. Sie packten Kartons und die kleineren Möbelstücke in das alte Auto, um sie später vor dem blassrosa Haus zu entleeren. Antoine, der Neffe, hatte sich Zeit genommen, um ihnen zu helfen. Die meiste Zeit hatte er auch Zeit, ohne sich diese zu nehmen. Er entfernte die Schrauben des großen Schrankes. Die beiden Männer schleppten die einzelnen Platten nach unten und luden sie in den Wagen.
"Nein, also chéri [franz. Schatz], nein, also ...", begann Madame Fondant. Die Treppen hinabsteigend, hob sie ihre Knie unnötig hoch. Vielleicht, weil es ihr schwerfiel, auf Absätzen zu gehen. Antoine sowie sein Onkel wussten beide, dass kein allzu kluger Satz aus ihrem Mund kommen würde. Natürlich sprach das weder der eine noch der andere aus.
"Also nein, chéri! Wenn du das trägst, bekommst du Rückenschmerzen und dann jammerst du wieder den ganzen Tag und dann ... Weißt du nicht mehr letztes Mal, die Arztrechnung ..." Ihre Stimme erinnerte an die einer Gans. Ihr Mann half seinem Neffen trotzdem und beschloss im Stillen zu leiden, so wie er es immer getan hatte. Souffrire en silence. Sie klappten den Vordersitz nach unten, um genügend Platz zu haben.
"Schau, wie sie uns beobachten, wie hungrige Geier", meinte Madame Fondant. Mit dem Kopf deutete sie auf eines der Fenster der Siedlung, hinter dem ein hochgehobener Vorhang zwei starrende Augen zeigte. "Neidisch sind sie, sie alle. Weil wir nicht auf die billigere Wohnung der mairie [franz. Gemeinde] warten müssen. Die alte Dechelle und die Moulin. Eine Diät würde ihnen auch nicht schaden. Fahr vorsichtig, Gérard, fahr vorsichtig." Sie zog ihre Bluse nach unten, doch ihre massige Oberweite hielt diese auf. Schwerfällig stieg sie die Stufen zurück nach oben. Die freigelegte Hüftspeckfalte schaukelte dabei wie wild auf und ab. Kurze Zeit später allein, nutzte sie die Gelegenheit, um ihre Schwester Caroline anzurufen.
"Ja, also Antoine, also dein Junge, er ist schon ein ganz fleißiger. Du weißt gar nicht wie dankbar ich dir bin und dass er uns hilft, ein guter Junge ..." Sie sprach weiter, in der Hoffnung ein wenig aus dem Privatleben ihres Neffen zu erfahren. Das Problem an der Sache war, dass ihre Schwester selbst nicht viel über ihren Sohn wusste. Antoine hatte zu studieren begonnen, schien aber nicht allzu sehr darin aufzugehen. Es ging dabei um Medien, ein Thema, von dem nur die Jugend Ahnung zu haben schien. Sie erzählte außerdem, dass Antoine so vertieft in dieses Studium sei, dass er keine Zeit für eine feste Freundin hätte. Außerdem sei er so fasziniert von seiner Sportart, dass er weder mit Alkohol noch anderen Drogen in Berührung käme.
Madame Fondant beendete das Gespräch so schnell wie möglich. Ein Telefon, dachte sie. Sie brauchte ganz dringend, vor allem anderen, ein Telefon im neuen Haus. Dann setzte sie sich ans Fenster und beobachtete, was sich auf dem Parkplatz vor der Siedlung abspielte. Ihr fiel ein, dass sie nicht wusste, welche Sportart ihr Neffe ausübte. Allzu sportlich hatte er beim Schranktragen ja nicht gewirkt. Die Siedlung würde ihr fehlen.
Unterdessen hatten sich Antoine und sein Onkel jeweils eine Kippe angezündet und marschierten im neuen Garten auf und ab. Keiner sprach, denn beide waren zu beschäftigt mit ihren Gedanken. Antoine überlegte, wie das Mädchen hieß, mit dem er eine Woche zuvor ausgegangen war. Er erinnerte sich daran, dass sie reichlich getrunken hatten. Und irgendwann war er neben ihr aufgewacht. Sein Kopf begann aufs Neue zu brummen, als er an diesen Morgen, der ein Nachmittag war, dachte. Sein Onkel überlegte, zu welcher Jahreszeit man am besten Rüben anpflanzen könnte und ob die Kreuzung der weißen mit den roten rosa Rüben ergeben würde. Vielleicht würden die seiner Frau gefallen.
Diese klopfte im selben Moment an die Zimmertür ihrer Tochter. "Kleines? Wie heißt noch mal der Sport, den Antoine immer macht?" Ihre Tochter runzelte die Stirn und zuckte mit den Schultern. "Bumsen", nuschelte sie, als die Schritte ihrer Mutter sich entfernten.
© Leseprobe aus "Blassrosa oder die geheime Taktik des Monsieur F". Text und Abbildung des Buchcovers: Autorin Tharina Wagner. Das Buch ist erschienen beim Verlag 3.0 Zsolt Majsai.
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