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(November 2010) Der siebte Harry-Potter-Film teilt die Kritiker in zwei Lager – er scheint vielen zu düster und melancholisch. Es ist nun einmal viel geschehen, seit ein kleiner Junge, der unter der Treppe in einem Einfamilienhaus wohnen musste, seiner Bestimmung folgte und nach Hogwarts ging, um Zauberer zu werden.
Der erste Film "Harry Potter und der Stein der Weisen" aus dem Jahre 2001 handelte noch von dem kleinen Jungen mit der zackigen Narbe auf der Stirn. Es war ein wundervolles Märchen, bunt und voller herrlicher Ideen – kaum jemand konnte sich diesem Zauber entziehen. Harry Potter und seine Freunde waren ebenso unwiderstehlich wie Tolkiens "Herr der Ringe"-Trilogie. Die Autorin Joanne K. Rowling hatte eine Alternativwelt geschaffen, die lebendig und äußerst unterhaltsam war.
Nun wuchs der kleine Harry mit jedem Band – und natürlich auch mit jedem Film – unaufhaltsam heran, und mit ihm steigerten sich die Gefahren, die ihm begegneten. Schon der vorige Film – der 2009 erschienene "Harry Potter und der Halbblutprinz" – war weit entfernt von der bunten und lustigen Hogwartswelt – er zeigte neben den Schrecken auch eher graue Stimmungen.
Der wohl voraussichtlich letzte zweiteilige Film ist keinesfalls mehr als Kinderfilm zu sehen, wenn er auch seine lustigen Momente hat. Im Großen und Ganzen erinnert das düstere Szenario an Filme wie "1984" oder auch "Brazil" aus dem Jahre 1985. Bei diesen Filmen geht es um eine gewaltige, allmächtige bürokratische Maschinerie, die Menschen zu gleichgeschalteten Ameisen degradiert. Große, freudlose Hallen und bläuliches Licht verbreiten eine angsterfüllte und beklemmende Atmosphäre. Menschen mit zu Masken erstarrten Gesichtern, von denen die allgegenwärtige Angst abzulesen ist, wuseln geschäftig umher, immer in Sorge, dass sie als nächster zu einem Verhör oder einer Überprüfung gerufen werden.
Genau dieses Mittel nutzt der Regisseur David Yates, um die gewaltige Veränderung im Land der Zauberer anzuzeigen. Das Ministerium für Zauberei, das einst zum Schutz vor dem Bösen gedient hatte, ist nun längst in der Hand Lord Voldemorts, der seine alte Stärke wiedergewonnen hat und dessen Anhänger sich nun nicht mehr verstecken müssen. Sie haben sich um ihren Meister versammelt und fühlen sich alles andere als wohl dabei, selbst aalglatte Widerlinge wie die Familie Malfoy sieht nicht gerade glücklich aus – sie hatten sich die Rückkehr Voldemorts wohl anders vorgestellt. Dessen gnadenlose Herrschaft lässt keinen Raum für etwas anderes als Grausamkeit und Despotie. Der wiedergekehrte Herr der "Todesser" ist unberechenbar und grausam.
Wer immer sich der dunklen Seite verschreibt, wird betrogen werden – dieses Thema kennen wir aus vielen anderen Geschichten um Gut und Böse. Wer den Verlockungen erliegt und den Versprechungen glaubt, wird letztendlich verlieren. Harry Potter ist nun kein Kind mehr und wird von seinem Feind gejagt. Der einstige Mentor Dumbledore ist tot, und so beginnt eine lang andauernde Flucht, bei der ihn seine beiden Freunde begleiten. Melancholische Bilder inmitten von winterlichen Wäldern, in Schnee und Eis und seltsam düsteren Orten wirken wie eine endlose Vorbereitung auf den Untergang.
Vielleicht gerade deshalb gibt es wundervoll eindrucksstarke und leise Szenen zwischen Kämpfen und magischen Schlägen – so zum Beispiel, wenn Harry seine Freundin Hermine aufheitern will und einen Tanz mit ihr improvisiert – mitten in der Einöde in einem Zelt. Man kann eigentlich kaum sagen, dies sei der beste oder schlechteste Harry-Potter-Film, weil man ihn nicht an den Vorgängern messen kann. Die Harry-Potter-Filme haben eine eigene Dynamik – sie spielen sozusagen in Echtzeit.
Der zauberstabschwingende kleine Junge in der Schuluniform, der Schokofrösche mit seinen Freunden teilt und Streiche ausheckt, ist zu einem jungen Mann geworden, und seine Welt zu einer Art Hölle. Wer sagt, der Film gerät zu einem "Licht gegen Dunkelheit"-Epos, hat wohl recht damit. Und das ist ein Kompliment.
© "Harry Potter: Die Veränderung im Land der Zauberer": Textbeitrag von Winfried Brumma (Pressenet), 2010.
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